29.03.2024

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Vogel der Heimat

Die Pommernadler kehren zurück

Die seltenen Greifvögel zeigen ihre Hochzeit mit eleganten Flugspielen an

Karl-Heinz Engel
13.04.2023

Ab Mitte April werden einige pommersche Wälder wieder um eine seltene Vogelart reicher sein. Der Schreiadler, auch Pommernadler genannt, kehrt aus seinem Winterquartier zurück. Das liegt fern der Heimat im südlichen Afrika.

Schreiadler haben daher eine lange, anstrengende Reise hinter sich, wenn sie eines sonnigen Apriltages plötzlich so selbstverständlich am Himmel Vorpommerns kreisen, als seien sie nicht fort gewesen. Alsbald kümmern sie sich um ihren Brutort, der meistens in größeren Laubwäldern mit eingestreuten Mooren und Erlenbrüchen liegt sowie an offenem, eher feuchtem Wiesenland grenzt.

Männchen und Weibchen richten ihren Horst her und garnieren ihn zum Zeichen dessen mit frischem Maigrün. Zwischendurch halten die Paare Hochzeit. Schreiadler geben das durch freudige Jib-Jüb-Rufe, pfiffähnliche Schreie (darum Schreiadler) und elegante Flugspiele kund. Danach sitzen sie auf ihrem Gelege, das aus einem oder zwei Eiern besteht.

Der Schreiadler ist ein eher kleiner Adler. Dafür gehört er jedoch entsprechend der zoologischen Systematik zu den echten Adlern. Vor allem zeichnen ihn seine Statur und sein Flugbild mit den gestreckten, aufgefingerten Schwingen als einen aus dem Reich der Adler aus. Den allseits bekannten Mäusebussard zumal übertrifft er deutlich an Größe.

Um 100 Brutpaare in Deutschland

Was wird die Saison 2023 für den Bestand bringen? Diese Frage treibt Ornithologen sowie Naturschutzstiftungen und -verbände um, die die bescheidene Reproduktion mit Sorge verfolgen. Revierbetreuer versuchen zwar Störungen zu verhindern und ungünstige Eingriffe in den Lebensraum nach Möglichkeit abzuwenden.

Dennoch ist es um die deutsche Schreiadlerpopulation schlecht bestellt. Sie wird mit rund 100 Brutpaaren beziffert, die im östlichen Mecklenburg-Vorpommern und zu einem kleineren Teil im nordöstlichen Brandenburg zu Hause sind. Als Hauptursache für den Rückgang wird die Nutzungsintensivierung in Forsten und auf Grünland mit den damit einhergehenden Biotopveränderungen zuungunsten des sensiblen Pommernadlers gesehen. Einige Vögel sind inzwischen auch Opfer von Windenergieanlagen geworden.

Das Hauptbrutgebiet des Schreiadlers umfasst das historische Pommern. Von dort erweitert es sich mit steigender Individuenzahl über ganz Polen, das Baltikum, Weißrussland, die Ukraine, das westliche Russland, auf Teile des Balkans bis hinunter nach Kleinasien. In all den Regionen soll er nach wie vor häufig seine Kreise ziehen. Als Gesamtbestand werden an die 20.000 Paare angenommen. Anders verhält es sich diesseits der Oder.

Östlich der Oder mehr Vorkommen

Wie beurteilten Vogelkundler früherer Generationen die Situation des Schreiadlers in ihrer Zeit? Tatsächlich gehört der Schreiadler schon seit Langem zu den Raritäten unter den Greifvögeln in Deutschland. Eugen Ferdinand von Homeyer, Gutsherr in Vorpommern, Ornithologe, Mitglied mehrerer Gelehrtengesellschaften und Verfasser von Fachpublikationen, schrieb über den Schreiadler in seiner 1837 erschienenen „Systematischen Übersicht der Vögel Pommerns“, dass „dieser in den meisten Gegenden Deutschlands so seltene Vogel, hier so zahlreich vorkommt wie nur irgendwo.“

Homeyer mahnte an anderer Stelle aber auch die damals schon zunehmenden Veränderungen in der Landnutzung mit den Folgen für die Tierwelt an. Dennoch fand man den Adler seinerzeit auch noch über Pommern hinaus in Schleswig-Holstein und Niedersachsen hin und wieder brütend vor. Es deutete sich aber schon ein Rückzug nach Osten an. Schließlich hielt sich der Schreiadler auch mehr und mehr von mecklenburgischen Gefilden fern. Inzwischen baut er seinen Horst dort nur noch in einigen Waldungen unweit der vorpommerschen Grenze.

Paul Robien, umtriebiger Stettiner Ornithologe und Naturschutzwart auf der Insel Mönne im unteren Teil des Dammschen Sees, wusste Anfang der 1920 Jahre von etlichen Schreiadlervorkommen in der Umgebung Stettins und in Hinterpommern zu berichten, obwohl noch keine flächendeckende Erfassung vorlag. So nennt er den Gliensee in der Buchheide, den Madüsee und den Böthinsee bei Deutsch Krone. Ebenso waren ihm Horstplätze bei Neuwalde, Rothenfier und Annenwalde bekannt. In „Lebensbilder aus der Gollnower Heide“ von Hugo Rehbein wird der Schreiadler während der 1930er Jahre am Gubenbach nördlich von Gollnow brütend erwähnt.

Überall Gefahren

Auch heute fühlt sich der Schreiadler östlich der Oder weitaus häufiger zu Hause als diesseits. Man schätzt den Bestand nach Angaben aus dem Zweiten Brutvogelatlas für Mecklenburg-Vorpommern in „Pomorze“ auf 250 bis 300 Paare.

Vor dem Hintergrund des Rückgangs hierzulande stellt sich die Frage, warum Schreiadler in den allermeisten Fällen nur ein Junges aufziehen. Bei Zweiergelegen etwa tötet das erstgeborene Kücken einem rätselhaftem Artgesetz zufolge sein Geschwister. Diesen Kainismus gab es jedoch zu allen Zeiten, sodass der, wie Ornithologen vermuten, nicht eigentliche Ursache des Bestandsschwunds sein wird.

Was aber widerfährt Schreiadlern womöglich auf ihren viele Tausend Kilometer weiten Zugwegen? Solche Reisen sind für sie in der Tat mit Risiken behaftet. Im Libanon zum Beispiel sollen die Greife in Größenordnungen von Wilderer abgeschossen werden. Das Komitee gegen den Vogelmord gibt die Opferzahl mit jährlich an die 5000 Adler an. Hauptursache für die Rückgangstendenz sollen aber dennoch die Veränderungen in ihren Fortpflanzungs- und Jagdgründen sein.


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