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Lieber gar nicht regieren als schlecht regieren - das war einmal: FDP-Chef Lindner auf dem jüngsten FDP-Bundesparteitag Ende April in Berlin
Foto: imago/Archille AbboudLieber gar nicht regieren als schlecht regieren - das war einmal: FDP-Chef Lindner auf dem jüngsten FDP-Bundesparteitag Ende April in Berlin

Politik

Die Starre der FDP aus Angst vor dem Untergang

Obwohl schon lange nicht mehr eine liberale Stimme so erforderlich war wie jetzt, taumeln die Freien Demokraten am Rande des Abgrunds

Werner J. Patzelt
26.04.2023

Auch als die FDP noch Deutschlands „Zünglein an der Waage“ war, erlebte sie Zerreißproben. 1982 führte der Wechsel von der Seite der SPD an die der Union zum protestierenden Abwandern vieler ihrer Mitglieder hin zur SPD, darunter auch etlicher Parlamentarier. Doch noch zeitigten solche Richtungskonflikte keine Existenznöte für die koalitionswechselnde FDP, weil nur drei politische Lager Chancen auf Abgeordnetensitze hatten.

Im heutigen Mehrparteiensystem mit geschwächter Union und SPD ist das anders. Zur Mehrheitsbildung wird die FDP, falls sie überhaupt ins Parlament gelangt, nur noch dann gebraucht, wenn Union oder SPD keinen ausreichend starken Bündnispartner für eine Zwei-Parteien-Koalition finden, und wenn zugleich die medial stets als besonders wünschenswert nahegelegte Regierungsbeteiligung der Grünen misslingt. Im Anschluss an solche Koalitionen aber büßt die FDP dafür, dass weder klar sozial- oder christdemokratische Politik gemacht noch grüne Politikprojekte umgesetzt wurden, wie man sie in Elitekreisen sehr schätzt.

Zur Strafe wird dann oft das Scheitern an der Fünf-Prozent-Hürde. Weder auf kommunaler Ebene stark noch in den meisten Landesparlamenten oder gar im Bundestag vertreten zu sein, lässt eine Partei allerdings dahinkümmern. Und dann wird sie zum Vehikel von Karrieristen mit bescheidenem politischen Ehrgeiz bei opportunistischer Biegsamkeit.

Warum in dieser Lage nicht Regierungsmacht an der Seite jener Grünen anstreben, denen die Diskurse in Journalisten- und Intellektuellenkreise weiterhin die Anmutung von politischer Jugendfrische und moralischer Überlegenheit verleihen? Lieber gar nicht als schlecht regieren – das war einmal. Und freilich gab es 2021 auch keine politisch vermittelbare Alternative zur jetzigen Ampelkoalition.

Eine Partei ohne relevantes politisches Gewicht

Doch während die SPD weiterhin von vergangener Größe zehren kann und grüner Zauber durchaus nicht verflogen ist, hat die FDP nur einen stets prekären Sicherheitsabstand zur Fünf-Prozent-Hürde. Außerdem hat sie beim Mitregieren stets schlechte Karten. Meist ist ungewiss, ob man mit ihr auch noch in der nächsten Wahlperiode politisch rechnen muss. Deshalb ist eine strategische Annäherung an ihre Positionen womöglich eine Fehlinvestition, die man besser unterlässt.

Anders als 1982 gibt es für die FDP im Bund auch keine plausible Alternativkoalition, ja im Grunde überhaupt kein anderes politisch machbares Bündnis, bei dem es auf sie ankäme. Also hat die FDP in der Ampelkoalition auch kein richtungsentscheidendes politisches Gewicht. Führte aber ein Regierungssturz derzeit zu Neuwahlen, dann verlöre unter dem jetzt geltenden Wahlrecht ein Teil der Unionsabgeordneten seine Mandate. Deshalb werden CDU und CSU derzeit die FDP auch nicht aus der Regierung locken. Obendrein sind inzwischen auch große Teile der Union so staatsgläubig geworden, wie es Sozialdemokraten und Grüne immer schon waren. Das bringt liberale Ideen von Eigenverantwortung und Freisetzung technisch-wirtschaftlicher Innovationskraft um ihren früheren Resonanzraum.

Ohnehin hat Liberalismus in Deutschlands jetziger politischer Kultur ganz allgemein einen schweren Stand. Etwa ist der Laissez-faire-Liberalismus in Erziehungs- und Bildungszusammenhängen ziemlich diskreditiert, während von einer Selbstbeschränkung des Staates auf seine Kernaufgaben weiterhin kaum jemand hören will.

Dabei bräuchte es gerade jetzt das liberale Gegenhalten angesichts der selbstgefälligen Erziehungsansprüche unserer politischen Eliten sowie ihrer autoritären Eingriffe in Technologieentwicklung und kritische Diskurspraxis. Im Grunde war eine starke FDP noch nie so notwendig wie jetzt. Doch kein Zwerg wächst schon deshalb, weil Riesen wünschenswert wären. Arbeiten wir allerdings auf eine liberalismusfreundliche politische Kultur hin, jeder in seinem Wirkungsbereich!


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Kommentare

H. Schinkel am 01.05.23, 16:27 Uhr

Da braucht die FDP keine Angst mehr haben. Die hat sich schon volles Rohr ins Aus geschossen, und das ist auch gut so. Diese wankelmütige und feige Lobbyistenpartei braucht kein Mensch.

Gunter Thormann am 26.04.23, 15:35 Uhr

Egal, was die FDP jetzt noch macht: sie ist bei den nächsten Wahlen fällig. Denn auch ihr Klientel wird heftigst von dem grünen Wahnsinn betroffen sein und dies Klientel hat erwartet, dass die FDP sich mit allem, was sie aufbietet, dagegenstellt. Bis hin zur Drohung mit Koalitionsbruch. Aber erst alle Druckmittel durch Zustimmung aus der Hand geben und dann anschließend greinen, man sei dagegen, wie die FDP aktuell das bei der "Wärmewende" gemacht hat, das beleidigt die Intelligenz selbst nur durchschnittlich Begabter.
Es geht hier nicht um Details, es geht um das ob, nicht das wie! Die FDP stellt den Justizminister. Der sollte mal unter den Schranken-Schranken des Grundgesetzes nachlesen. Damit wäre nämlich die gesamte Energiewende erledigt - für immer! Allerdings nur in einem Rechtsstaat, der diesen Namen auch verdient, und nicht in so einem zunehmend korrupten Shithole wie Deutschland.

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