Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
In diesem Jahr hat sich zum 100. Mal der Todestag des westpreußischen Volkstumsforschers Ernst Seefried-Gulgowski gejährt
Der Volkstumsforscher Ernst Seefried-Gulgowski, alias Izydor Gulgowski, kam 1874 im westpreußischen Iwitzno [Iwiczno] zur Welt und starb im Alter von nur 51 Jahren im seinerzeit zum Polnischen Korridor gehörenden ebenfalls westpreußischen Sanddorf/Wdzidzen [Wzdyzde Kiszewskie] am Weitsee. Er hat sich wie kaum ein anderer vor und nach ihm mit dem kleinen Völkchen der Kaschuben befasst und mitsamt seiner Frau Theodore geb. Fethke diese Forschung zu seinem Lebensthema gemacht.
Im kaschubischen Ort Sanddorf/Wdzidzen, Kreis Berent [Kościerzyna] war Seefried-Gulgowski Dorflehrer. Die Gegend war großenteils von Kaschuben bewohnt. Dem Forscher boten sich lebendige ethnografische Verhältnisse, und er dokumentierte alles: Hausrat, Mobiliar, Kleidung, Gebäude, Land- und Forstwirtschaft, Fischfang, Bräuche, Volkslieder und -instrumente und nicht zuletzt die kaschubische Sprache. Sie ist dem Polnischen eng verwandt, aber nicht identisch, enthält einige Sonderzeichen und viele aus dem Deutschen entlehnte Wörter. Wie in der deutschen Grammatik gibt es nur vier Fälle und nicht sieben wie im Polnischen. Eine einheitliche kaschubische Schriftsprache gibt es bis heute nicht, trotzdem aber einige deutsch-polnisch-kaschubische Wörterbücher.
Seefried-Gulgowskis fleißigste Mitarbeiterin, seine Ehefrau, entstammte einer deutschen Familie in Westpreußen und „konvertierte“ quasi zum Kaschubentum. Sie setzte sich für die Wiederbelebung des sogenannten kaschubischen Hausfleißes ein, zu dem die Herstellung von Nähereien und Stickereien nach alten kaschubischen Motiven gehörte, und entwickelte sie weiter. Der Verkauf dieser Volkskunst gelangte bis nach Berlin, Dresden und Süddeutschland und trug sehr zur Verbesserung der Familienkassen im Winter bei.
Zwei Verdienste Seefried-Gulgowskis um das Kaschubentum seien an dieser Stelle hervorgehoben. Da ist zum einen das heute älteste Freilichtmuseum auf dem Territorium der Republik Polen, heute unter der Bezeichnung „Kaschubischer Ethnografischer Park“ (Kaszubski Park Etnograficzny) bekannt. Ende des 19. Jahrhunderts verließen immer mehr Kaschuben ihren und Seefried-Gulgowskis Heimatort Sanddorf/Wdzidzen auf der Suche nach Arbeit im Weichsel-Nogat-Delta, Sachsen oder Mecklenburg. Seefried-Gulgowski und seine Frau initiierten, dass 1906 die bauliche Substanz des Ortes durch die Umwandlung in ein Freilichtmuseum gerettet wurde.
Das andere Verdienst ist sein 1911 erstmals in Berlin erschienenes Standardwerk „Von einem unbekannten Volke in Deutschland. Ein Beitrag zur Volks- und Landeskunde der Kaschubei“. Wie man in den Besitz des Textes gelangen kann, erzählte der PAZ Friedhelm Schülke aus Anklam, der mit dem Vorsitzenden des Bundes der Vertriebenen in Vorpommern und des Landesverbandes Mecklenburg-Vorpommern der Landsmannschaft Ostpreußen, Manfred Schukat, regelmäßig Gruppenreisen nicht zuletzt nach Ostdeutschland einschließlich Hinterpommern und Westpreußen unternimmt:
„Bei unserer letzten Gruppenreise 2025 nach Stolp [Słupsk] besuchten wir zum wiederholten Male das Kaschubische Freilichtmuseum in Klucken [Kluki] am Lebasee, das inzwischen ein ansprechendes Niveau erreicht hat und die Exponate per Audioguide auch auf Deutsch präsentiert. Hier stieß ich auf das Buch ,Von einem unbekannten Volke in Deutschland' von Ernst Seefried-Gulgowski im Original. Im Internet musste man dafür fast 200 Euro berappen, kann es im Internet aber auch lizenzfrei als PDF-Format herunterladen (http://bibliotekacyfrowa.eu/dlibra/show-content/publication/edition/3382?id=3382). Schließlich gelangte ich auf die polnische Bücher-Plattform ,Allegro', die ein Reprint mit polnischer Übersetzung, ,O nieznanym ludzie w Niemczech', für knapp zehn Euro zuzüglich Versandkosten anbot, aber leider nicht nach Deutschland versendet. Ich überwies den Betrag und ließ das Buch zum Hotel Mercure nach Thorn schicken, unserem Reiseziel im August 2025. Eine intensive Lektüre lohnt sich wirklich und bringt viele neue Erkenntnisse.“
Izydor Gulgowski (Ernst Seefried-Gulgowski): „O nieznanym ludzie w Niemczech. Von einem unbekannten Volke in Deutschland“, hg. vom Instytut Kaszubski, Danzig 2012