Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
Der Krieg in der Ukraine hat die beiden Autoren Thomas Kreutzmann und Werner Sonne bewegt, sich mit „Schuld und Leid“ auseinanderzusetzen
Das Titelbild des Buches „Schuld und Leid. Das Trauma von Flucht und Vertreibung“ ging um die Welt: Eine ukrainische Mutter beweint den Tod ihres Sohnes, der am 6. April 2022 im Kiewer Vorort Butscha erschossen worden war. Für Thomas Kreutzmann und Werner Sonne steht das Bild beispielhaft für das Leid, das Kriege, Flucht und Vertreibung in aller Welt hervorrufen. Sie haben nicht zufällig im Untertitel die Jahreszahlen 1945 und 2022 gewählt, den Beginn von Flucht und Vertreibung von Millionen Deutschen aus dem Osten und den Ukrainekrieg. Ihre zentrale Fragestellung lautet: Wie verhalten sich die Deutschen gegenüber der russischen Aggression? Wird jetzt die langwierige Diskussion um deutsche Schuld und deutsches Leid wieder aufgerollt?
Zu Beginn des Buches zeigen sie an mehreren Beispielen, dass und wie stark immer noch von der Flucht herrührende Traumata lebendig sind, nicht nur bei den unmittelbar Betroffenen, sondern auch bei deren Nachkommen. Die Wissenschaft hat dafür den Begriff „transgenerationale Traumatisierung“ gefunden. Schuld und Leid, das sagen hier zitierte Politiker immer wieder, sind untrennbar miteinander verbunden. Zur Versachlichung könne jetzt auch das neue Dokumentationszentrum Flucht, Vertreibung, Versöhnung in Berlin beitragen, dessen Werdegang die Autoren fast minutiös beschreiben.
Den Großteil des Buches nimmt die Geschichte der deutschen Vertreibung ein. In locker gehaltenem Stil erzählen die versierten ARD-Fernsehjournalisten wichtige Etappen: die Potsdamer Konferenz 1945, eine Diskussion der Opferzahlen, die Aufnahme der Vertriebenen in der neuen „kalten Heimat“ (Kossert) an bedrückenden Beispielen, das Tabuthema Vertreibung in der DDR, die Ostpolitik Brandts ab 1969, schließlich die Politik Helmut Kohls zur deutschen Vereinigung. Auch das ist nichts Neues: der 2+4-Vertrag und der Nachbarschaftsvertrag mit Polen von 1991 besiegelten „die Gebietsverluste des früheren Deutschen Reiches und damit den Verlust der Heimat für Millionen Deutsche aus Pommern, Schlesien oder Ostpreußen“.
Das kennt man alles, gleichwohl ist das Buch gut zu lesen auch wegen zahlreicher Informationen von damals verantwortlichen Politikern, die die Autoren interviewen konnten. Im letzten Kapitel wenden sie sich dezidiert an den Bund der Vertriebenen mit der Frage, wie er sich künftig positionieren will: nach wie vor nur als Vertretung der deutschen Vertriebenen oder als Helfer und Unterstützer von den vielen ausländischen Vertriebenen, die heute nach Deutschland kommen.