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Die Bundestagswahl brachte zwar kein klares Ergebnis hinsichtlich einer künftigen Regierung, dafür jedoch eindeutige Erkenntnisse bezüglich der Politik der letzten Jahre
Die Bundestagswahl wurde vor allem für die Union aus CDU und CSU, die mit zusammen 24,1 Prozent ihr schlechtestes Ergebnis in der Geschichte einfuhr, zu einem Debakel. Doch auch die anderen Parteien, die für sich das Etikett „bürgerlich“ reklamieren, können mit dem Ergebnis vom Sonntag keineswegs zufrieden sein.
Nach einem Minus von 8,6 Prozent im Jahre 2017 und einem erneuten Verlust 8,8 Prozent 2021 ist die Union nur noch ein Schatten ihrer selbst. Über die Ursachen dieses Niedergangs ist bereits viel gesagt und geschrieben worden, auch in dieser Zeitung. Die Hauptverantwortung trägt zweifellos Angela Merkel, die als CDU-Vorsitzende und Kanzlerin die Geschicke von Partei und Land jeweils mehr als anderthalb Jahrzehnte lang geprägt hat (siehe hierzu auch den Beitrag auf Seite 4).
Das Agieren des CDU-Spitzenkandidaten Armin Laschet und der gesamten Parteispitze in den letzten Monaten und Jahren zeigt jedoch, dass Merkel mehr das Symptom des Niedergangs war als deren Ursache. Denn trotz kontinuierlicher Stimmenverluste und eines unüberhörbaren Grummelns an der Basis wurde der Kurs der „Modernisierung“, die letztlich nichts anderes als eine programmatische Entkernung bedeutete, von der Führung beharrlich weiterverfolgt.
Zweimal verhinderte die Parteispitze die Wiederkehr des bei der Basis und vielen Wählern populären Friedrich Merz. Der beim letzten Mal vom „Parteiestablishment“ (O-Ton Merz) getragene Laschet wurde zudem – gegen alle Meinungsumfragen – auch noch als Kanzlerkandidat gegen den bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Vorsitzenden Markus Söder durchgedrückt. Dieser revanchierte sich mit der Bemerkung, dass auf Laschets Kandidatur „kein Segen“ liege.
Starrheit statt Verantwortung
Dass Laschet trotz der Eindeutigkeit seiner Niederlage bislang nicht weichen will, passt zum Geist der vergangenen Jahre. Schließlich ist auch seine Vorgängerin wiederholt damit durchgekommen, bei jedem Scheitern „die volle Verantwortung“ zu übernehmen – um dann einfach weiterzumachen wie zuvor.
Zum Jubeln aufgelegt ist indessen die FDP. Mit 0,8 Prozent Stimmenzuwachs gehören die Liberalen zweifellos zu den rechnerischen Gewinnern der Wahl, zumal die Partei zum zweiten Mal infolge über zehn Prozent erringen konnte. Und doch sollte sich FDP-Chef Lindner fragen, warum bei einem Stimmenverlust von fast neun Prozent für die Union noch nicht einmal ein Prozent bei den Liberalen angekommen ist.
Hinzu kommt, dass der Zuwachs der FDP mitnichten aus eigener Kraft erfolgte. Denn wer sich auch nur ein bisschen umhörte, stieß immer wieder auf Stammwähler der Union, die aus Enttäuschung über ihre eigene Partei die Liberalen wählen wollten. Umso erstaunlicher der geringe Zuwachs der FDP.
Fragen stellen sollte sich auch die AfD. Seit den Landtagswahlen im Herbst 2019 hat die Partei bei allen Wahlen in Bund, Ländern und EU verloren. Auch für die „Alternative“ gilt, dass sie von den dramatischen Verlusten der Union keineswegs profitieren konnte, sondern sogar verlor.
Zwar verweist das Spitzenkandidaten-Duo Weidel/Chrupalla zu Recht darauf, dass die AfD nun ebenfalls zweimal infolge mit zweitstelligem Ergebnis in den Bundestag einzieht. Und ebenso zu Recht verweist die Parteispitze auf den starken Gegenwind in den Medien und von den etablierten Parteien. Andererseits hat die Partei von dort noch nie Rückenwind bekommen. Letztlich gelang es der AfD während des gesamten Wahlkampfes nicht, ein Thema zu setzen, mit dem sie die Bürger jenseits der eigenen Stammwählerschaft überzeugen konnte.
Nachdenklich sollte die Partei auch das Ost-West-Gefälle stimmen. Während die Partei im Osten der Republik vielfach stärkste Kraft werden konnte, kam sie im Westen nur noch in Ausnahmefällen über zehn Prozent. Setzt sich diese Entwicklung fort, dürfte die AfD schon bald das Schicksal der Linkspartei teilen.
Neu auf der bundespolitischen Bühne traten erstmals die Freien Wähler in Erscheinung. Mit am Ende 2,4 Prozent blieben sie jedoch weit unter den eigenen Erwartungen – beziehungsweise den Befürchtungen der Konkurrenz. Dass die langjährige kommunale Kraft überhaupt auf Bundesebene zum Faktor werden konnte, zeigt die Orientierungslosigkeit in Teilen des Bürgertums.
Die Schwäche der bürgerlichen Parteien bedeutet jedoch keineswegs ein Ende der Vorliebe der Deutschen für bürgerliche Politik. Vielmehr waren SPD und Grüne, die mit Zuwächsen von 5,2 und 5,9 Prozent die eindeutigen Wahlsieger sind, gerade deshalb so erfolgreich, weil sie sich mit ihren Spitzenkandidaten moderat gaben und eben bürgerlich auftraten. Obwohl insbesondere die SPD mit dem Duo Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken eine dezidiert linke Parteispitze hat, überließ sie dem bisherigen Finanzminister Olaf Scholz, der bis weit in konservative Wählerschichten hinein überzeugt, in seltener Disziplin die Bühne. Ob diese Zurückhaltung in den nächsten Jahren Bestand haben wird, kann bezweifelt werden.
Ob die Union freilich in vier Jahren soweit sein wird, dass sie – wie nun die SPD – fünf Prozent zulegen kann, weiß niemand. Fakt ist: Wenn sich die Partei nicht auf die Grundlagen ihrer jahrzehntelangen Erfolge besinnt, ist ein weiterer Niedergang keineswegs ausgeschlossen.
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Dirk Richter am 30.09.21, 07:05 Uhr
Die Unterschiede der Prozentwerte des Stimmenanteils der jeweiligen Parteien im Vergleich mit vorangegangenen Bundestagswahlen werden in Prozentpunkten angegeben und nicht in Prozenten. Etwas mehr Exaktheit bitte!
Bernd Wegter am 29.09.21, 13:58 Uhr
Man darf natürlich nicht vergessen, das die Grünen von den Öffentlich rechtlichen und den Mainstream Medien über Wochen gehypte wurden. Dabei haben sie nicht so abgeschnitten wie alle es gedacht haben. Somit sind die Grünen auch die großen Verlierer.