Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
Während die Postkommunisten die Kurven kriegen, zerfleischt die FDP sich selbst
In der letzten Woche ist der Linkspartei das gelungen, was viele lange nicht mehr für möglich hielten. Drei Wochen vor der Bundestagswahl hat sie tatsächlich wieder das Bündnis Sahra Wagenknecht überholt und in einer bundesweiten Umfrage im Auftrag von RTL damit auch die Fünf-Prozent-Hürde übersprungen. Das war ihr zumindest bei RTL-Umfragen im gesamten vergangenen Jahr verwehrt geblieben.
Vor allem bei jungen Wählern kommt die Partei derzeit gut an. In der Altersklasse der 18- bis 29-Jährigen sind Grüne und Linke derzeit fast gleichauf stärkste Parteien. Das liegt auch an der Social-Media-Strategie der Spitzenkandidatin Heidi Reichinnek. Ihre Videos gehen auf der Plattform TikTok viral, wie es neudeutsch heißt. Unterschätzen sollte man das nicht. Auch der AfD-Kandidat Maximilian Krah konnte während des zurückliegenden Europawahlkampfes auf diesem Kanal Stimmen sammeln. Demoskopen tun sich derzeit schwer damit, die Erfolgsaussichten der Postkommunisten nach einer Serie von Wahlniederlagen einzuschätzen. Fest steht nur, sie sind besser geworden.
Ursprünglich war man davon ausgegangen, dass es die „Alten“ richten müssen. Mit der „Aktion Silberlocke“ und der Grundmandatsklausel wollten der 76-jährige Gregor Gysi, der 68-jährige Bodo Ramelow und der 66-jährige Dietmar Bartsch die Partei retten. Dass Gysi im Berliner Osten ein Direktmandat erringt, scheint gesichert. Ramelow hat Chancen, Bartsch eher weniger. In Leipzig könnte es noch Sören Pellmann schaffen.
Die Linke trifft einen Nerv
Aber möglicherweise braucht es diese nach Verzweiflung riechende Aktion gar nicht. Während Reichinnek den Nerv der Großstadtjugend trifft, pflegen Gysi und Co. das soziale Gewissen der Republik. In den urbanen Milieus ist die Linke plötzlich eine Alternative für die, denen die Grünen zu „regierungsgeil“ und die SPD zu altbacken sind. In den ländlichen Gegenden ist die Linke plötzlich wieder eine Alternative für diejenigen, die keine Lust auf eine Juniorpartnerschaft der SPD in einer Großen Koalition haben. „Wir gemeinsam gegen die da oben“, lautet das Wahlprogramm. Und es scheint anzukommen. Als sich die Partei nach der Wagenknecht-Abspaltung gefühlt in der Auflösung befand, hatte sie noch rund 60.000 Mitglieder. Mittlerweile sind es wieder zehntausend mehr. „Es ist unglaublich, was die Klärung unserer Positionen und eine klare Fokussierung für eine Energie freisetzt“, sagte Parteichefin Ines Schwerdtner. „Viele haben offensichtlich nur darauf gewartet, dass es wieder eine Linke mit klarem Kurs gibt, bei der man sich engagieren kann.“ Sollte die Linkspartei tatsächlich in den Bundestag kommen, dafür das BSW nicht, wäre das wohl eine der absurdesten Geschichten des bundesdeutschen Parlamentarismus.
Während sich die Linken berechtigterweise Hoffnungen auf einen Wiedereinzug machen, geht bei der FDP die nackte Angst um. Nach ihrem Zick-Zack-Abstimmungskurs in Sachen Migration sitzt die Partei mal wieder zwischen allen Stühlen. Dabei wollte Parteichef Christian Lindner seine Partei als gemäßigte Alternative zur AfD positionieren und setzte auf die Stimmen frustrierter Bürgerlicher. Doch in liberalkonservativen Kreisen dürfte die FDP einmal mehr als Umfaller gelten. Und in der linksliberalen Großstadt-Schickeria, die mal grün, mal gelb wählt, hat man die Nase über eine gemeinsame Abstimmung mit der AfD gerümpft. Er sei fassungslos über das Abstimmungsverhalten mancher Kollegen, zürnte Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki, nachdem sich mehr als 20 Abgeordnete im Bundestag dem von der CDU eingebrachten „Zustrombegrenzungsgesetz“ verweigerten. Darunter Parteiprominenz wie der stellvertretende Bundesvorsitzende Johannes Vogel oder der niedersächsische Landeschef Konstantin Kuhle. Sie gelten als Sozial-Liberale, die eine zu starke Anbindung an die Union ablehnen. Und eine irgendwie geartete Annäherung an die AfD ist mit ihnen nicht zu machen.
Als vor Jahresfrist eine fragwürdige Recherche über das Treffen von Potsdam für Aufsehen sorgte, schlossen sich an vielen Orten Vertreter der Jungen Liberalen den Antifa-Protesten an. Die Nachwuchsorganisation der FDP war schon immer eine Kaderschmiede der Parteilinken, und Vogel lange Zeit ihr Vorsitzender. Er gilt als potentieller Drahtzieher eines möglichen Aufstandes gegen Lindner. Öffentlich vermeiden Kuhle und Vogel Kritik. Ihre Abwesenheit im Bundestag ließen sie unkommentiert, nahmen Wahlkampftermine wahr, als sei rein gar nichts passiert.
Auf dem Parteitag am letzten Wochenende versammelten sich alle Führungskräfte noch einmal symbolisch hinter dem Chef. Doch alle wissen: Die 11,4 Prozent von 2021 sind Stand heute Utopie. Sollte es die Hälfte werden, würde man das aus dem Stand unterschreiben. Doch Lindner kann es drehen und wenden, wie er will. Er wird am Wahlabend das Gesicht einer Verlierer-Partei sein. Schafft es die FDP doch noch knapp, könnte sich Lindner am Ende eventuell im Amt halten. Auch, weil weder Vogel noch Kuhle als Königsmörder gelten wollen. Doch scheitert die FDP an der Fünf-Prozent-Hürde, dann dürfte ihre Stunde sehr schnell schlagen. Wenn auch in der Rolle der politischen Konkursverwalter.