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Parteiensystem

Die Mehrheiten für eine andere Politik sind da

Die jüngste Abstimmung im Thüringer Landtag zeigt einmal mehr, dass die Deutschen dem dilettantischen Agieren der „Ampel“ nicht ausgeliefert sein müssen

Klaus Kelle
21.09.2023

Die Abstimmung im Thüringer Landtag über eine Senkung der Grunderwerbsteuer war eigentlich keine große Sache. Es ging um 50 Millionen, und die Eltern mit Kindern, die zukünftig ein Anrecht auf die Entlastung haben, freuen sich sicher. Die CDU hatte den Antrag auf Steuerentlastung gestellt, was ihr gutes Recht ist. Und die Älteren werden sich noch erinnern, dass die Christdemokraten in der guten alten Zeit häufig Gutes für Familien mit Kindern getan haben. Doch dieses Mal war die Empörung groß.

Der Grund: Die Mehrheit im Hohen Haus in Erfurt kam zustande, weil neben der FDP auch die AfD dem CDU-Antrag zugestimmt hatte. Die AfDeeeee! Darf man denn mit denen zusammen abstimmen, wird sich mancher fragen, der am nächsten Tag die erzürnten Kommentare in den Medien sowie von grünen und roten Politikern verfolgte.

Ausloten, was geht – und was nicht
Die Antwort: Ja, man darf das, und vielleicht muss man das sogar. Denn die Ausgrenzung der rechten Partei pervertiert seit drei Jahren den Wählerwillen im Osten der Republik, nicht nur in Thüringen. Unvergessen der Coup, als CDU, FDP und AfD am 5. Februar 2020 mit einer Stimme Mehrheit den linken Ministerpräsidenten Bodo Ramelow stürzten und den FDP-
Politiker Thomas Kemmerich zum neuen Ministerpräsidenten wählten.

Zwar nur für zwei Tage, weil die damalige mächtige Bundeskanzlerin von Südafrika aus dazu aufrief, die Wahl mit dem unerwünschten Ergebnis „rückgängig“ zu machen. Gleichwohl blitzte für alle sichtbar auf, was möglich ist, wenn man die vom politischen Establishment verordnete „Brandmauer“ niederreißt oder wenigstens nicht mehr beachtet.
Denn die Mehrheiten sind da für eine andere Politik in Deutschland. Im Osten allemal, aber bei vielen Themen eben auch im Westen und in ganz Deutschland.

Um eine andere Politik durchzusetzen, müssen zwei Dinge geschehen. Das eine: Die Grünen müssen aus möglichst vielen Regierungen herausgewählt werden. Und das zweite: CDU und AfD müssen endlich miteinander sprechen und ausloten, was machbar ist und was nicht.

Anders geht es nicht. Die AfD ist ein politischer Machtfaktor geworden. So lange Union und FDP akzeptieren, dass man mit diesen bösen Rechten nicht einmal sprechen und schon gar nicht kooperieren darf, hat die Union nur linke Machtperspektiven – außer im Freistaat Bayern. Für alle anderen gilt: Wenn wir uns die AfD einfach wegdenken, reicht es rechnerisch nur mit Grünen oder Roten. Dann gibt es aber keine andere Politik, die unser Land unbedingt nötig hat.

Die CDU, einst Volkspartei der Mitte, hat die Wahl. Sie kann Grüne, Sozialisten und SED-Nachfolger stoppen – und zwar jetzt und sofort. Oder sie kann sich weiter anpassen, den verhängnisvollen Ampel-Kurs demütig mittragen und weitere schwere Schuld für den Abstieg unseres Landes tragen.

Keine leichte Aufgabe für CDU-Chef Friedrich Merz, der nach seiner Wahl zum Vorsitzenden im dritten Anlauf nicht müde wird, immer und immer wieder zu bekunden, dass es keine Zusammenarbeit seiner Partei mit der AfD geben werde.

Aber wie soll das funktionieren, wenn im Osten AfD-Politiker inzwischen in kommunale Spitzenämter gewählt werden? Wenn dann der Landrat des Kreises Sonneberg einen CDU-Bürgermeister anruft, um über den Ausbau einer Kreisstraße zu sprechen, muss dieser dann grußlos auflegen und sich bekreuzigen? Merz weiß ebenso wie sein Generalsekretär Carsten Linnemann, dass das nicht durchzuhalten ist. Im Osten nicht wie im Westen und letztlich auch auf Bundesebene nicht.

Es ist also an der Zeit, dass „Schwarze“ und „Blaue“ ins Gespräch miteinander kommen. Dafür müssen sie sich nicht gleich in die Arme fallen, denn gerade in den östlichen Bundesländern sind AfD-Funktionäre allerorten anzutreffen, die in einem kollektiven Stockholm-Syndrom die Unterdücker von einst preisen. Gerade hier findet man bei der AfD Menschen, die den Sozialismus gut finden, wenn man einfach „patriotisch“ davor schreibt. Mit solchen Leuten wird die Union niemals kooperieren und niemals andere Mehrheiten bilden können. Aber gleichzeitig kann sie nicht die Protagonisten der schlechtesten Bundesregierung seit 1949 einfach weitermachen lassen.

Parteiensystem im Umbruch
In Deutschland entwickelt sich eine historisch bemerkenswerte Situation. Ende Oktober wird sich Sahra Wagenknecht daran machen, eine neue Partei auf die Beine zu stellen. In Bayern können die Freien Wähler nach der medial aufgeblasenen Aiwanger-„Affäre“ vor Kraft kaum noch laufen und werden demnächst bei der Landtagswahl ein Rekordergebnis einfahren. Und dann gibt es da noch die kleine bürgerlich-konservative Partei namens „Bündnis Deutschland“. Die hat bei den Bürgerschaftswahlen im kleinsten Bundesland Bremen 9,5 Prozent eingefahren und sitzt jetzt in Fraktionsstärke im Parlament. So werden wir alle Zeugen eines seit 1945 nie dagewesenen Umbruchs im deutschen Parteiensystem. Und Union und SPD stehen staunend am Spielfeldrand und wissen nicht, was sie tun sollen.

Wenn Friedrich Merz nicht den Niedergang seiner traditionsreichen und einst stolzen Volkspartei hinnehmen will, dann muss er jetzt die Zügel fest in die Hand nehmen. Besser noch den Telefonhörer und zum Beispiel Alice Weidel anrufen, um mit ihr ein Gespräch zu vereinbaren. Oder wenigstens seinen Parteifreund Hans-Georg Maaßen, der für viele CDU-Mitglieder der letzte Grund ist, warum sie überhaupt noch Parteimitglied sind.

Es geht hier nicht mehr darum, bei „Lanz“ oder „Will“ gut auszusehen. Oder beim „Spiegel“ und der „Süddeutschen Zeitung“ gnädig davonzukommen. Es geht um unser Land, es geht um die Zukunft unserer Kinder. Und da richtet diese Bundesregierung mehr Schaden an als die ganze AfD seit ihrer Gründung.


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Kommentare

Michael Holz am 21.09.23, 21:12 Uhr

"Es geht hier nicht mehr darum, bei „Lanz“ oder „Will“ gut auszusehen. Oder beim „Spiegel“ und der „Süddeutschen Zeitung“ gnädig davonzukommen. Es geht um unser Land, es geht um die Zukunft unserer Kinder. Und da richtet diese Bundesregierung mehr Schaden an als die ganze AfD seit ihrer Gründung."
Dem ist nichts mehr hinzu zu fügen Herr Kelle. Ich befürchte nur, der Black-Rock-Agent hat zur Zeit sein Handy verloren oder Onkel Sam hat mit dem Zeigefinger gedroht und gesagt, "Das macht man nicht!" Im Übrigen: Welchen Schaden hat die AfD angerichtet? Das würde mich interessieren.

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