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Finanzen

Die Krise legt die fehlerhafte Konstruktion des Euro offen

Mögen sie über „Corona-Bonds“ auch streiten: Beim starren Festhalten an der Einheitswährung sind die Euro-Regierungen im Irrtum vereint

Hans Heckel
15.04.2020

Wegen bandenmäßigen Missbrauchs sah sich die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen gezwungen, die Corona-Soforthilfe an geschädigte Unternehmen kurzfristig auszusetzen. Kriminellen war es gelungen, unter Vorspiegelung falscher Tatsachen die für Firmen oder Selbstständige gedachten Gelder für sich abzuzweigen. 

Dass Subventionen missbräuchlich abgeschöpft werden, geschieht leider häufig. Doch was hier unter klarem Bruch der Gesetze passiert ist, versuchen einzelne Regierungen der Euro-Zone im großen Stil auf ganz legale Weise zu etablieren: Sie wollen unter dem Druck der Pandemie-Krise an das Geld der Steuerzahler anderer Staaten, und zwar in bislang nie gekanntem Ausmaß sowie dauerhaft und am besten ohne Bedingungen. Doch damit würde das Königsrecht der demokratischen Parlamente der Geberländer, Deutschland voran, nämlich das Haushaltsrecht, praktisch abgeschafft – und damit ein Kernbestandteil der Demokratie. Die Deutschen müssten zahlen, ohne dass ihre Volksvertreter dies verhindern oder auch nur steuern könnten. 

Vorerst konnten die Zielländer dieses Ansinnens, angeführt vom Regierungschef der Niederlande, Mark Rutte, derlei Forderungen abwehren. Doch selbst in Deutschland wollen die Freunde grenzenloser Umverteilung nicht verstummen, die weiterhin auf eine zweite Chance für die sogenannten „Corona-Bonds“ hoffen. 

Bei allem Verdruss über die „gierigen“ Partner im Süden der Euro-Zone, von denen Italien besonders offensiv mit der Forderung nach dem Geld anderer Länder auftritt, darf eines nicht vergessen werden: Wie schon vor rund einem Jahrzehnt tritt hier abermals die Fehlkonstruktion einer Einheitswährung ins Rampenlicht, die am Ende nur Verlierer kennt. Dennoch sind alle Regierungen, die nun über „Corona-Bonds“ streiten – ob dagegen in Den Haag, Wien oder Berlin oder dafür in Rom, Paris oder Madrid –, in dem Irrtum vereint, diese Währung um buchstäblich jeden Preis erhalten zu wollen. 

Ebenso wie während der Finanz- und Euro-Krise um 2010 hindert der Euro die traditionellen Weichwährungsländer auch in der Corona-Krise daran, das zu tun, was sie vor der Währungsunion immer taten, wenn ihre Wirtschaft in Schieflage geriet: die eigene Valuta abzuwerten. Stattdessen bleibt ihnen nur, durch massive Schuldenanhäufung ihr Land immer tiefer in die roten Zahlen zu treiben, oder auf Hilfszahlungen der einstigen Starkwährungsländer zu pochen – wie jetzt im Gewande der „Corona-Bonds“. 

Die ehemaligen Starkwährungsländer wie Deutschland, die Niederlande und Österreich sollen dann sowohl für die exorbitanten Schulden der Südländer geradestehen als auch durch astronomische Transferzahlungen für deren Probleme aufkommen. Entlarvend ist, dass diese Querfinanzierung auch während der vielen Jahre des Aufschwungs nach der Finanzkrise, der nun abrupt abgewürgt wurde, nicht aufgehört hat. Der Euro musste auch über all die guten Jahre immer wieder durch Eingriffe der EZB „gerettet“ werden. Zudem musste die Zinspolitik so gestaltet werden, dass Italien und Co. ihre Schuldenlast überhaupt tragen konnten, was zur massiven Enteignung deutscher, österreichischer oder niederländischer Sparer führte. 

Kanzlerin Angela Merkel soll bass erstaunt gewesen sein über die Aggressivität, mit der Italiens Premier Giuseppe Conte sie wegen der angeblich mangelnden Solidarität Deutschlands angegangen ist. Doch Contes Erregung ist verständlich, denn wirtschaftliche Fehlkonstruktionen treten meist erst in der Krise in ihrem ganzen Ausmaß zutage – sei es das falsche Geschäftsmodell einer Firma, sei es ein waghalsiges Währungs-Experiment wie der Euro. Die Wirtschaftskrise nach der Corona-Pandemie könnte laut Experten alles in den Schatten stellen, was Europa in Friedenszeiten seit 1932 erlebt hat. Es wäre also Zeit, endlich die Frage zu stellen, wie lange wir an der von Grund auf fehlerhaften Konstruktion des Euro noch festhalten wollen.


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Kommentare

sitra achra am 23.04.20, 12:41 Uhr

Versailles ohne Krieg.
Was wollen wir mehr, als demütig Tribut zu zahlen?

Siegfried Hermann am 15.04.20, 22:03 Uhr

Der 1. EZB-Chef Trichet hatte in einen Interview nach seiner Abdankung freimütig erklärt, dass der Euro von vorn herein zum scheitern GEPLANT war! Und Mitte der 90ziger (!!) die Planungen dazu in ihrer finalen Phase waren.
Warum hat man uns Schlafmichel wohl in einer Volksbefragung darüber nicht abstimmen lassen???.... wie bei allen anderen gescheiterten EU-Projekten.

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