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Festveranstaltung in der Burg: Im Refektorium fanden vor 250 Jahren Gottesdienste statt
Foto: U.H.Festveranstaltung in der Burg: Im Refektorium fanden vor 250 Jahren Gottesdienste statt

Evangelische Kirche

Des einen Freud, des anderen Leid

Vor 250. Jahrestag fand in Allenstein der erste protestantische Gottesdienst statt – Festakt in der Burg

Uwe Hahnkamp
16.07.2023

Ende Mai feierte die evangelisch-augsburgische Gemeinde in Allenstein das 250. Jubiläum des ersten evangelischen Gottesdienstes in der Stadt. Ein Schwerpunkt lag dabei auf dem 26. Mai, denn genau an diesem Tag versammelten sich im Jahr 1773 die ersten Gläubigen zu diesem Gottesdienst – in der Burg in Allenstein.

Es waren damals etwa 200 Personen, die im Refektorium der Allensteiner Burg, dem heutigen großen Vortragssaal des Museums von Ermland und Masuren, das in der Burg seinen Sitz hat, zusammenkamen. Den Gottesdienst zelebrierte Pfarrer Zach aus Hohenstein. In der Burg fand das Ereignis deshalb statt, weil die Protestanten damals noch keine Kirche hatten.

Des einen Leid ist des anderen Freud. Es gab noch keine evangelische Kirche, da Allenstein nach der Säkularisierung des Deutschordensstaates 1525 im katholisch gebliebenen Fürstbistum Ermland lag, dessen Bischöfe keine protestantischen Ansiedlungen zuließen. Durch die Erste Teilung Polens im Jahr 1772, die das Verschwinden Polens von der Landkarte Europas einleitete, fiel das katholische Bistum Ermland und damit auch Allenstein ans protestantische Preußen. Ein Jahr später wurde dann der erste evangelische Gottesdienst in Allenstein gefeiert.

Den Beginn einer richtigen evangelischen Gemeinde verlegt Pfarrer Łukasz Stachelek jedoch eher ins Jahr 1793, also zwanzig Jahre später. „Bis dahin fanden zwar regelmäßige Gottesdienste und Unterricht in der Burg statt, die Versammlung der Gläubigen hatte aber keinen eigenen Pfarrer“, erklärte der jetzige Propst der evangelisch-augsburgischen Christus-Erlöser-Kirche bei der Burg in seiner Einleitung zum Festvortrag, „erst als Reinhold Hein am 6. Juni 1793 ordiniert wurde, wurde die Gemeinde formell von der Kirchenleitung in Königsberg anerkannt“.

Der Schritt ins Stadtzentrum
Dieser erste Pfarrer ist auch für seine Entdeckungen auf der Allensteiner Burg bekannt. Während die Veranstaltungen der Gemeinde im Refektorium stattfanden, bewohnte Reinhold Hein die Räume daneben – wie früher einmal Nikolaus Kopernikus. Pfarrer Hein fand unter anderem Schriften und Geräte von Kopernikus und veröffentlichte Berichte zu diesen Funden.

Die knapp 105 Jahre, die sich das Leben der evangelischen Gemeinde auf der Allensteiner Burg abspielte, nahm am 26. Mai im bereits erwähnten großen Saal der Burg der Professor Andrzej Rzempołuch in einem reich bebilderten Festvortrag unter die Lupe. Doch die Räume wurden zu eng, die evangelische Gemeinde bemühte sich – lange Zeit vergeblich – um den Bau einer eigenen Kirche. 1825 kaufte sie das Haus am Allensteiner Marktplatz, das bis heute das Pfarrhaus der Gemeinde beherbergt, acht Jahre später die Parzelle zwischen Marktplatz und Burg als Baugrund für eine Kirche.

Schritte in die Zukunft?
Erbaut wurde die heutige evangelisch-augsburgische Kirche aber erst 50 Jahre später, von 1876 bis 1877. Durch den Anschluss Allensteins an die Eisenbahn und die aus anderen Teilen Preußens, später des Deutschen Reiches, zuwandernden Verwaltungsbeamten und Soldaten wuchs die Zahl der Protestanten in der Stadt deutlich an. 1899 lag das Fassungsvermögen der Kirche bei 600 Personen, was aber damals bereits zu gering war. Die evangelische Gemeinde hatte später vor dem Zweiten Weltkrieg etwa 14.000 Mitglieder in 121 Ortschaften und noch zwei weitere Gotteshäuser in Allenstein: die Garnisonskirche und die Kapelle auf dem evangelischen Friedhof. Zum Vergleich: Heute sind es in der gesamten Diözese Masuren nur noch etwa 5000 Gläubige.

In der Christus-Erlöser-Kirche fand am 27. Mai der Jubiläumsgottesdienst statt, am Abend folgte dort ein Konzert. Und ebenfalls dort klangen die Feierlichkeiten am 28. Mai mit dem regulären Gottesdienst aus. Gerade das Konzert zeigte eine der Chancen auf, welche die evangelische Gemeinde bei der geringen Zahl an Mitgliedern für die Zukunft hat. Dank der Kooperation mit dem Städtischen Kulturzentrum gibt es in der Kirche regelmäßig Veranstaltungen, mit der Stadt Allenstein arbeitete die Gemeinde beim Projekt „Park der Erinnerung Stadtmitte“ zusammen, in Stabigotten gibt es im Kulturhaus, der früheren evangelischen Kapelle, alle paar Monate einen Gottesdienst – in solchen Netzwerken kann sie noch viele weitere Jahre für ihre Mitglieder und die Stadt Allenstein wirken.


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