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Roger Engelmann u.a.: „Das MfS-Lexikon“, Ch.Links-Verlag,  Berlin 2021, 440 Seiten, 20 Euro
Roger Engelmann u.a.: „Das MfS-Lexikon“, Ch.Links-Verlag, Berlin 2021, 440 Seiten, 20 Euro

DDR

Die ganze Wahrheit über die Stasi

Das auf Akteneinsicht in Archivunterlagen basierende MfS-Lexikon deckt Strukturen und Handlungen der DDR-Organe schonungslos auf

Friedrich-W. Schlomann
30.10.2021

Als „Schwert und Schild der Partei“ war das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) überlebensnotwendig für die SED. Mit seiner faktischen, aber unsichtbaren Präsenz war es die unbekannteste Einrichtung der DDR und formte zum Großteil das politische Klima, das durch Furcht und Misstrauen geprägt war. Nach der Vereinigung und dem Zugriff auf MfS-Akten veröffentlichten Experten bald „Das MfS-Lexikon“. Inzwischen erreichte sein Wissensstand ein beachtliches Niveau und erschien jetzt in seiner vierten Auflage.

Erste Aufgabe des MfS mit seinen 91.015 hauptamtlichen Mitarbeitern war die Abwehr jeglicher Gefahren für die SED-Herrschaft. Andersdenkende wurden als Staatsfeinde diffamiert. Durch seine rund 62.000 Spitzel war es über die Stimmungslage stets gut informiert. Erst an zweiter Stelle stand die Spionage (zirka 6000 Westdeutsche verrieten die Bundesrepublik an das MfS).

Notwendig für das Verständnis

Der Inhalt besteht aus längeren Artikeln, die grundlegend für das Verständnis des MfS in Form des wechselnden Verhältnisses zur SED-Führung und zum KGB sind oder für den Zerfall des MfS angesichts des Niedergangs des Regimes. Der zweite Teil gewährt eine knappe Darlegung der MfS-Organisationsstrukturen und erklärt deren Fachterminologie: Dass harmlose Begriffe wie „Abt. 16“ oder „Abt. M“ die Post- und Telefonüberwachung sowie die „Abt. PZF“ die Kontrolle der Postsendungen aus dem Westen beinhalten, werden Außenstehende kaum vermuten.

Der dritte Teil stellt die führenden Funktionäre des MfS mit ihren Lebensgeschichten vor. Manche waren schon am Matrosenaufstand 1918 in Kiel beteiligt, viele bekämpften die Weimarer Republik und gingen in der Hitlerzeit in den Untergrund. Nicht wenige kamen in Konzentrationslager, während andere in die Sowjetunion emigrierten. Während des Krieges stellten sie sich nicht selten in den Dienst der russischen Partisanen oder waren im Fronteinsatz Lautsprecher-Agitatoren gegen die Wehrmachtssoldaten. Die noch heute zu hörenden Behauptungen, kein einziges MfS-Mitglied sei in der NSDAP gewesen, widerlegen die Autoren.

Das „MfS-Lexikon“ ist ein Nachschlagewerk, das für jeden unentbehrlich ist, der über das Thema DDR arbeitet. Es verschweigt indes nicht, dass die strafrechtliche Aufarbeitung der MfS-Verbrechen bis heute, also nach über 30 Jahren, „weitgehend erfolglos“ blieb.


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