05.10.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
Mariano Barbato: „Wetterwechsel. Deutsche Außenpolitik von Bismarck bis Scholz“, Campus Verlag, Frankfurt 2022, gebunden,  314 Seiten, 32 Euro
Mariano Barbato: „Wetterwechsel. Deutsche Außenpolitik von Bismarck bis Scholz“, Campus Verlag, Frankfurt 2022, gebunden, 314 Seiten, 32 Euro

Politik

Die Außenpolitik deutscher Kanzler

Der Politikwissenschaftler Mariano Barbato analysiert in „Wetterwechsel“ die Erfolge der Regierungen seit Otto v. Bismarck

Dirk Klose
01.04.2023

Wetteranalogien passen gut auf die Politik. Man sprach von Großwetterlagen zwischen Ost und West, als sich Tauwetter und Frost abwechselten; Kriege werden mit Stürmen, Orkanen und Gewittern (Ernst Jüngers „In Stahlgewittern“) verglichen; das Treffen zwischen Aristide Briand und Gustav Stresemann galt als „Sonnenblick von Locarno“; Reichskanzler Bernhard v. Bülow strebte für Deutschland nach einem „Platz an der Sonne“; Helmut Schmidt meisterte „frostige Zeiten“ und Helmut Kohl versprach „blühende Landschaften“.

Der Politikwissenschaftler Mariano Barbato hat in seinem Buch „Wetterwechsel“ die Außenpolitik der deutschen Kanzler seit Otto v. Bismarck analysiert. Deren Politik schwankte stets zwischen Großmannssucht und fast devoter Selbstbeschränkung. Bismarcks späterer Nachfolger v. Bülow etwa: Dieser suchte keinen Frieden, sondern eine möglichst günstige Ausgangsposition in einem für unvermeidlich gehaltenen Krieg. Sein Nachfolger Theobald von Bethmann-Hollweg betrieb in der Krise 1914 ein „skrupelloses Ränkespiel“.

Stresemann, im Ersten Weltkrieg noch Annexionist („Calais – das deutsche Gibraltar am Kanal“) wurde zum Versöhnungspolitiker mit Frankreich, blieb aber Revisionist gegenüber Polen. Und der gescheiterte Heinrich Brüning hatte außenpolitisch mehr als seine Vorgänger erreicht, was aber im Innern zu spät kam, um Hitler zu verhindern.

Die Kanzler der Bundesrepublik hatten das Land mit Erfolg im Westen verankert, was von Willy Brandt durch eine Versöhnung gegenüber dem Osten ergänzt wurde. Helmut Schmidt sah Außenpolitik als Verbindung von Sicherheits-, Wirtschafts- und Finanzpolitik. Helmut Kohls Verdienste lagen nicht nur bei der deutschen Einheit, sondern auch beim Zusammenschluss Europas. Gerhard Schröder hingegen, so der Autor, habe erstmals gegen die amerikanische Hegemonie aufgemuckt. Für Angela Merkel war „die Simulation von Windstille das oberste Gebot in den Krisen“. Heute müsse Aufgabe eines jeden Kanzlers sein, in unermüdlicher Konsenssuche zur Bewältigung aktueller Krisen beizutragen.

Einige wenige Einwände: Bismarck hatte wohl nicht aus eigenen Stücken Elsass-Lothringen annektiert, sondern das geschah unter dem Druck der Militärs. Gar nicht genannt werden die Auseinandersetzungen aller Kanzler mit den Parlamenten, Reichstag und Bundestag, auf die sie ja letztlich angewiesen waren. Außenpolitik in und für Deutschland ist fürwahr ein Kunststück: Kein anderes Land in Europa hat so viele Nachbarn (neun). Mit allen lebt Deutschland heute in Frieden. Das hat es in der deutschen Geschichte noch nie gegeben.


Hat Ihnen dieser Artikel gefallen? Dann unterstützen Sie die PAZ gern mit einer

Anerkennungszahlung


Kommentar hinzufügen

Captcha Image

*Pflichtfelder

Da Kommentare manuell freigeschaltet werden müssen, erscheint Ihr Kommentar möglicherweise erst am folgenden Werktag. Sollte der Kommentar nach längerer Zeit nicht erscheinen, laden Sie bitte in Ihrem Browser diese Seite neu!

powered by webEdition CMS