11.01.2025

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Umstritten: Remigijus Žemaitaitis
Bild: imago/XinhuaUmstritten: Remigijus Žemaitaitis

Litauisches Parlament

Die „Morgenröte Memels“ zog in den Seimas

Die als populistisch geltende Partei wurde drittstärkste Kraft – Vorsitzender wegen antisemitischer Äußerungen in der Kritik

Bodo Bost
11.01.2025

Die Partei „Morgenröte Memels “ („Nemunas aušra“) wurde im November 2023 in Memel gegründet. Bei den Parlamentswahlen im Oktober 2024 wurde sie auf Anhieb drittstärkste Kraft. Seit Dezember ist sie Teil der litauischen Regierung. „Morgenröte Memels stützt ihre politische Tätigkeit auf die Prinzipien des Liberalismus, die sich aus der Tradition der klassischen und neuzeitlichen politischen Philosophie und der in der christlichen Kultur geformten Vorstellung vom Individuum und dem Gemeinwohl ableiten“, so heißt es auf der Homepage der neuen Partei.

Der Name der Partei symbolisiert den Memelfluss [Nemunas], den längsten Fluss der Republik Litauen. Die Memel wird von Flüssen aus Žemaitija, Suvalkija und Dzūkija gespeist, das sind die drei Landesteile Litauens. Die Symbolik Oberlitauens [Aukštaitija] ist im Parteiem-blem abgebildet. Das Wort „Morgenröte“ symbolisiert das Memelgebiet, das mit den Büchern „Morgenröte“ von Jonas Basanavičius und „Glocke“ von Vincas Kudirka verbunden ist. Mit Memel ist nicht nur der Fluss gemeint, sondern auch die Stadt Memel [Klaipeda]. Im Grunde ist die Partei, die in der am 12. Dezember vereidigten, neuen Regierung drei Experten-Minister stellt, eine Partei des Memellandes, denn drei der vier Spitzenpolitiker der Partei kommen aus dem Memelland.

Am 11. November 2023 fand der Gründungskongress der neuen Partei statt, und der umstrittene Politiker Remigijus Žemaitaitis aus dem benachbarten Heydekrug [Šilutė] wurde ihr Vorsitzender. Zur Gründungsversammlung waren 270 Delegierte erschienen, die von fast 3000 Gründungsmitgliedern der Partei ermächtigt wurden, die Partei „Morgenröte Memels“ zu gründen. Žemaitaitis wurde in geheimer Wahl zum Vorsitzenden der Partei gewählt.

Žemaitaitis wurde 1982 in Heydekrug geboren. Nach dem Abitur am Gymnasium Heydekrug studierte er Jura in Wilna. Als Jurist ist er spezialisiert auf Handelsrecht. Er war als Berater des Wilnaer Bürgermeisters Wilna, Juozas Imbrasas tätig, arbeitete als Berater der litauischen Mitglieder des EU-Parlaments Rolandas Paksas und Juozas Imbras. Von 2009 bis 2024 war er selbst Mitglied des litauischen Parlaments, von 2018 bis 2019 als Stellvertretender Vorsitzender des „Seimas“ genannten Parlaments. Von 2009 bis 2016 war Žemaitaitis Vorsitzender des Ortsverbandes Schillehnen [Šilalė] der Partei „Ordnung und Gerechtigkeit“, von 2016 bis 2020 Vorsitzender der Gesamtpartei, und von 2020 bis 2022 Vorsitzender der Partei „Freiheit und Gerechtigkeit“. Zwei der drei Stellvertretenden Parteivorsitzenden kommen ebenfalls aus dem Memelland: Lina Šukytė-Korsakė war zuvor Vizebürgermeisterin von Memel, Daiva Žebelienė kommt ebenfalls aus Heydekrug.

Zwischen Mai und Juni 2023 postete Žemaitaitis vier antisemitische Kommentare auf Facebook, die von Politikern, der jüdischen Gemeinschaft Litauens und einer Reihe von Botschaftern in Litauen scharf kritisiert wurden. Litauen war in den 1920er Jahren das Land Europas mit dem höchsten Bevölkerungsanteil an Juden. Ende April 2024 trat der Politiker von allen Ämtern zurück, und im Mai entschied das litauische Verfassungsgericht, dass er gegen die Verfassung des Landes verstoßen habe. Dennoch nahm Žemaitaitis an den Präsidentschaftswahlen 2024 teil und erreichte mit 9,28 Prozent der Stimmen den dritten Platz.

Nach den Wahlen vom Oktober 2024 ging die Partei „Morgenröte Memels“ eine Koalition mit den Sozialdemokraten und der DSVL, der Demokratenunion, ein. Präsident Gitanas Nausėda sagte zwar, er sehe Žemakaitis nicht als Vizepremier in der künftigen Regierung, da dies Probleme wegen seiner Antisemitismusbelastung bei der Umsetzung einer „aktiven und effektiven“ Außenpolitik verursachen könnte. Um eine handlungsfähige Regierung zu bilden, musste Premierminister Gintautas Paluckas aber auf Žemakaitis zurückgreifen. Eine Partei, die den Namen „Memel“ im Namen führt, hat es in Litauen seit den 1920er Jahren, als dieser Namen für die deutschstämmigen Bewohner des Memelgebiets stand, nicht mehr gegeben.


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