Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
Wenige Tage vor dem Ende der alten Regierung stufte der Verfassungsschutz die größte Oppositionspartei im Land als „gesichert rechtsextrem“ ein. Über die Folgen für das politische System – und die betroffene Partei
Deutschland befindet sich auf dem Weg in eine Staatskrise. Die größte Oppositionspartei des Landes, die AfD, wurde vom Bundesamt für Verfassungsschutz für „gesichert rechtsextrem“ erklärt. Wenn unsere Politikerschaft diesen Bericht ernst nimmt, dann führt kein Weg daran vorbei, dass die neue Bundesregierung oder der Deutsche Bundestag beim Bundesverfassungsgericht ein Verfahren zum Verbot der AfD anstrengt.
Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit würde das Bundesverfassungsgericht die AfD jedoch nicht verbieten. Verfassungswidrig sind nämlich nur solche Parteien, „die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden“. Genau das ist im Übrigen jene rechtliche Definition von politischem Extremismus, die von deutschen Staatsschutzbehörden seit den 1950er Jahren regelmäßig verwendet, allerdings in vielen Verfassungsschutzberichten seit etlichen Jahren verschwiegen wird.
Fehlende Nachweise für eine fragwürdige Einstufung
Das gilt auch für den Sachverhalt, dass es zum Nachweis der Verbotswürdigkeit einer Partei – gemäß der bisherigen Recht-
sprechung des Bundesverfassungsgerichtes – durchaus nicht genügt, wenn eine Partei verfassungsfeindliche Ideen verbreitet. Hinzukommen müssen vielmehr eine kämpferische Haltung gegenüber der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, die auf deren Abschaffung abzielt, sowie konkrete Anhaltspunkte dafür, dass ein Erreichen dieses Ziels als nicht völlig aussichtslos erscheint. Klar ist der Zweck von Parteiverboten nicht die Ausübung von Gesinnungsjustiz oder die Beschneidung von politischem Pluralismus, wie er sich eben auch in unerwünschten Wahlergebnissen niederschlagen kann. Im Übrigen ist, gemäß dem Verhältnismäßigkeitsprinzip, eine Partei nur dann zu verbieten, wenn sich ihr Kampf nicht auf belanglose Einzelaktionen beschränkt, sondern tatsächlich einen Sturz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung bewirken könne.
Also erwartet man sich von Berichten unserer Verfassungsschutzbehörden Nachweise dessen, wo in einer als extremistisch eingestuften Partei es Pläne oder Vorbereitungen zum Umsturz gibt. Doch nichts dergleichen haben die bisherigen Verfassungsschutzberichte hinsichtlich der AfD vorgelegt. Auch das neue Gutachten begnügt sich, soweit auszugsweise bekannt geworden, mit folgender Behauptung: Der von der AfD verwendete ethnisch-abstammungsmäßige Volksbegriff grenze Menschen, die nicht ihrerseits von Deutschen abstammten, vom deutschen Staatsvolk aus, werte sie rechtlich ab und missachte damit ihre Menschenwürde. Dass sich das wirklich so verhält, wird von der AfD bestritten. Doch selbst wenn es so wäre, fände sich weiter nichts nachgewiesen, als dass ein solches Volksverständnis mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung nicht vereinbar wäre. Das allein aber macht eine Partei – jedenfalls nach bisherigem deutschen Verfassungsrecht – nicht zu einer extremistischen Partei.
Also bietet ein Gutachten, in dem sich keine Nachweise für Umsturzpläne der AfD finden, auch keinen ausreichenden Grund dafür, diese Partei zu verbieten. Eben deshalb warnen weiterhin alle Politiker mit höheren Regierungspositionen vor der Einleitung eines Verbotsverfahrens. Denn anders als im Fall der NPD könnte sich diesmal das Bundesverfassungsgericht nicht um eine inhaltliche Entscheidung mit dem Argument drücken, die AfD sei politisch viel zu unbedeutend, als dass sie die freiheitliche demokratische Grundordnung oder gar den Bestand der Bundesrepublik Deutschland gefährden könne. Immerhin ist die AfD im Osten der Republik weithin die stärkste Partei und hat auch bundesweit zur Union aufgeschlossen. Das Verfassungsgericht würde deshalb ein inhaltliches Urteil fällen müssen. Dieses liefe nach Lage der Dinge darauf hinaus, die AfD „aus Mangel an Beweisen“ freizusprechen, also ihr einen Persilschein auszustellen. Das wäre aber genau das Gegenteil dessen, was jene Teile von Deutschlands Politiker-, Journalisten- und Bürgerschaft anstreben, die von jeher eine politische Auseinandersetzung mit der AfD juristisch zu ersetzen versuchen.
Schwelbrand im politischen System
Worin besteht jene ins Haus stehende Staatskrise, die aus jahrelangen politisch falschen Weichenstellungen zu erwachsen droht? Obwohl das Bundesamt für Verfassungsschutz einen weithin erwünschten „Extremismusbeweis“ geliefert zu haben scheint, wird gegen die AfD weiterhin gerade nicht rechtlich vorgegangen; weil zugleich jene Migrationspolitik unterbleibt, die sehr viele AfD-Wähler wünschen, wird noch jahrelang die AfD eher gestärkt als geschwächt; und weil weiterhin die „gesichert rechtsextreme AfD“ in den Parlamenten – und gewiss demnächst auch bei der staatlichen Parteienfinanzierung – unfair behandelt wird, gibt es für die AfD weder Anreize, sich auf eine konstruktive Rolle im politischen Spiel einzulassen, noch parteiinterne Mehrheiten für einen entsprechenden Reformkurs.
Den Schwelbrand unserer innenpolitischen Polarisierung, dem jahrelang recht widernatürliche Parteibündnisse wehren sollten, hat jenes „Extremismus-Gutachten“ nun zum offenen Feuer angefacht. Da passt es auch ins Bild, dass die ebenso uneinsichtige wie politisch erfolglose Innenministerin Faeser mit ihrer sachlich ganz unnötigen Hauruck-Aktion der neuen Bundesregierung ein ganzes Dynamitbündel unterschoben hat.
Und während die neue linke Ikone Reichinnek im Bundestag unter großem Beifall fordert, „Auf die Barrikaden!“ zu ziehen, wird der Rat des CDU/CSU-Fraktionsvorsitzenden Spahn für politisch ganz unverantwortlich erklärt, die AfD gemäß bewährten parlamentarischen Gepflogenheiten zu behandeln. Zugleich wirkt die Ankündigung des AfD-Co-Vorsitzenden Chrupalla, man wolle fortan mit parlamentarischem Anstand auftreten und sich rhetorisch mäßigen, wie eine vergebliche Anbiederung an arroganztrunkene Gegner. Anscheinend braucht ein großer Teil der Deutschen die AfD gerade so, wie im klassischen Griechenland die Spartaner mit den von ihnen unterjochten Heloten umgingen: nämlich zum selbsterhöhenden Bekämpfen von vermeintlich Minderwertigen. Das wird nicht gut ausgehen – bei uns, ebenso wenig wie einst in Sparta.
Der Verfassungsschutz muss sein Gutachten offenlegen
Klüger wäre es in Deutschland, wenn die folgenden Auswege aus unserer verfahrenen Lage gesucht würden. Erstens sollte man nicht länger Radikalismus mit Extremismus gleichsetzen. Radikalismus meint nämlich die Zuspitzung von sogar vernünftigen Positionen soweit, dass sie in Unsinn oder Unmenschliches umschlagen. Dass derlei in den eigenen Reihen vorkommt, geben sogar viele AfD-Mitglieder zu – und lassen oft genug durchblicken, man hätte das gerne anders. Aber zur Freiheit gehört es nun einmal auch, sich intellektuell oder moralisch disqualifizieren zu dürfen. Eben das haben sich gar nicht wenige AfDler durchaus geleistet. Was die Verfassungsschutzämter der AfD nachgewiesen haben, ist jedenfalls mannigfacher Radikalismus. Doch nichts deutet darauf hin, dass dieser in absehbarer Zeit die freiheitliche demokratische Grundordnung oder gar den Bestand der Bundesrepublik Deutschland gefährden könnte. Wer das vor Augen hat, für den ist klar: Die AfD insgesamt als extremistisch und als deshalb zu verbieten auszugeben, ist auf politischer Ebene das Seitenstück dessen, was man auf persönlicher Ebene eine böswillige Diffamierung nennt. Hören wir also damit auf, unsere politischen Diskussionen durch einen absichtsvollen Missbrauch des Extremismus-Begriffs zu vergiften!
Zweitens sollte aus den Reihen der Parteien, der Zivilgesellschaft und der Medien lautstark gefordert werden, jenes Gutachten des Bundesamtes für Verfassungsschutz alsbald zu veröffentlichen. Geheimhaltungsbedürftiges lässt sich nötigenfalls schwärzen. Doch es geht einfach nicht an, die Wählerschaft darüber im Unklaren zu lassen, was es an wirklichen Beweisen zur behaupteten Verfassungsfeindlichkeit einer doch sehr umfangreich gewählten Partei vorzulegen gibt. Außerdem darf in einem freiheitlichen Staat eine Regierung nicht blindes Vertrauen der Bevölkerung hinsichtlich ihrer Einschätzung zur Umsturzbereitschaft einzelner Parteien verlangen.
Drittens hat die neue Bundesregierung das Gutachten umgehend daraufhin zu prüfen, ob es wirklich überzeugend eine Verfassungsfeindlichkeit der AfD nachweist. Kommt die Bundesregierung zu dieser Überzeugung, dann hat sie umgehend einen Verbotsantrag beim Bundesverfassungsgericht zu stellen, weil sie andernfalls ihrer Verantwortung für die Sicherung unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung nicht gerecht würde. Hält die neue Bundesregierung hingegen dieses Gutachten für fehlerhaft, für nicht ausreichend überzeugend oder hinsichtlich seiner Verwendung des Extremismusbegriffs für irreführend, dann hat sie es den zuständigen Beamten zur Überarbeitung zurückzureichen. Dann wären obendrein persönliche Konsequenzen für jene Teile der Leitung oder der Mitarbeiterschaft des Bundesamtes für Verfassungsschutz zu erwägen, die für die Erstellung oder Veröffentlichung eines unzulänglichen Gutachtens in einer staatspolitisch so wichtigen Sache verantwortlich waren.
Auch die AfD hat eine Bringschuld
Viertens sollte die AfD nicht nur gerichtlich klären lassen, welche der von ihr beanstandeten Aussagen in jenem Gutachten wahrheitsgemäß beziehungsweise zulässig sind, welche anderen aber fortan unterlassen werden müssen. Vielmehr sollte die AfD ebenfalls die an ihr geübte Kritik viel ernster nehmen als bislang. Weder sich selbst noch gar unserem Land tut diese Partei Gutes, wenn sie politische Rhetorik nicht nur an der Grenze des Geschmackvollen, sondern auch an Grenzen des rechtlich Vertretbaren pflegt. So handelnd, bringt sie sich um eine konstruktive Rolle in unserem Gemeinwesen auch dadurch, dass sie gleichsam toxisch bleibt und jedem zum Schaden gereicht, der sich gutwillig auf Gespräche oder gar Verabredungen mit ihr einlässt. Es ist einfach so, dass nicht nur die Gegner der AfD vielfach Verrat an den bewährten Spielregeln unserer pluralistischen Demokratie begangen haben, sondern dass gar nicht wenige AfD-Politiker selbst jenes Bild ihrer Partei prägten, das der Verfassungsschutzbericht nun verallgemeinert.
Prof. Dr. Werner J. Patzelt war von 1991 bis 2019 Inhaber des Lehrstuhls für Politische Systeme und Systemvergleich an der TU Dresden und ist derzeit Forschungsdirektor des Mathias Corvinus Collegiums in Brüssel. Zu seinen Werken gehören „Ungarn verstehen“ (2023) und – soeben erschienen – „Deutschlands blaues Wunder. Die AfD und der Populismus“ (beide Langen Müller). www.wjpatzelt.de
Gregor Scharf am 08.05.25, 13:33 Uhr
Wenn der zweite Satz im Abschnitt zwei tatsächlich Gültigkeit hätte, dürfte es überhaupt keinerlei linke Parteien geben, die obendrein noch Hammer und Sichel vor sich hertragen. Somit ist nahezu alles, was hier steht unwichtig, denn es ist einfacher als man denkt, mit Hilfe von V-Leuten, ein wenig Schmiergeld, ein paar angeheuerten Laiendarstellern und schnell hinzu eilenden Journalisten Beweise, Beweismittel und ebensolche Taten zu konstruieren. Irgendwer ist immer klamm und bereit, für einen Judaslohn sich und andere ins Verderben zu stürzen. Verrat und Denunziation gehören zu Deutschlands Markenzeichen.
Die letzten Jahrzehnte haben eindringlich gezeigt, dass man keinem mehr über den Weg trauen kann und darf, wenn man hier überleben will, erst recht dann nicht, wenn man zu den Ureinwohnern zählt, keinen zweiten Pass besitzt und nicht im linken Lager mitmischt.
Vielmehr müsste man umgehend Parteien verbieten, die nachweislich einen so ungeheuerlichen, wirtschaftlichen Schaden angerichtet haben, dass das Land mitsamt Europa an den Rand der Existenznot gebracht wurde. Was für eine Rechtsprechung gilt denn in diesem Fall? Narrenfreiheit? Oder, ich wollte doch nur spielen?