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Trotz zahlloser Warnungen und Forschungsprojekte: Brandenburg beginnt erst jetzt mit Vorbereitungen
Seit fast 20 Jahren weisen Katastrophenschützer und Sicherheitsbehörden auf die Gefahr eines Stromausfalls hin, der nicht nur wenige Minuten, sondern Tage andauert. Genützt haben die Warnungen offenbar wenig. Deutschland ist noch immer zu wenig auf einen großen Blackout, einen großflächigen und länger andauernden Stromausfall, vorbereitet. Zu denjenigen Politikern, die offenbar erst kürzlich auf das Problem aufmerksam geworden sind, scheint Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen zu gehören.
Der CDU-Politiker war am 18. Oktober zu Besuch im Zentrum für Brand- und Katastrophenschutz in Eberswalde im Landkreis Barnim. Dabei kündigte der Minister an, bis Mitte kommenden Jahres solle die Notstromversorgung für den Digitalfunk bei Polizei und Feuerwehr sichergestellt sein.
Stübgen wies in dem Zusammenhang auch auf Lieferprobleme bei Aggregaten und die Notwendigkeit hin, dass 14.000 Kilometer Glasfaserkabel verlegt werden müssten. Bei seinem Besuch im Katastrophenschutzzentrum erklärte er: „Dinge, die jahrelang nicht gemacht wurden, kann man nicht in einem Jahr komplett aufholen. Wer hat schon vor fünf oder auch zwei Jahren von einem Blackout geredet?“
Mögliche Folgen längst untersucht
Diese Einschätzung ist einigermaßen erstaunlich. Das Ministerium, das Stübgen selbst führt, hat bereits im April 2016 eine Informationsbroschüre mit dem Titel „Blackout – Wenn der Strom ausfällt“ herausgegeben.
Von 2009 bis 2012 hatte zudem das Bundesforschungsministerium ein Forschungsprojekt mit dem Titel „TankNotStrom“ gefördert. Bereits damals ging es um die Frage, wie im Falle eines flächendeckenden Ausfalls der Stromversorgung die Einsatzfähigkeit aller Fahrzeuge und Geräte von Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben gewährleistet werden kann.
Dass Brandenburgs Innenminister die bereits vor zehn Jahren gründlich untersuchte Problematik erst kürzlich entdeckt zu haben scheint, ist umso erstaunlicher, da bei dem Forschungsprojekt „TankNotStrom“ ausgerechnet anhand des Flächenlandes Brandenburg und der Millionenstadt Berlin untersucht wurde, welche Auswirkungen ein lang andauernder Stromausfall auf Polizei, Feuerwehr und Krankenhäuser hätte. An der Auswertung des Projekts war seinerzeit sogar die damalige Fachhochschule Brandenburg beteiligt.
Dabei hatten schon vor „TankNotStrom“ Fachleute in Deutschland begonnen, sich intensiver mit der Problematik eines länger andauernden und flächendeckenden Stromausfalls zu befassen. Bereits im November 2004 übten Behörden des Bundes, Bayerns und Baden-Württembergs für den Fall eines mehrtägigen Stromausfalls.
Durchgespielt wurde bei der „LÜKEX 04“ genannten Übung das Szenario einer winterlichen Extremwetterlage mit rund zweiwöchiger Unterbrechung der Elektrizitätsversorgung in großen Teilen des Landes. Auch danach griffen Behörden und Institutionen das Thema Stromausfall immer wieder auf. Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) legte im Jahr 2010 ein „Krisenhandbuch Stromausfall“ vor. Im Jahr darauf veröffentlichte das Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag eine Untersuchung mit dem Titel „Was bei einem Blackout geschieht: Folgen eines langandauernden und großräumigen Stromausfalls“.
Gefangene dann auf freiem Fuß?
Vor dem Hintergrund dieser Warnungen, die schon vor mehr als zehn Jahren laut wurden, ist die Darstellung von Brandenburgs Innenminister, ein Blackout sei vor „fünf oder auch zwei Jahren“ noch kein Thema gewesen, schlicht falsch. Es liegt an der jahrelangen Ignoranz der politisch Verantwortlichen, die dazu geführt hat, dass erst jetzt Bemühungen eingeleitet werden, den Digitalfunk von Brandenburgs Polizei und Feuerwehr für den Fall eines längeren Stromausfalls zu wappnen.
Die märkische Landesregierung stellt mit ihren sehr spät kommenden Vorbereitungen keine Ausnahme dar. Trotz diverser Warnungen von Experten haben viele Politiker das Thema verschlafen. Eine Erhebung des Deutschen Krankenhaus-Instituts (DKI) förderte vor Kurzem zutage, dass jedes fünfte Krankenhaus in Deutschland einen Stromausfall nur wenige Stunden durchhalten könnte. Sollte es zu einem mehrtägigen Ausfall kommen, könnten laut der Umfrage nur 14 Prozent der befragten Häuser ihre Patientenversorgung normal aufrechterhalten. Am untersten Ende der Skala müssten sieben Prozent der befragten Krankenhäuser die Patientenversorgung sogar ganz einstellen.
In Berlin wiederum brachte eine Anfrage des Abgeordneten Marc Vallendar (AfD) ans Licht, dass sich Gefängnisse der Hauptstadt längstens vier Tage mit Notstrom versorgen können. Vallendar kommentierte die Antwort des Senats: „Dass nach spätestens vier Tagen Blackout in großem Maße Gefangene auf freien Fuß gesetzt werden müssten, ist selbst für Berliner Verhältnisse irre.“
E. Berger am 07.11.22, 20:54 Uhr
14.000 Kilometer Glasfaserkabel allein für den Brand- und Katastrophenschutz in Brandenburg? Bin ich im falschen Film?
Tom Schroeder am 07.11.22, 20:24 Uhr
Die Wohlstandsverwahrlosten Deutschen, zu denen ich auch gehoere, haben verlernt mit Gefahren umzugehen. Wo man hinkommt, Versicherungen decken alle Risiken ab, dann Verbote an jeder Ecke um Gefahren oder nur Unpaesslichkeiten erst gar nicht entstehen zu lassen. Alles ist abgesichert, wohldurchdacht und auf betreutes Leben ausgerichtet. Und nun kommen wirkliche Probleme, was tun? Simpelste Massnahmen gerieten in Vergessenheit, da ja niemals was passieren kann, ist ja alles versichert, eingehegt, abgezaeunt, abgesichert, abgefangen, mit Netz und Schleudersitz versehen und im Zweifel verboten. Wer glaubt, dass das so geht wird nun hellwach ... oder schlaeft beruhigt in den Armen der vermeintlichen Sicherheit weiter.