Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
Sie waren schön, teuer, manchmal modern und passten sich stets den erforderlichen Gegebenheiten an
Königsberg liegt am Zusammenfluss des Alten und des Neuen Pregel. Die beiden Arme des Stroms, der sich beim Schloss Friedrichstein 20 Kilometer östlich der Stadt aufspaltet, bilden zwei Inseln: Den nur zehn Hektar großen, dicht bebauten Kneiphof mit dem Dom, um den sich der alte Hafen von Königsberg erstreckte, und die deutlich größere, aber weitgehend brach liegende Lomse. Das erforderte eine ganze Anzahl von Brücken zwischen den einzelnen Teilen der Stadt, welche allesamt als Schwenk-, Tor- oder Klappbrücken errichtet wurden, um den Fluss- und Seeschiffen die Durchfahrt zu ermöglichen.
Haltbarkeit von acht Jahren
Zwischen den Jahren 1322 und 1542 erhielt Königsberg insgesamt sieben solcher Verbindungen: Die Grüne Brücke und die Köttelbrücke verbanden die nördliche Vorstadt mit dem Kneiphof. Die Krämer- und die Schmiedebrücke ermöglichten den Übergang vom Kneiphof in die südliche Altstadt. Dazu kamen die Holzbrücke zwischen der Lomse und dem Stadtteil Löbenicht sowie die Hohe Brücke, die sich vom östlichen Haberberg zur Lomse spannte. Die siebte Brücke wiederum, die Honigbrücke, stellte die Verbindung zwischen den beiden Inseln her. Später entstand noch die Kaiserbrücke als Zugang von der östlichen Vorstadt zur Lomse.
Die Geschichte dieser Flussüberquerungen war teilweise recht bewegt. So brannte die Grüne Brücke 1582 ab und musste nur achte Jahre später 1590 durch einen kompletten Neubau ersetzt werden. Die erst 1542 errichtete Honigbrücke, welche auch Dombrücke genannt wurde, trug ihren Namen nach den Honigfässern, mit denen die Kneiphofer Ratsherren bestochen worden sein sollen, damit sie den Bau genehmigten.
Aus der Existenz von anfänglich sieben Brücken resultierte eine Herausforderung, die im Volksmund auch „das Königsberger Brückenproblem“ genannt wurde. Gab es einen Weg, auf dem man alle Brücken der Stadt genau einmal überqueren und dann zu seinem Ausgangspunkt zurückkehren konnte? Der geniale Schweizer Mathematiker Leonhard Euler befasste sich auf Anregung des Danziger Bürgermeisters Karl Leonhard Gottlieb Ehler mit dieser Frage und kam 1736 zu dem Ergebnis, dass das unmöglich sei. Mit gleicher Erkenntnis und der dazugehörigen Beweisführung legte Euler den Grundstein für die Graphentheorie zur Beschreibung netzartiger Strukturen.
Mitte des 19. Jahrhunderts erreichte dann der technische Fortschritt das schöne Königsberg. Es entstanden etliche Industriebetriebe, und ab 1853 verkehrte endlich auch die Eisenbahn zwischen Berlin und der ostpreußischen Hauptstadt. Das machte die Errichtung einer speziellen Bahnbrücke nötig, die sich über den Unterlauf des Pregel westlich des Kneiphofes spannte. Der Bau dieser innovativen Stahlbrücke dauerte von 1863 bis 1889 und kostete den preußischen Staat die Summe von 385.000 Taler. Das wären heute über 650.000 Euro. Als Vergleich dazu: Ein Arbeiter verdiente im Kaiserreich im Schnitt 700 Taler im Monat, um sich und seine Familie durchzubringen.
Doch damit nicht genug: Am 26. Mai 1881 stellte die Königsberger Pferdeeisenbahn-Gesellschaft ihre erste Straßenbahn in Dienst, der dann am 31. Mai 1895 eine städtische Straßenbahn mit Elektroantrieb folgte.
Klappmechanismus wurde nötig
Daraus resultierte die Notwendigkeit, sämtliche hölzerne Brücken in tragfähige Metallbrücken zu verwandeln. Bei dieser Gelegenheit erhielten sie auch einen modernen Klappmechanismus, der ein wesentlich schnelleres Öffnen und Schließen der Pregel-Überquerungen ermöglichte. Denn nun war Zeit Geld, und der Verkehr musste sowohl an Land als auch auf dem Wasser immer zügiger fließen. Die Umrüstung der Königsberger Brücken fand dabei stufenweise zwischen 1891 bis 1913 statt, wobei die Einzelteile der neuen Konstruktionen aus der ortsansässigen Union Gießerei kamen.
Da die aufklappbare Eisenbahnbrücke den Anforderungen bald nicht mehr genügte, sorgte der von 1919 bis 1933 amtierende Oberbürgermeister Hans Lohmeyer dafür, dass der 1913 begonnene Neubau der Eisenbahnbrücke bis 1926 fertiggestellt wurde. Diese Reichsbahnbrücke überspannte den Pregel westlich der Festung Groß-Friedrichsburg. Sie besaß eine obere Etage mit vier Gleisen für den Bahnverkehr und eine untere Etage mit einer Straße, zwei Straßenbahngleisen und seitlichen Fußwegen. Die 200 Meter lange Brücke mit zwei Durchlässen für Schiffe galt seinerzeit als technisches Wunderwerk und wurde dann im Zweiten Weltkrieg stark beschädigt, wonach die sowjetischen Besatzer das Bauwerk reparierten, um den Weiterbetrieb zu sichern.
Nur eine Brücke überlebte
Von den fünf Brücken, die zum Kneiphof führten, überstand nur die Honigbrücke den Krieg. Die Grüne Brücke und die Krämerbrücke erhielten 1972 einen gemeinsamen Nachfolgebau, der sich als 546 Meter lange Hochstraße aus Spannbeton über beide Pregelarme und den Kneiphof hinwegzieht. Gleichzeitig wurden die Köttelbrücke und die Schmiedebrücke jedoch nicht ersetzt – von der Letzteren blieben lediglich die Fundamente am Flussufer erhalten.
Dahingegen gibt es die Holzbrücke, die Hohe Brücke und die Kaiserbrücke heute noch. Die Hohe Brücke erhielt 2009 eine Generalsanierung für sieben Millionen Rubel und die Kaiserbrücke, die nun Jubiläumsbrücke heißt und ausschließlich dem Fußgängerverkehr dient, bietet seit der Rekonstruktion im Jahre 2005 einen weitgehend originalgetreuen Anblick.