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Die Peanuts werden 75

Eine launig-spaßige Odyssee durch Misserfolge, Phantasie und ewigen Charme – Ihr Schöpfer hatte deutsche Wurzeln

Jens Eichler
19.09.2025

Vom Leben gezeichnet – kein Spruch trifft eine der wohl ikonischsten Comic-Serien der Welt besser als dieser. Die Rede ist von den Peanuts, gezeichnet von Charles M. Schulz. Am 2. Oktober feiern die „großartigsten Erdnüsse“ ihren 75. Geburtstag. Ach du Schreck, hört sich das alt und pessimistisch an. Machen wir es an dieser Stelle doch lieber etwas positiver und feierlicher: Es ist ihr 75. Jubiläum. Hurra! Seit dem ersten Strip im Jahr 1950 haben Charlie Brown, Snoopy und ihre Freunde Generationen zum Lachen, zum Nachdenken und manchmal auch zum Weinen gebracht. Wer kennt nicht Charlie Browns verzweifelten Versuch, einen Football zu kicken, nur um wieder auf dem Rücken zu landen? Seine ebenso engagierten wie erfolglosen Versuche, beim Baseball endlich mal einen Ball mit der Holzkeule zu treffen, um ins Team zu kommen. Oder Snoopys epische Kämpfe gegen den Roten Baron auf seinem Hundehütten-Dach? Die naseweisen Philosophien von Lucy und die Lebensthesen vom Klavier spielenden Schröder?

Peanuts, das ist mehr als nur ein Comic – es ist ein Spiegel der menschlichen Seele, verpackt in kindliche Unschuld und trockenen Humor, stets garniert mit etwas Ironie, Satire und Süffisanz. Die Peanuts blicken dabei auf eine außergewöhnliche Entstehungsgeschichte zurück, geprägt von persönlichen Erlebnissen, gesellschaftlichen Beobachtungen und feinster Komik. Diese ebenso einzigartige wie tiefgründige Comicserie beleuchtet das Leben in all seine Facetten und schenkt damit den Gedanken ihrer Figuren eine bemerkenswerte Perspektive.

Ihr Erschaffer ließ dabei viele eigene Erfahrungen in seine Arbeit einfließen und schuf damit Charaktere, die bis heute Menschen weltweit berühren. Hinter jeder Figur stehen Inspirationen aus Schulz' persönlichem Umfeld, jede Pointe ist mehr als nur ein bloßer Gag – sie ist oft ein Widerhall menschlicher Gefühle und alltäglicher Herausforderungen. Die Peanuts behandeln Themen wie Freundschaft, Zweifel, Hoffnung und das Scheitern – stets mit einer Mischung aus Melancholie und Witz. Kein Wunder also, dass die Serie zu einem globalen Phänomen wurde, das Generationen bis heute begeistert. Ihre Erfolgsgeschichte ist so facettenreich und überraschend wie ein verhedderter Drachenfaden an einem windigen Tag.

Der schüchterne Träumer
Charles Monroe Schulz, geboren am 26. November 1922 in Minneapolis, Minnesota, war von klein auf ein Kind mit großen Träumen und einer noch größeren Portion Schüchternheit. Sein Vater Carl, ein deutscher Immigrant und Friseur, und seine Mutter Dena mit norwegischer Abstammung nannten ihn schon bald „Sparky“ – nach dem Comic-Pferd „Spark Plug“ aus der Comic-Serie Barney Google. Dieser Spitzname sollte fortan sein Leben prägen, denn Comics waren Schulz' Leidenschaft. Als Junge verschlang er Zeitungsstrips wie Skippy oder Popeye und zeichnete dabei selbst unermüdlich. Im Alter von erst 15 Jahren veröffentlichte er sein erstes Bild: Eine Skizze seines Hundes Spike, der später seine weltberühmte Figur Snoopy inspirieren würde.

Schulz' Kindheit war geprägt von Unsicherheiten. Er war ein durchschnittlicher Schüler, der oft übersehen wurde – eine Erfahrung, die später in Charlie Browns Charakter einfließen würde. In der High School scheiterte er in mehreren Fächern, und seine Zeichnungen wurden vom Jahrbuch-Team abgelehnt. Doch er gab nicht auf. Per Fernkurs lernte er das Zeichnen von der Pike auf mit professioneller Attitüde bei den Art Instruction Schools in Minneapolis, wo er später sogar selbst unterrichtete. Der Zweite Weltkrieg unterbrach seine ambitionierten Karrierepläne: Schulz diente in der U.S. Army, wurde Maschinengewehrschütze und war an der Befreiung des Konzentrationslagers Dachau beteiligt. Auch diese Erlebnisse hinterließen tiefe Spuren in seinem Gemüt – Themen wie Krieg und Verlust tauchen subtil bei den Peanuts immer wieder auf, etwa in Snoopys Phantasien als Flieger-Ass.

Mit dem Namen gehadert
Nach dem Krieg kehrte Schulz nach Minnesota zurück und begann, seine selbst ausgedachten und gezeichneten Comics zu verkaufen. Seine erste Serie hieß „Li'l Folks“ und erschien von 1947 bis 1950 in der „St. Paul Pioneer Press“. Hier tauchten bereits Elemente auf, welche die Peanuts später definieren würden: Ein Junge namens Charlie Brown und ein Hund, der Snoopy stark ähnelte. Schulz schickte seine Arbeiten an Verlage – und United Feature Syndicate nahm ihn kurz darauf tatsächlich unter Vertrag. Allerdings unter einer Bedingung: Der Name musste geändert werden, da Li'l Folks zu ähnlich zu anderen Comics klang. So wurden die Peanuts geboren, inspiriert vom „Peanut Gallery“, der TV-Show Howdy Doody. Das Kuriose trotz des unglaublichen Erfolgs: Comiczeichner Schulz hasste den Namen bis zuletzt. „Es klingt so unbedeutend, genauso dämlich wie Erdnüsse nun einmal sind“, soll er einmal gesagt haben.

Der erste Peanuts-Strip erschien am 2. Oktober 1950 gleich in sieben Zeitungen. Er zeigte Charlie Brown, der von zwei Kindern begrüßt wird: „Good ol' Charlie Brown ... How I hate him!“ („Guten Morgen lieber Charlie Brown ... man, wie ich ihn hasse) – ein Vorgeschmack auf die Serie voller Misserfolge und Ironie. Anfangs war der Stil einfach: Runde Köpfe, dicke Linien, Fokus auf Kinder. Schulz zeichnete jeden Strip selbst – kein Assistent half bei den fast 18.000 Episoden über 50 Jahre. Seine Motivation; „Ich wollte einfach etwas zeichnen, das hoffentlich lustig ist“, sagte er.

Schulz' Privatleben spiegelte sich dabei in der Serie wider. Seine erste Ehe mit Joyce Halverson (1951–1972) brachte fünf Kinder, und jede Menege Familienanekdoten sollten auf einmal mit in seine Werke einfließen. Joyce inspirierte beispielsweise Lucy's dominante Art, und ihre Scheidung im Jahr 1972 beeinflusste ab diesem Zeitpunkt etwas melancholischere Strips. Später heiratete er Jean Forsyth, die ihn bis zu seinem Tod 2000 unterstützte. Schulz' Inspirationen kamen aus dem Alltag: Sein Hund Spike wurde zu Snoopy, eine Cousine Patricia Swanson zu Peppermint Patty, und ein Freund aus der Kunstschule zu Charlie Brown. Sogar das kleine Rote-Haarige-Mädchen, Heather Wold, das von Charlie Brown imaginär angehimmelt wird, basierte auf Donna Johnson, die Schulz' Heiratsantrag ablehnte – für ihn ein herzzerreißender Moment, der damit Browns Liebeskummer widerspiegelt.

Charaktere wie aus dem Leben
In den 1950er Jahren wuchs der Erfolg der Peanuts eher langsam – aber stetig. Schulz experimentierte mit Formaten: Von vier Panels zu dreien, und die Charaktere reiften zusehends. Die 1960er Ära war das Goldene Zeitalter – neue Figuren wie Peppermint Patty kamen hinzu, und die behandelten Themen vertieften sich. Schulz arbeitete dabei extrem diszipliniert: Fünf Wochen im Voraus, immer auf der Suche nach dem perfekten Gag. Seine Philosophie: Kinder als Vehikel für erwachsene Themen, weil sich „Kinder-Comics besser verkaufen“. Doch die Peanuts waren nie nur für Kinder – es war eine tiefsinnige Meditation über das Leben.

Die Peanuts drehten sich um eine Gruppe von Kindern in einer suburbanen Welt, wo Erwachsene nie zu sehen sind – eine clevere Metapher für die Hilflosigkeit der Jugend. Im Zentrum steht der Antiheld Charlie Brown: Der ewige Verlierer mit Glatze (obwohl er acht Haare hat), der nie einen Baseball gewinnt oder einen Drachen fliegen lässt. „Good grief!“ (Ach, du meine Güte) ist sein ständiges Markenzeichen. Dabei sah Schulz sich in seiner schusselig-sympathischen Hauptfigur selbst: „Charlie Brown ist wie ich – einer, der immer scheitert.“ Seine Unfähigkeit, den Football zu kicken, den Lucy immer wegzieht, symbolisiert vergebliche Hoffnungen. Doch Charlie gibt nie auf – eine Lektion in Resilienz.

Snoopy, der Beagle, ist der Star: Zuerst ein normaler Hund, entwickelte er sich zu einem Phantasie-Meister. Als „Weltkriegs-Flieger-Ass“ kämpft er gegen den Roten Baron, als Joe Cool posiert er cool, und mit Woodstock, dem gelben Vogel, teilt er seine wilden Abenteuer. Snoopy basiert auf Schulz' Kindheitshund Spike, der Erdnüsse fraß (vielleicht ein weiteres Indiz für den Namen seiner Comicserie). Seine Popularität explodierte: Die NASA nannte Raumschiffe nach ihm, und er wurde sogar ein MetLife-Maskottchen.

Eine bunte Truppe
Lucy van Pelt ist die „Klugscheißer-Königin“, eine weibliche Besserwisserin par excellence: Sie betreibt eine Psychiatrie-Bude für fünf Cent pro Beratung und quält irgendwie alle – besonders ihren Bruder Linus.

Linus ist der Intellektuelle im Team mit der Schmusedecke, zitiert gern – und oft – die Bibel und wartet auf den Großen Kürbis.

Und dann wäre da noch Schroeder, der große Beethoven-Fan, der Lucys ständige Avancen am Klavier eiskalt ignoriert und einfach „wegredet“.

Pig-Pen ist ewig schmutzig, Franklin – eingeführt 1968 nach dem Mordanschlag auf Martin Luther King – bringt Diversität. Peppermint Patty nennt Charlie „Chuck“ und heißt eigentlich Patricia Reinhardt. Sie ist mit Marcie, der Brillenträgerin, unzertrennlich – Spekulationen über eine Art „Beziehung“ halten bis heute geradezu hartnäckig an.

Von Misserfolg zur Philosophie
Die Peanuts sind kein bloßer Slapstick; sie sind vielmehr philosophisch. Themen wie Einsamkeit, Angst und Imagination durchziehen die Strips. Charlie Browns Misserfolge spiegeln existentielle Kämpfe wider: „Warum kann ich nicht einfach glücklich sein?“ Schulz adressierte und verarbeitete dabei soziale Aspekte sehr subtil: Franklins Einführung förderte beispielsweise Integration, Peppermint Patty brach mit den klassischen Geschlechterrollen. Selbst religiöse Elemente, wie Linus' Bibelzitat in manchen Weihnachtsspecials, sorgten für Debatten – doch Schulz sah all das eher als universell.

Weniger ist mehr – nach diesem Slogan arbeitete der Künstler und prägte den Peanuts-Stil: Einfach, mit scharfen Linien und minimalen Panels. All das gewürzt mit scharfem Humor aus Kontrasten, einem Mix aus kindlicher Naivität im Gegensatz zu den Weisheiten der Erwachsenen und ihrer Welt.

Der Aufstieg zum Imperium
Charlie Brown und seine Freunde starteten langsam, nahezu betulich. Umfragen in den ersten Jahren zeigen, dass die Peanuts nicht sofort gut ankamen. Sie mussten sich mit der Zeit erst durchsetzen – das galt für ihren optischen Stil, den besonderen Federstrich von Schulz als auch für die Tiefgründigkeit der Texte.

Erst mit der Zeit, als auch immer mehr Jugendliche und Erwachsene einen Zugang zu den Peanuts fanden, explodierte der Erfolg geradezu. Plötzlich waren die Sprüche, die Probleme und der melancholische Umgang damit geradezu angesagt sowie im Trend. 1965 schafften es die Peanuts aufs „Time“-Cover – ein wahrer Ritterschlag. Mit über 2600 Zeitungen erreichten sie bis heute 355 Millionen Leser und generierten einen Umsatz in Höhe von über einer Milliarde US-Dollar durch Merchandising – von Plüsch bis Kleidung. Ihre Geschichten wurden bis heute in 21 Sprachen übersetzt, sie beeinflussten asiatische Manga ebenso wie die internationale Pop-Art-Szene.

Peanuts sind für die Ewigkeit
Trotz derzeit angesagter Marvel-Comics, der ewig jungen Mickey Mouse mit ihren Freunden und der kompletten traditionellen Disneywelt sowie Asterix, Lucky Luke oder Transformers – die Peanuts sind bis heute extrem erfolgreich, weil sie universell sind und absolut zeitlos. Dieser Comic fängt die Essenz des Menschseins ein – Misserfolge, die uns nicht brechen, Phantasie als Flucht, Freundschaft als Trost. In einer Welt voller Unsicherheiten erinnert Charlie Browns Beharrlichkeit uns stets daran: Aufstehen lohnt sich. Aufgeben ist niemals eine Option. Ja, es ist ein Stück vom amerikanisch-positiven Grundcharakter, der aber jedem guttun würde – gerade in Zeiten wie diesen. Die einfache, zeitlose Kunst ehrlicher, empfindsamer Charaktere sorgen für Nostalgie, während Adaptionen neue Generationen ansprechen.

75 Jahre später sind die Peanuts nicht etwa alt – sie sind ewig jung und somit immer im Trend. Ach, Charlie Brown – wir lieben dich für immer.


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