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Wunderwerk der gotischen Architektur – Vor 775 Jahren wurde der Grundstein zum Bau des Kölner Doms gelegt
In Köln heißt es: Wenn der Dom fertig ist, geht die Welt unter. Aber da brauchen wir keine Angst zu haben. Die seit 1996 zum Unesco-Weltkulturerbe gehörende Mutterkirche des Erzbistums Köln ist und bleibt eine prunkvolle Dauerbaustelle. Derzeit arbeitet die Kölner Dombauhütte an der Restaurierung des Chores, der noch 90 Prozent der originalen Bausubstanz aufweist. Er ist der älteste Teil des Doms. Hier legte Erzbischof Konrad von Hochstaden am 15. August 1248 den Grundstein zum Neubau des Doms, der etappenweise den an derselben Stelle im 9. Jahrhundert errichteten Vorgängerbau ersetzen sollte.
Bis zur Vollendung des Doms vergingen 632 Jahre. Die Bauarbeiten waren um 1520 aus Geldmangel unterbrochen worden. Denn während der von Martin Luther angestoßenen Reformation ließ der Pilgerstrom zu den im Chor aufbewahrten Reliquien der Heiligen Drei Könige stark nach. Somit fehlten dem Domkapitel die den Pilgern zu verdankenden Einnahmen. Eine nicht zu unterschätzende Rolle spielte auch, dass der gotische Baustil mit seinem Maßwerk, den Fialen genannten Ziertürmchen auf den Strebepfeilern und den Wimperg genannten Schmuckgiebeln längst aus der Mode gekommen war. Erst die Romantiker sorgten für die neue Würdigung der Gotik.
Das kam dem Kunst- und Architekturhistoriker Sulpiz Boisserée zugute, der sich für die Vollendung des Doms stark machte. Für das Projekt gewann er bedeutende Persönlichkeiten, zum Beispiel Goethe, Schinkel sowie den preußischen Kronprinzen und späteren König Friedrich Wilhelm IV. Für die Wiederbelebung der Dombauhütte sorgte ab 1823 der preußische Bauinspektor und Schinkelschüler Friedrich Adolf Ahlert. Er sicherte zunächst die vorhandene Bausubstanz. König Friedrich Wilhelm IV. legte 1842 den Grundstein zur Vollendung des Dombaus. Die war 1880 mit Hilfe von Spendengeldern aus ganz Deutschland vollbracht. Seitdem aber wird saniert, restauriert, an- und umgebaut.
Heilige Könige hinter Panzerglas
Baugerüste und ein wahrer Wald von Fialen bestimmen momentan das äußere Erscheinungsbild des Chorbereichs. Ältester Teil des Bauwerks ist der Kranz von sieben Chorkapellen, der von 1248 bis etwa 1265 errichtet wurde. Auf ihn folgte der Bau des Hochchores. Die Weihe fand 1322 statt. Den zwischen Kapellenkranz und Hochchor angelegten Pilgerweg beschreiten alljährlich um die sechs Millionen Gläubige und Kulturtouristen aus aller Welt. Sie schauen nach rechts und links, oben und unten. Denn überall gibt es erlesene Sakralkunst zu entdecken.
Das älteste Werk ist das von Erzbischof Gero um 970 gestiftete „Gerokreuz“. Es ist die früheste erhaltene großformatige Skulptur der nachantiken Zeit. Erschreckend realistisch hängt Christus als Toter am Kreuz.
Das zweite aus dem alten Dom in den neuen übertragene Werk ist der Dreikönigenschrein. Den schufen die Werkstatt des berühmten Nikolaus von Verdun sowie Mitglieder einer kölnischen und einer maasländischen Werkstatt zwischen 1190 und 1220. Der 2,20 Meter lange Schrein hat die Form einer Basilika und ist das größte erhaltene Werk mittelalterlicher Goldschmiedekunst. Es weist 74 Figuren, mehr als 1000 Perlen und Edelsteine sowie 300 antike Gemmen und Kameen auf.
Die wertvollsten antiken Steinschnitte, etwa die Venusgemme und der Nerokameo, befinden sich an der von König Otto IV. gestifteten Stirnseite. Ihre Reliefs zeigen die Anbetung des Christkindes durch die Heiligen Drei Könige, die Taufe Christi und Christus als Weltenrichter.
An den Langseiten sitzen die Könige David und Salomo sowie Propheten und Apostel. Die auffälligste Gestalt der Rückseite ist die aus der Fassade ragende Halbfigur. Sie stellt den Erzkanzler und Erzbischof Rainald von Dassel dar, der die Gebeine der Heiligen Drei Könige 1164 von Mailand nach Köln überführte. Mit ihnen ruhen die Reliquien der Heiligen Felix, Nabor und Gregor von Spoleto im Dreikönigenschrein, der unter Panzerglas aufgesockelt hinter dem Hauptaltar golden funkelt.
Reserviert für Papst und Kaiser
Die Malerei auf den Chorschranken erzählt die Legenden von Felix, Nabor und Gregor sowie die der Heiligen Drei Könige. Szenen aus dem Leben des Apostelfürsten Petrus, des Papstes Silvester und des Kaisers Konstantin schließen sich an. Damit haben wir Deutschlands größten und anspruchsvollsten Wandmalereizyklus des frühen 14. Jahrhunderts vor uns.
Das 104 Sitze aufweisende, mit figürlichen Schnitzereien geschmückte Chorgestühl aus Eichenholz ist das größte erhaltene des Mittelalters. Für Papst und Kaiser war ein Sitzplatz reserviert. Den nahmen Stellvertreterbildnisse ein, die Papst Silvester und Kaiser Konstantin zeigten. Hauptwerke der Bildhauerei des frühen 14. Jahrhunderts sind die farbenprächtig gefassten Chorpfeilerfiguren. Die schlanken Gestalten in eleganter Haltung stellen Maria, Christus und die zwölf Apostel dar. Über ihnen musizieren Engel.
Als Deutschlands bedeutendstes Bronzebildwerk des 13. Jahrhunderts wird die liegende Grabfigur Konrad von Hochstadens gefeiert. Um 1205 geboren, war er von 1238 bis zu seinem Tod 1261 Kölner Erzbischof. Die Liegefigur zeigt ihn als jungen Mann im Bischofsornat. Den Unterbau seines in der Johanneskapelle aufgestellten Hochgrabes gestaltete der Dombildhauer Christian Mohr 1848. In dessen Nischen stellte er König Wilhelm von Holland, den gelehrten Mönch und Bischof Albertus Magnus und weitere Teilnehmer der Grundsteinlegung von 1248 dar. An der Kopfseite tritt der erste Dombaumeister auf: Gerhard überreicht das Dommodell.
Hier, insbesondere auch in der benachbarten Dreikönigenkapelle und überhaupt in und am Kölner Dom bilden die Werke aus der Zeit der Gotik und ihre neogotischen Ergänzungen des 19. Jahrhunderts eine harmonische Einheit. Bei der Vollendung des Doms orientierten sich die Baumeister Zwirner und Voigtel am vier Meter hohen Aufriss der Westfassade, der aus dem 13. oder 14. Jahrhundert stammt. Von grünen Vorhängen vor schädigendem Lichteinfluss geschützt, hängt dieser berühmte „Riss F“ hinter Konrads Hochgrab an der Kapellenwand.