11.12.2024

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Globaler Handel

Deutschland und EU auf der Verliererstraße

Brüssel und Berlin setzen bei Investitionen auf Schuldenfinanzierung, hingegen raten Expertenverbände zu Reformen, Bürokratieabbau und Freihandel

Hermann Müller
06.11.2024

Parallel zu der in Deutschland geführten hitzigen Debatte über die Ausrichtung der Wirtschaftspolitik haben nun auch auf Ebene der EU führende europäische Wirtschaftsverbände ein starkes Zeichen gesetzt. Der Verband Europe Unlocked, ein Zusammenschluss von 19 Wirtschaftsverbänden, darunter die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), fordern in der EU tiefgreifende Reformen statt immer mehr staatliche Eingriffe und immer höhere Subventionszahlungen für die Wirtschaft.

Zusammen mit dem European Round Table for Industry (ERT) hat der Verband Europe Unlocked am 28. Oktober ein Positionspapier vorgelegt, das sich wie eine Warnung vor der derzeit verfolgten Wirtschaftspolitik der EU-Kommission liest. In ihrem Papier fordern beide Organisationen die EU-Staats- und Regierungschefs auf, den Fokus auf offenen Handel und marktorientierte Investitionen zu legen. Zudem fordern beide Organisationen in der EU Reformen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit. Sollten die Reformen ausbleiben, befürchten die Wirtschaftsverbände das Ausbrechen eines kostspieligen Subventionswettlaufs mit China und den USA.

Der Anlass, auch die USA namentlich zu nennen, dürfte vor allem der „Inflation Reduction Act“ sein, den US-Präsident Joe Biden im Sommer 2022 unterzeichnet hatte. Vordergründig soll das Gesetz der Inflation in den USA entgegenwirken. Verbunden ist dies allerdings auch mit rund 369 Milliarden US-Dollar an Staatsgeldern für Investitionen der Wirtschaft und Subventionen für den Kauf von E-Autos sowie einer knallharten Bevorzugung einer einheimischen Produktion. Die Staatsgelder fließen nämlich nur, wenn die Firmen in den USA herstellen und die Elektroautos mit Komponenten aus Nordamerika hergestellt werden.

Esken und Draghi einig
Hierzulande forderte die SPD-Co-Vorsitzende Saskia Esken unlängst ebenfalls, der Staat solle 400 bis 600 Milliarden Euro zusätzlich in die Hand nehmen, um die Wirtschaft anzukurbeln und zukunftssicher zu machen. Esken sagte gegenüber der Funke-Mediengruppe, es sei jetzt nicht die Zeit zu sparen, jetzt müsse investiert werden, damit man auch in Zukunft stolz auf „Made in Germany“ sein könne. Der Ex-EZB-Chef Mario Draghi hatte im September sogar mit Blick auf die gesamte EU „zusätzlich jährliche Mindestinvestitionen von 750 bis 800 Milliarden Euro“ gefordert. Wie Esken sprach sich auch Draghi dafür aus, zusätzliche Schulden zu machen, um die von ihnen geforderten gewaltigen Finanzspritzen zur Ankurbelung der Wirtschaft finanzieren zu können. In seinem Bericht an Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte sich Draghi auch für Einfuhrzölle zum Schutz der europäischen Industrie ausgesprochen. Hierzulande erregten die Vorschläge des italienischen Technokraten vor allem dadurch Aufmerksamkeit, dass damit erneut eine gemeinschaftliche Schuldenaufnahme samt deutscher Mithaftung ins Gespräch gebracht wurde.

Kieran O'Keeffe, Geschäftsführer von Europe Unlocked, warnt allerdings: „Wir sehen in der aktuellen politischen Debatte die Gefahr, dass sich die Politik um Autarkie und staatliche Interventionen dreht, eine Sackgasse für die europäische Wirtschaft.“ Die EU solle besser auf Reformen, den Abbau von Bürokratie und den Abschluss weiterer Freihandelsabkommen setzen: „Wenn Europa diesen Beziehungen keine Priorität einräumt, werden es andere tun“, so das Positionspapier der Wirtschaftsverbände. Diese sehen die EU ohnehin nicht in der Lage, einen Subventionswettlauf mit den USA und China zu gewinnen. Der EU fehle es an finanzieller Schlagkraft „um ihre globalen Konkurrenten auszustechen“.

Wegbrechen der Absatzmärkte
Ebenfalls Ende Oktober hat sich der US-Finanzanalyst Michael Hudson in einem Gastbeitrag für die „Berliner Zeitung“ mit den wirtschaftlichen Aussichten Deutschlands beschäftigt. Er warnt in seinem „Deutschland verliert“ überschriebenen Artikel vor der Isolierung der Exportnation Deutschland von seinen „zwei natürlichsten Handelspartnern“, nämlich China und Russland. Schon jetzt sind die Energie- und Rohstoffexporte Russlands nach Europa unterbrochen. Der Absatzmarkt für deutsche Industrieexporte und für Direktinvestitionen in Russland existiert nicht mehr, so Hudson. Nach seiner Darstellung drängen in den USA „Strategen des neuen Kalten Krieges“ nach dem Muster der Russland-Sanktionen, auch eine wirtschaftliche Abspaltung von China herbeizuführen. Im Erfolgsfall könnte dann die deutsche Industrie keine Hightech-Produkte mehr aus China importieren: „Washington will am liebsten entscheiden, welche Waren China nach Europa liefern darf und welche nicht ... um keine Wettbewerbsnachteile hinnehmen zu müssen.“


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Kommentare

Peter Wendt am 07.11.24, 17:57 Uhr

Wenn ich daran denke, dass eine kompetenzbefreite Saskia Esken über meine Zukunft, die Zukunft meiner Familie und Freunde bestimmen darf wird mir spei übel.

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