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In der Nacht vor dem Herz-Jesu-Sonntag 1961 sprengte der „Befreiungsausschuss Südtirol“ 37 Strommasten. Kreise in Mario Draghis Regierungskoalition fordern 60 Jahre danach die Auslieferung im Exil lebender ehemaliger Aktivisten
Unlängst entschied der französische Präsident Emmanuel Macron, sein Land werde jene neun italienischen linksextremistischen Attentäter, die sich einst der Inhaftierung durch Flucht entzogen und von Frankreich seit mittlerweile mehr als vier Jahrzehnten als politische Asylanten geduldet wurden, an Italien ausliefern. In Rom begrüßte Staatspräsident Sergio Mattarella die Geste überschwänglich und appellierte an ungenannte Adressaten, dem Beispiel zu folgen, damit „dasselbe denjenigen geschieht, die sich der italienischen Justiz entzogen haben und ihr Leben auf der Flucht in anderen Ländern verbringen“.
„Gewalt lediglich gegen Sachen“
Sogleich argwöhnte man in Bozen, Innsbruck und Wien, Rom werde – was es schon mehrfach tat, aber stets vergebens – nunmehr abermals formell auch die Auslieferung jener wenigen noch in der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland lebenden ehemaligen Südtiroler Freiheitskämpfer der 1960er Jahre verlangen. Dies ist zwar bisher unterblieben, aber aus italienischen Parteien, auch solchen, die der Regierung Mario Draghi angehören, sind derlei Forderungen an die Staatsoberhäupter gerichtet worden. Insbesondere Vertreter der politischen Rechten, und hier insbesondere der demoskopisch im Aufwärtstrend befindlichen postfaschistischen Fratelli d'Italia (FdI, Brüder Italiens) von Giorgia Meloni instrumentalisieren politisch-publizistisch dies Verlangen und propagierten es rund um das historisch legendäre Geschehen in der sogenannten Feuernacht, dessen man anlässlich des 60. Jahrestags in Südtirol besonders gedachte.
Die „Feuernacht“ vor dem Herz-Jesu-Sonntag, an dem Tiroler traditionsgemäß das Landesverteidigungsgelöbnis ihrer Altvordern „auf das heilige Herz Jesu“ gedenkend erneuern und in der vornehmlich traditionsbewusste Jungmänner in lichten Höhen Bergfeuer in Herzens- bezeihungsweise Kreuzessymbolik entfachen, ist aufgrund des für Rom äußerst blamablen Geschehens seit 1961 tief ins historisch-politische Gedächtnis der Regierenden und insbesondere der Sicherheitskräfte eingegraben. In besagter Nacht vom 11. auf den 12. Juni 1961 holten beherzte idealistische Kämpfer des „Befreiungsausschusses Südtirol“ (BAS) zum „großen Schlag“ gegen die als Besatzer empfundenen Organe des italienischen Staates aus, dem Südtirol seit 1918/19 erzwungenermaßen angehörte.
Was trug sich zu? Am späten Abend des 11. Juni verließ Luis Steinegger seinen Hof und nahm oberhalb von Tramin das dort in einer Höhle verwahrte Donarit an sich. Den Sprengstoff hatten Mitstreiter zuvor aus Innsbruck gefahrvoll über den Brenner gebracht. Mit seinem Freund Oswald Kofler präparierte Steinegger zwei Strommasten in Altenburg. Sie befestigten den Sprengstoff, legten die Zündschnur lose um die Stahlträger. Dann wurde der selbstgebaute Zeitzünder scharf gemacht. Die Uhr der Dorfkirche schlug zehnmal, als Steinegger den Zünder auf eins stellte. Pünktlich um 1 Uhr detonierten die Ladungen, die Strommasten krachten in sich zusammen.
Dasselbe ereignete sich in Sinich nahe Meran. Dort beobachtete Sepp Innerhofer von Schenna aus mit dem Feldstecher, wie die von ihm präparierten Masten unter widerhallendem Getöse wie Streichhölzer umknickten. Auch in Bozen durchbrach um diese Zeit ein lauter Knall die nächtliche Ruhe. Das donnergleiche Grollen, dem weitere Detonationen folgten, riss viele aus dem Schlaf. Zwischen 1 Uhr und 3.30 Uhr blitzte und knallte es rund um den Bozner Talkessel, krachten stählerne Ungetüme zu Boden.
Am folgenden Morgen wurde das Ausmaß dessen ersichtlich, was die „Feuernacht“ bewirkt hatte: 37 Hochspannungsmasten, acht Eisenbahnmasten und zwei zu Kraftwerken führende Hochdruckwasserleitungen waren in die Luft geflogen. Eine effektvolle konspirative Gemeinschaftsaktion des BAS mit dem Ziel der größtmöglichen Schädigung Italiens unter Schonung von Menschen und Privateigentum. Die Weltöffentlichkeit sollte auf das Südtirol-Problem aufmerksam gemacht und auf die als Besatzungsregime empfundene italienische Staatsmacht Druck ausgeübt werden. Dem BAS gehörten etwa 200 Aktivisten aus beiden Teilen Tirols an. Rom verhängte den Ausnahmezustand über die Provinz, das gesamte IV. Armeekorps – 24.000 Soldaten – sowie zusätzlich 10.000 Carabinieri (kasernierte Polizeikräfte) wurden nach Südtirol verlegt. Bis Ende Juli wurden die meisten Südtiroler BAS-Mitglieder inhaftiert, darunter auch Sepp Kerschbaumer, ihr Kopf. Seine Mitstreiter Franz Höfler und Anton Gostner erlagen grausamen Folterungen in der Carabinieri-Kaserne von Eppan. Es kam zu einer Welle der tätigen Solidarität, auch von politischer Seite in Österreich.
Ein unbeabsichtigter Toter
Was trieb die „Bumser“ an, wie die tätigen BAS-Aktivisten noch heute im Volksmund genannt werden? Sie wollten ein markantes Zeichen setzen, um die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit auf das ungebrochene neokolonialistische Gebaren Roms zu lenken. Der südliche Landesteil Tirols ist Italiens Kriegsbeute, Belohnung dafür, dass es aus dem Dreibund mit dem Deutschen Reich und Österreich-Ungarn zu Beginn des Ersten Weltkriegs ausscherte, sich anfangs als „Neutraler“ gerierte, um 1915 auf der Seite der Entente-Mächte England und Frankreich als Verbündeter in den Krieg einzutreten. Vor dem Untergang der österreichisch-ungarischen Doppelmonarchie war es wie „Welschtirol“ (Trentino) Teil der „gefürsteten Grafschaft Tirol“ und damit Habsburger-Kronland. Nach dem Friedensdiktat von Saint-Germain-en-Laye vom 10. September 1919 gliederte das Königreich Italien am 10. Oktober 1920 das Land bis zum Brenner ein. Nach der Machtübernahme Benito Mussolinis 1922 sollte das „Alto Adige“ („Hochetsch“) entdeutscht und kulturell in jedweder Hinsicht italianisiert werden. Das römische Verwaltungssystem wurde eingeführt, die italienische Sprache zur alleinigen Amts- und Unterrichtssprache erklärt. Infolge gezielter Ansiedlung von Unternehmen und Beschäftigten aus Altitalien verdreifachte sich bis 1939 die Zahl ethnischer Italiener in Südtirol. Schließlich verabredeten die Diktatoren Mussolini und Adolf Hitler, „Achsenpartner“ im bald darauf entfesselten Krieg zu sein, das sogenannte Optionsabkommen. Damit zwangen sie die Südtiroler, sich entweder für „das Reich“ zu entscheiden und die Heimat zu verlassen oder aber zu bleiben und in der Italianità aufzugehen.
Mailänder Sprengstoffprozess 1963
Nach dem Zweiten Weltkrieg verwarfen die Alliierten die Rückgliederung Südtirols an Tirol und das wieder erstandene Österreich, wie es mehr als 175.000 im Geheimen gesammelte und in Innsbruck an Kanzler Leopold Figl übergebene Unterschriften fordern. Zwar gestand ein zwischen Außenminister Karl Gruber und dem italienischen Ministerpräsidenten Alcide de Gasperi am 5. September 1946 zu Paris geschlossenes Abkommen den Bewohnern der Provinz Bozen weitgehende sprachliche und kulturelle Rechte sowie eine gewisse Selbstverwaltung zu. Doch Rom führte diese Übereinkunft im ersten Autonomiestatut von 1948 dadurch ad absurdum, dass es seine Gültigkeit für die Region Trentino-Alto Adige festlegte, in der die beiden Nachbarprovinzen zusammengeschlossen und die Südtiroler von der Dominanz der ethnischen Italiener des Trentino majorisiert sind. Dagegen und gegen die auch vom demokratischen Italien bruchlos fortgesetzte Ansiedlung von Süditalienern – in neuerlichen Wohnbau- und Industrieprojekten – haben sie sich in der vom nachmals legendären Landeshauptmann Silvius Magnago initiierten „Los von Trient“-Bewegung gewandt. Die 1950er und 1960er Jahre waren daher vom Aufbegehren gegen die römische Politik erfüllt. Vorläufer des BAS war die „Gruppe Stieler“. Auch sie hielt sich strikt an das Gebot „Gewalt lediglich gegen Sachen“.
Gleichwohl kam es am Tag nach der „Feuernacht“ durch unglückliche Umstände zu einem ersten Opfer. Ein italienischer Straßenwärter entdeckte nahe der Provinz- und Sprachgrenze an der Talenge von Salurn an einem mächtigen Baum einen nicht detonierten Sprengsatz, mit dem der Baum gefällt und die Straßenverbindung gen Trient sinnfällig-zeichensetzend unterbrochen werden sollte. Beim Versuch, ihn zu entfernen, starb der Italiener. Infolge späterer Anschläge sind auf beiden Seiten insgesamt 25 Todesopfer zu beklagen. Jüngere Forschungen haben indes gezeigt, dass davon nicht wenige auf das Konto konspirativer Anschläge unter maßgeblicher Beteiligung italienischer Geheimdienstleute sowie des italienischen Zweigs „Gladio“ der verdeckt operierenden NATO-Geheimorganisation „Stay behind“ gehen.
150 BAS-Aktivisten wurde man habhaft, einige konnten entkommen und setzten ihre Aktivitäten von Nord- und Osttirol aus fort. Im Mailänder Sprengstoffprozess 1963 gegen 94 Angeklagte – 87 aus Südtirol, sechs aus Österreich, einer aus der Bundesrepublik – wurden zumeist langjährige Haftstrafen ausgesprochen. Ein halbes Jahr später starb Sepp Kerschbaumer in einem Veroneser Gefängnis. 15.000 Südtiroler folgten seinem Sarg.
Ende oder Zwischenschritt?
Viel ist seit jener „Feuernacht“ in Südtirol geschehen. Aufgrund zweier Deklarationen der Vereinten Nationen, vor die der damalige österreichische Außenminister Bruno Kreisky den Südtirol-Konflikt trug, wurde in zähen Verhandlungen zwischen Rom, Bozen und Wien schließlich eine Lösung in Form eines neuen Autonomiestatuts gefunden, der die seit 1945 im Lande dominante Südtiroler Volkspartei (SVP) 1969 mit knapper Mehrheit zustimmte. Verbunden mit „Paketmaßnahmen“ und „Durchführungsbestimmungen“, deren Verwirklichung sich aufgrund römischer Finten immer wieder verzögerte, wurde der Konflikt mit der von der Schutzmacht Österreich vor den UN abgegebenen „Streitbeilegungserklärung“ gegenüber Italien erst 1992 völkerrechtlich beendet.
Heute gehört die Provincia autonoma di Bolzano - Alto Adige / Autonome Provinz Bozen-Südtirol zu den prosperierenden Gebieten Italiens und darüber hinaus. Deshalb wird sie als „Vorbild für die friedliche Beilegung von Minderheitenkonflikten“ propagiert, zumindest von jenen, die mit den obwaltenden Verhältnissen zufrieden sind, die sich in diesen mehr oder weniger komfortabel eingerichtet haben und die den Status quo – wie allem Anschein nach die heutige Führung der nach wie vor regierenden Mehrheitspartei SVP und die Parlamentsparteien des „Vaterlands Österreich“ außer der oppositionellen FPÖ – quasi als politischen und rechtlichen Endzustand erachten. Alle anderen Südtiroler deutscher und ladinischer Zunge, die deutschsüdtiroler Opposition ohnedies, die austro-patriotischen Vereinigungen wie Heimatbund (SHB) und Schützen (SSB), aber auch diejenigen Wenigen in der SVP, welche die Autonomie nicht als „Endstadium“, sondern lediglich als Zwischenschritt auf dem völkerrechtlich möglichen und menschenrechtlich gebotenen Weg zur Selbstbestimmung betrachten, welche 1919 und 1946 verweigert wurde, setzen sich nach wie vor für die Ausübung des Selbstbestimmungsrechts ein.
sitra achra am 13.07.21, 11:02 Uhr
Schmeißt die Makkaronis endlich aus unserem deutschen Land Südtirol! Draghi, dieser mafiöse Betrüger, der unser Land vermittels seiner Funktion bei der EU ausgeplündert hat, gehört mit seinen widerlichen Gesinnungsgenossen an den Galgen.
Die Makrone gehört auch zu dieser Plündererfraktion, das walte Rothschild.
Chris Benthe am 13.07.21, 09:37 Uhr
Danke, dass die PAZ an das nach wie vor existierende Unrecht an den Südtirolern erinnert. Die Teilung mit ihren Begleitfolgen beginnt, insbesondere bei der jüngeren Generation, in Vergessenheit zu geraten, man hat sich komfortabel eingerichtet und empfindet das "Dolce Vita Italiano" als Weltoffenheit und Lifestyle.
Aber es gibt noch Widerstand. Die Süd-Tiroler Freiheit, deren Mitglied ich ehrenhalber sein darf, erhebt im Landtag erneut die Forderung nach Begnadigung bzw. Amnestie der im Exil lebenden Freiheitskämpfer. Anliegen der Süd-Tiroler Freiheit ist eine Volksabstimmung, die über Loslösung von oder Verbleib bei Rom entscheiden soll. Loslösung bedeutet Wieder-Vereinigung mit Nord-Tirol zu Gesamt-Tirol, wie es immer war. Und damit Rückkehr zu Österreich, wie es natürlich wäre.
Vielen Jüngeren scheint nicht bewusst zu sein, warum es ein "Süd-Tirol" überhaupt gibt: es war Kriegsbeute für einen elendigen Verrat Italiens an den Achsenmächten, zugesprochen von den Alliierten Frankreich, USA und England. Italien nutzte das Waffenstillstandsabkommen mit Österreich aus, um in Tirol einzumarschieren. Den Österreichern fehlte es damals an einem gesunden Misstrauen, denn wären sie wachsam gewesen, hätte man um Südtirol zumindest kämpfen können. Tempi Passati, könnte man sagen. Im Windschatten von EU-Diktatur und trügerischem Wohlstand gefällt das dolce vita, das sich auch touristisch gut vermarkten lässt. Der Grüne Reinhold Messner, der sich mit seinen musealen Alpen-Betonklötzen selbst feiert, ist das üble Beispiel dafür. Aber das Blatt könnte sich wenden, wenn das süße Leben vorbei ist, die EU arbeitet ja mit Hochdruck daran. Notzeiten generieren Erinnerung und Rückbesinnung auf alte Werte. Tioler sind nicht kleinzukriegen, die alljährlichen Herz-Jesu-Feuer auf den Bergalmen im Juni beweisen Wachsamkeit. Das Kapitel Süd-Tirol ist noch nicht zuende geschrieben.
Siegfried Hermann am 13.07.21, 07:53 Uhr
Die PAZ gedenkt und führt - mal wieder- wahrheitsgemäß (!) was seit der Teilung Tirols immer noch nicht im Sinne der Bürger geregelt ist.
Auslieferungen:
Ich sach ma so:
Eine Kabale-Krähe haut der anderen Kabale-Krähe kein Auge aus.
Andererseits:
Würde auch nur ein Neger und Orientale "Menschenrechtsaktivist"-S-Erlebnistourist 60 Jahre nach Köln Silvester für ihre schwersten Straftaten ausgeliefert???
NIEMALS!
Und so verlogenen und heuchelnd
ist das System!