13.12.2024

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Oberpräsidenten in Ostpreussen

Die obersten Repräsentanten der Krone

Die Vertreter des Königs kontrollierten in der Provinz die Provinzialverwaltung

Wolfgang Kaufmann
06.05.2024

Wie in jeder anderen preußischen Provinz gab es in Ostpreußen beziehungsweise Preußen zwischen 1808 und 1945 einen Oberpräsidenten. Dieser residierte in Königsberg, wo er als oberster Repräsentant der Krone beziehungsweise der Staatsgewalt fungierte und den Regierungspräsidenten sowie die Provinzialverwaltung kontrollierte. Das Amt wurde im Laufe der Zeit von ganz unterschiedlichen Persönlichkeiten ausgeübt.

Der erste ostpreußische Oberpräsident war Hans Jakob von Auerswald, der zu den wichtigsten Verfechtern der Stein-Hardenbergschen Reformen zählte und 1813 großen Anteil am Beginn des Befreiungskampfes gegen Napoleon hatte.

Umsetzer der Stein-Hardenberg-schen Reformen
Ihm folgte 1824 Theodor von Schön, ein freisinniger Kantianer und Förderer der litauischen Kultur in Ostpreußen. Er schied 1842 wegen Meinungsverschiedenheiten mit König Friedrich Wilhelm IV. aus dem Staatsdienst. Danach amtierte der Verwaltungsjurist Carl Wilhelm Bötticher in Königsberg, bis er im Zuge der Märzrevolution von 1848 zurücktrat. Anschließend ernannte der König Rudolf von Auerswald zu Böttichers Nachfolger. Der Sohn des ersten ostpreußischen Oberpräsidenten und bekennende Liberale wechselte allerdings schon 1850 in die Politik und avancierte 1858 zum stellvertretenden preußischen Ministerpräsidenten im Kabinett des Karl Anton von Hohenzollern-Sigmaringen.

Der nächste Oberpräsident in Ostpreußen war der Konservative Franz August Eichmann, der das gleiche Amt bereits in der Rheinprovinz ausgeübt hatte. Unter seiner Ägide erfolgte der Ausbau der Königlich Preußischen Ostbahn bis zur russischen Grenze. Als er sich Ende 1868 ins Privatleben zurückzog, trat Karl von Horn an seine Stelle. Dieser ehemalige Ministerialbeamte wurde 1882 auf Betreiben des preußischen Ministerpräsidenten und Reichskanzlers Otto von Bismarck in den Ruhestand versetzt.

Von Otto von Bismarck in den Ruhestand versetzt
Danach kam der bisherige Unterstaatssekretär im Berliner Innenministerium Albrecht von Schlieckmann nach Königsberg. Dessen Amtszeit endete 1891 – woraufhin er wenig später starb. Als Nachfolger Schlieckmanns fungierte Udo Graf zu Stolberg-Wernigerode, ein Generalmajor der preußischen Armee und Abgeordneter des Deutschen Reichstages, der nach seinem Weggang aus Ostpreußen im Jahre 1895 noch bis zum Reichstagspräsidenten aufstieg.

Die nächsten drei ostpreußischen Oberpräsidenten trugen allesamt prominente Namen. Da war zuerst Wilhelm Graf von Bismarck-Schönhausen, der jüngere Sohn des „Eisernen Kanzlers“. Er starb 1901 an einer Bauchfellentzündung. Dann bekleidete Hugo Samuel Freiherr von Richthofen aus der Offiziers-, Entdecker- und Diplomatenfamilie Richthofen bis 1903 das höchste Amt in Ostpreußen. In seine Fußstapfen trat Friedrich von Moltke, ein Bruder des preußischen Generalstabschefs Helmuth Johannes Ludwig von Moltke, der nach seiner Zeit in Königsberg im Juni 1907 preußischer Innenminister wurde.

Zwischen 1907 und 1914 amtierte Ludwig von Windheim als Oberpräsident der Provinz, wonach das Amt an Adolf Tortilowicz von Batocki-Friebe ging. Dieser zeigte großes Geschick bei der Beseitigung der Folgen der russischen Invasion Ostpreußens zu Beginn des Ersten Weltkrieges, weswegen ihn die Reichsregierung 1916 zum Chef des neu gebildeten Kriegsernährungsamtes ernannte. Seine Nachfolge trat Friedrich von Berg an, ein Jugendfreund von Kaiser Wilhelm II., der den Monarchen duzte und mit „Monzi“ ansprach. Der extrem konservative Be-amte stieg im Januar 1918 zum Chef des Geheimen Zivilkabinetts in Berlin auf, woraufhin von Batocki-Friebe erneut den Posten des ostpreußischen Oberpräsidenten übernahm – allerdings nur bis zu seinem Rücktritt im Juni 1919 aus Protest gegen das Diktat von Versailles.

Batocki-Friebes Rücktritt aus Protest gegen das Diktat von Versailles
In Reaktion hierauf entsandte die Reichsregierung unter Gustav Bauer den bisherigen Generalbevollmächtigten für die besetzten baltischen Länder August Winnig nach Königsberg. Der SPD-Politiker unterstützte jedoch den Kapp-Putsch gegen die SPD-geführte Regierung in Berlin und wurde deshalb im März 1920 seines Postens enthoben.
Dieser ging am 6. April 1920 an Ernst Siehr von der Deutschen Demokratischen Partei (DDP). In dessen Amtszeit fielen die Volksabstimmungen in Masuren und Westpreußen über die Zugehörigkeit zum Deutschen Reich oder zu Polen.

Außerdem initiierte Siehr das Ostpreußenprogramm und die Osthilfe zum Ausgleich der Strukturnachteile der nun vom Reich abgekoppelten Provinz. Er trat im September 1932 wegen Differenzen mit der neuen preußischen Regierung zurück.

Ihm folgte der bisherige Geschäftsführer des Deutschen Landwirtschaftsrates Wilhelm Kutscher, der aber bereits im Sommer 1933 dem NSDAP-Gauleiter Erich Koch weichen musste. Koch avancierte nachfolgend zum mächtigsten Mann in Ostpreußen und amtierte unter anderem auch noch als Präses der Provinzialsynode der Kirchenprovinz Ostpreußen, Reichsverteidigungskommissar für Ostpreußen sowie Chef des Volkssturms im Gau Ostpreußen.

Kochs Amtszeit endete am 27. April 1945 mit seiner Flucht vor der anrückenden Roten Armee über die Ostsee nach Saßnitz und weiter nach Flensburg.


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