10.10.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
Porträtiert vom Zeitgenossen, Kupferstecher und Professor in Berlin Friedrich  Wilhelm Bollinger: Amandus Gottfried Adolf Müllner
Foto: WikimediaPorträtiert vom Zeitgenossen, Kupferstecher und Professor in Berlin Friedrich Wilhelm Bollinger: Amandus Gottfried Adolf Müllner

Adolph Müllner

Die Schicksalstragödie war sein Dramentyp

Der Erschaffer des Trauerspiels „Die Schuld“ kam vor 250 Jahren in der 1815 preußisch gewordenen Ortschaft Langendorf zur Welt

Martin Stolzenau
01.10.2024

Adolph Müllner fiel unter Zeitgenossen zunächst als ein „ausgezeichneter Mathematiker und Schachspieler“ auf, erregte weiteres Aufsehen als ein „von Savigny geschätzter Jurist mit einer Vorliebe für knifflige Rechtsfälle“ und entwickelte sich parallel zum teilweise gefürchteten Rezensenten, der die Literatur- und Theaterszene in ironischen und pointierten Beiträgen recht trefflich beurteilte. Er begründete dazu als Literaturkenner das Weißenfelser Liebhabertheater, versuchte sich selbst als Bühnenautor und galt bald als Hauptvertreter der sogenannten Schicksalsdramatik. Müllners Stücke wurden auch auf den größeren Bühnen in Leipzig, Berlin und Wien gespielt.

Selbst Heinrich Heine suchte den selbsternannten Literaturpapst 1824 auf, der wegen seiner teilweise „schulmeisterlichen Rechthaberei und ätzenden Spottsucht“ die Beinamen „Dey von Weißenfels“, „Männerschreck“ und „Stachelschwein“ hatte. Jean Paul unterstellte ihm „rachsüchtige Gemütlosigkeit“. Johann Wolfgang von Goethe ignorierte ihn gänzlich. Das bewog Müllner im Alter zu unsachlichen Betrachtungen über den Dichterfürsten. Dieser untaugliche Versuch, am Ruhmessockel der Weimarer Instanz zu kratzen, machte den ansonsten verdienstvollen Literaten lächerlich.

Jurist aus Rücksicht auf den Vater
Adolph Müllner wurde am 18. Oktober 1774 in Langendorf bei Weißenfels geboren. Sein Geburtsort wurde 1153 erstmals urkundlich erwähnt, ist über Jahrhunderte als Klosterort und Gutsdorf überliefert und wurde mit der erhaltenen Klosterkirche 2010 in die Stadt Weißenfels eingemeindet. Seine Eltern waren der Amtsprokurator Heinrich Adolph Müllner und Friederike Philippine Louise geborene Bürger, die Lieblingsschwester des bekannten Dichters Gottfried August Bürger. Von dieser Seite stammte wahrscheinlich die literarische Begabung.

Seine Vorliebe für das Theater lässt sich bis in die Kindheit zurückverfolgen. Nach dem Erlebnis einer wandernden Schauspieltruppe führte er bereits als Zehnjähriger im Weißenfelser Haus seiner Großmutter mit gleichgesinnten Freunden Stücke auf. Als Schüler in Schulpforta bei Naumburg inszenierte der Knabe Kotzebues „Indianer in England“. Als Leipziger Jurastudent zeigte er sich häufiger im Theater als im Hörsaal.

Trotzdem wurde aus ihm dann ein tüchtiger Jurist, der sich nach dem Studium 1799 in Weißenfels als Advokat niederließ. Da hatte er bereits seinen ersten Roman geschrieben. 1805 promovierte er. Er publizierte juristische Aufsätze und Schriften.

Doch nach dem Erlebnis der Weimarer Hofschauspieler 1809 in Lauchstädt wandte er sich erneut der Bühne zu. Mit Gleichgesinnten erneuerte Müllner, der 1802 seine Jugendliebe Amalie Christiane von Logau geheiratet hatte, im Rathaussaal von Weißenfels das „verschollene Weißenfelser Liebhabertheater“.

Ab 1810 qualifizierte er sich als Schauspieler, Spielleiter und Bühnenautor zur „treibenden Kraft“ der Bühne. Er verwahrte sich „gegen jede Tändelei in Dingen der Kunst“, schrieb für sein „Völklein“ Dilettanten „ganze Abhandlungen über die Eigenart der darzustellenden Personen, ihre Bewegungen, ihre Spielweise“ und entwickelte sich zum recht erfolgreichen Theatermann, bis das Liebhabertheater 1819 von Preußen geschlossen wurde, nachdem preußischen Offizieren der Zutritt verwehrt worden war. Doch da lebte Müllner bereits recht einträglich als freischaffender Schriftsteller, Rezensent und Herausgeber.

Der Blatt- und Theatermacher
Nach der Uraufführung seiner ersten Tragödie „Der 29. Februar“, die an das einaktige Melodram „Der vierundzwanzigste Februar“ des Dichters und Dramatikers der Romantik Zacharias Werner anknüpft, landete er mit der Tragödie „Die Schuld“, die er der russischen Kaiserin widmete, 1813 am Wiener Burgtheater einen großen Premierenerfolg. Das weckte das Interesse der umsatzorientierten Verleger und Theaterintendanten. Selbst der Reclam-Verlag brachte „Die Schuld“ heraus.

Mit seiner „Demonstration eines blindwütigen Schicksals“ und äußerst naturalistischen Detailschilderungen traf Müllner offenbar den Publikumsgeschmack. Mit seiner Effekthascherei, die auch Anleihen bei der englischen Schauerliteratur nahm, übertrumpfte er den „schnöde verkannten Kleist“ um Längen in der Zuschauergunst. Für seinen „König Yngard“ schrieb dann kein Geringerer als Carl Maria von Weber die Bühnenmusik. Der gefeierte Bühnenautor gab daneben das „Mitternachtsblatt für gebildete Stände“ heraus und arbeitete außerdem weiter für verschiedene Zeitungen, bis er am 11. Juni 1829 in Weißenfels an einem Schlaganfall verstarb.

Dort wird sein Erbe bis heute gepflegt und trägt eine Straße seinen Namen. An seinem ehemaligen Wohnhaus in der Klosterstraße 13 erinnert eine Gedenktafel an ihn. Müllner hinterließ außer seinem umfangreichen literarischen Nachlass vier Söhne und zwei Töchter. Der Dichter August Graf von Platen verewigte Müllner nach dessen Tod im satirischen Drama „Die verhängnisvolle Gabel“.


Hat Ihnen dieser Artikel gefallen? Dann unterstützen Sie die PAZ gern mit einer

Anerkennungszahlung


Kommentar hinzufügen

Captcha Image

*Pflichtfelder

Da Kommentare manuell freigeschaltet werden müssen, erscheint Ihr Kommentar möglicherweise erst am folgenden Werktag. Sollte der Kommentar nach längerer Zeit nicht erscheinen, laden Sie bitte in Ihrem Browser diese Seite neu!

powered by webEdition CMS