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Cancel Culture

Die Löschkultur trifft selbst die Queen

Wie Teile der politischen Linken mittels Denkverboten und Zensur versuchen, die britische Geschichte zu tilgen

Claudia Hansen
01.07.2021

Die Cancel Culture (Löschkultur) macht vor nichts und niemandem Halt, selbst nicht vor dem Staatsoberhaupt. Vor Kurzem votierten die älteren Studenten eines der renommiertesten und reichsten Oxford-Colleges dafür, eine große Fotografie von Elizabeth II. aus ihrem Versammlungsraum zu verbannen. Die Königin stehe „für manche Studenten für die koloniale Herrschaft“ und sei deshalb inakzeptabel, begründete die Versammlung des noch im Mittelalter gegründeten Balliol College die Entscheidung. „Einfach absurd“, sagte Bildungsminister Gavin Williamson zum „Canceln“ der Queen.

Angriff auf die britische Geschichte

Der Vorfall, der zur „Times“-Titelgeschichte wurde und hohe Wellen schlug, illustriert das Ausmaß und die Schärfe, die der Kulturkampf und die Cancel Culture in Großbritannien inzwischen angenommen haben. Aktivisten versuchen, mehr oder minder prominente und „umstrittene“ historische oder zeitgenössische Personen auszulöschen.

Meist trifft es Statuen – als erstes die Bronzefigur von Edward Colston, dem Unternehmer und Mäzen in Bristol, der als führendes Mitglied der Royal African Society im späten 17. Jahrhundert am Sklavenhandel beteiligt war. Im Rausch der „Black Lives Matter“-Proteste stürzte ein Mob die Colston-Statue vergangenes Jahr ins Hafenbecken von Bristol. Weitere Persönlichkeiten mit Kolonialverbindungen wurden von Aktivisten attackiert, etwa der Imperialist Cecil Rhodes in Oxford. Manchmal wird auch Sippenhaftung betrieben wie beim liberalen Premier William Gladstone, der nicht selbst, sondern dessen Vater Sklaven besaß. Die Universität Liverpool löschte den Namen „Glad-stone“ von einem Studentenheim. Auch Kunstwerken wie dem großen Wandgemälde aus den 1920ern im Restaurant der Tate Gallery in London, das in einer Ecke eine winzige schwarze Person in Ketten zeigt, droht die ewige Verdammnis; der Raum wurde versiegelt.

Vergangenen Sommer beschmierten Protestler das Podest der Winston-Churchill-Statue vor dem Parlament mit den Worten „... war ein Rassist“. Da hörte für Premierminister Boris Johnson, der ein großer Bewunderer des Kriegspremiers ist, der Spaß auf. Die Regierung Johnson hat beschlossen, sich der Cancel-Culture-Bewegung entgegenzustellen. „Wir werden nicht erlauben, dass die britische Geschichte gecancelt wird“, schrieb Kulturminister Oliver Dowden in einem Gastbeitrag im konservativen „Telegraph“. Er wolle keinen „maoistischen“ Ansatz (Maos Kulturrevolution wollte alles Alte auslöschen). Die Museen und Kultureinrichtungen, die vom Staat Geld erhalten, sollten, so Dowdens Ansicht, nicht von einer linksliberalen „Metropolen-Blase“ gesteuert werden.

Widerstand seitens der Regierung

Bildungsminister Gavin Williamson hat den lautstarken „progressiven“ Zensoren und Cancel-Culture-Aktivsten an den Universitäten den Kampf angesagt. Werden eingeladene Redner aufgrund von Protesten ausgeladen, sollen sie künftig auf Schadenersatz klagen können. Die Liste der verhinderten Vorträge ist inzwischen lang. Darauf stehen erstaunlich viele Feministinnen, die quer zu den Transgender-Dogmen stehen, wonach das biologische Geschlecht praktisch gar nicht existiere oder irrelevant sei.

Im Parlament fällt die „Gleichheitsministerin“ Kemi Badenoch immer wieder mit scharfem Widerspruch gegen die linken „Progressiven“ auf. Badenoch, die in Nigeria aufwuchs, hat sich dem Kampf gegen den neulinken, anti-weißen Neo-Rassismus verschrieben, der im Gewand der „Critical Race Theory“ daherkommt. Nach dieser Theorie sind alle Weißen das Produkt einer rassistischen Gesellschaft und fast schon genetisch Rassisten und somit schuldig, während die Schwarzen einen angeborenen Opferbonus erhalten.

Seit „Black Lives Matter“ ist auch das Gerede von „Weißen Privilegien“ lauter geworden. Auch an Schulen wird die These vom „White Privilege“ inzwischen gelehrt. Dabei ist es undifferenziert und vernebelt tatsächliche soziale Spaltungen in der britischen Gesellschaft. Ganz unten sind nämlich nicht nur die Schwarzen oder ethnischen Minderheiten, sondern in Teilen des Landes ist eine sozial abgehängte weiße Arbeiter- und Unterschicht entstanden, der es schlechter als den Zugewanderten geht. Ein vor zwei Wochen publizierter Bericht des Bildungsausschusses des Unterhauses zeigte etwa, dass es Kinder dieser weißen Unterschicht nur sehr selten (und seltener als Schwarze) auf die Universität schaffen. „Was diese weißen Kinder erleben, ist das genaue Gegenteil von Privilegien“, sagte der Ausschussvorsitzende Robert Halfon. Sofort folgte ein Aufschrei linker und schwarzer Aktivisten, die ihm einen „Culture War“, Rassismus und Spaltung der Gesellschaft unterstellten.

Verliert die Linke den Kulturkampf?

Dabei ist die Johnson-Regierung bemerkenswert wach und entschlossen, keine Verdrehung der Verhältnisse zuzulassen. Jedem nicht voreingenommenen Beobachter ist klar, dass die Linke den Kulturkampf begonnen hat. Dazu gehört nicht nur der Kampf gegen die Vergangenheit des Landes, sondern auch der zunehmend bizarre Geschlechterkrieg der LGBT-Bewegung (Lesben, Schwule, Bi- und Transsexuelle).

Nun gibt es in der Linken allerdings Sorgen, dass sie den Kulturkrieg verlieren könnten, weil die schrillen „progressiven“ Aktivisten in der breiten Mitte der Gesellschaft wenig Begeisterung erzeugen. Bei den Wahlen haben die Konservativen in alten Industrieregionen gewonnen, Labour wird praktisch nur noch von jungen urbanen Milieus gewählt.


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Kommentare

Bernd Ueffing am 05.07.21, 11:02 Uhr

Das britische und das niederländische Königshaus gehörten von Anfang an zu den Befürwortern der Neuen WeltOrdnung und zu den Unterstützern von Klaus Schwab und seinem WEF.
Das hätte die Königin voraussehen können, das sie nicht ungeschoren davonkommen wird.

sitra achra am 05.07.21, 10:24 Uhr

Die Geschichte zu negieren und die Natur des Menschen zugunsten einer niemals erfüllbaren Zukunftsvision eines gerechten Imperiums ist das Markenzeichen des Kommunismus. Was nicht in diese Schizophrenie passt, wird liquidiert oder gelöscht.

Michael Holz am 04.07.21, 14:12 Uhr

@ Vergangenen Sommer beschmierten Protestler das Podest der Winston-Churchill-Statue vor dem Parlament mit den Worten „... war ein Rassist“.
Na ja, ich koente noch hinzufuegen ... und ein Deutschenhasser.
Diese Neurassisten machen vor nichts halt, auch nicht vor der alten Frau aus dem Buckingham Palast.

Tom Schroeder am 02.07.21, 22:26 Uhr

Ich sage denjenigen, die mich für meine geäußerte Meinung als "rechts" bezeichnen: "Stellt mich noch weiter in die rechte Ecke und ich bleibe drin stehen!". Oder wenn man mich sehr selten als "Nazi" bezeichnet: "Ihr wisst ja gar nicht was Nazis sind - die reden nicht mit Euch, sondern schlagen euch gleich tot!". Sinn der Übung ist es, diesen Leuten klar zu machen, dass durch ihre pauschale Verurteilung anderer gar nicht radikaler Meinungen das "Tabu" nach rechts-außen unnötigerweise bereits bei als überschritten bezeichnet wird und es damit auf die Dauer wirkungslos gemacht wird. So öffnet man den Rechtsradikalen auf der anderen Seite der "Tabu-Wand" die Türe zum konservativen Bürgertum - also genau die "Scharnierfunktion", die an andere Stelle berechtigterweise gebrandmarkt wird. Zu dumm zum ordentlichen Diskutieren diese Links-grünen Ideologen!

Bernd Wegter am 01.07.21, 08:48 Uhr

Wie sagte Heinz Erhardt so schön:
Früher war alles Gut, heute ist alles Besser.
Es wäre Besser, wenn alles wieder Gut wird.

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