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Statt auf Masse setzt der Westen vermehrt auf die Klasse der hochtechnologischen, neuen Waffensysteme. Doch in der Praxis des Ukrainekriegs haben die Geräte verblüffend oft enttäuscht
Als im August 2021 die letzten US-Soldaten hastig aus Kabul abrückten und die Taliban die Kontrolle über die afghanische Hauptstadt übernahmen, war dies ein klares Zeichen für eine schwere Niederlage des Westens gegenüber einem technologisch weit unterlegenen Gegner. Je länger nun der Krieg in der Ukraine andauert, desto stärker stellt sich die Frage, ob das Bündnis westlicher Staaten auch einen konventionell ausgetragenen Krieg gegen einen gleichwertigen Gegner verlieren würde.
Faktisch findet im Osten Europas ein Stellvertreterkrieg statt, bei dem sich Russland und die NATO gegenüberstehen. Dabei hat Kiew allein aus den USA vom 24. Januar bis zum 3. August militärische Hilfe im Wert von 25 Milliarden US-Dollar erhalten, so Berechnungen des Kieler Instituts für Weltwirtschaft.
Teil des jüngsten Hilfspakets aus Washington sind 20.000 Mörsergranaten und 75.000 Granaten mit dem Kaliber 155 Millimeter für die von den USA gelieferten M777-Haubitzen. Die Lieferzahlen sehen nur auf den ersten Blick eindrucksvoll aus. Gemessen am Bedarf der russischen Armee würde die Lieferung aus den USA nämlich nicht einmal für zwei Kriegstage in der Ukraine reichen. Ukrainische und westliche Quellen gehen davon aus, dass die russische Armee Tag für Tag in zwischen 50.000 und 75.000 Artilleriegranaten verschießt. Die Möglichkeiten der Ukrainer liegen lediglich bei einem Zehntel davon.
Das „Royal United Services Institut“ (RUSI), eine Forschungseinrichtung der britischen Streitkräfte, hat sich in einer Studie mit der Frage beschäftigt, wie Russlands Rüstungsindustrie es schafft, die hohe Feuerkraft seiner Artillerie in der Ukraine über Monate aufrecht zu erhalten. Tatsächlich stellt die Versorgung von Armeen mit Hunderttausenden von Soldaten und Tausenden von Geschützen und Panzern mit Munition einen extremen Kraftakt dar.
Praxistauglichkeit fraglich
Bei seinem Vergleich der westlichen und der russischen Rüstungsindustrien kam das RUSI zu der Erkenntnis, dass die Munitionsvorräte der USA bestenfalls für zwei Wochen eines hochintensiven Kampfes reichten, wie ihn die russischen Streitkräfte in der Ukraine seit Monaten führen.
Die Möglichkeiten der kleineren Nato-Partner sind dementsprechend noch geringer einzuschätzen. Schon bei der Libyen-Intervention im Jahr 2011 hatten sich Großbritannien und Frankreich nach einem Monat Lufteinsätze an die USA wenden müssen, weil ihnen die Laser-gesteuerten Präzisionsbomben ausgegangen waren. John Pike, ein führender westlicher Verteidigungsexperte, kommentierte dies seinerzeit: „Wenn den Europäern schon zu so einem frühen Zeitpunkt in so einer kleinen Mission die Munition ausgeht, fragt man sich, auf welche Art von Krieg sie sich vorbereitet haben.“
Ein weiteres Problem, das sich in der Ukraine zeigt, betrifft die Praxistauglichkeit westlicher Waffen abseits von Schießplatz und Manövergelände. Bereits seit etwa 2018 hat die Ukraine von den USA Panzerabwehrraketen des Typs Javelin erhalten. Die tragbaren Raketen wurden oftmals als modernste Panzerabwehrwaffe der Welt angepriesen.
Mittlerweile ist allerdings auch zu bemerken, wie sich beim Einsatz dieser „Superwaffe“ in der Ukraine Ernüchterung einstellt. Im Internet kursieren Videos, die zeigen, wie ukrainische Kämpfer auf russische Panzer sogar hintereinander mehrere Javelines abfeuern, die Raketen aber an den Panzern einfach abprallen. Experten hatten solche Fehlschläge zunächst mit der Überlagerung von Batterien in den tragbaren Waffen erklärt.
Der ehemalige US-Marine-Infanterist Brian Berletic wies in seinem Videoblog „The New Atlas“ allerdings darauf hin, dass auch trainierte amerikanische Einheiten nur eine magere Erfolgsbilanz bei der Nutzung der Javeline vorweisen könnten. Dabei verwies er auf ein offizielles Dokument des US-Heeres zum Infanterietraining in Fort Benning (Georgia). Laut dieser Auswertung lag die Zahl effektiver Treffer bei der Übung mit Panzerabwehrwaffen wie Javeline und der schwedischen Entwicklung AT-4 lediglich bei 19 Prozent.
Die dürftige Erfolgsquote, die in Fort Benning festgestellt wurden, führte das US-Heer in einer Auswertung allerdings auf eine mangelhafte Vorbereitung der Soldaten auf den Waffeneinsatz und auch auf ein fehlendes Verständnis für die Waffen zurück. „Hier geht es um US-Soldaten, die gut ausgebildet sind und viel Zeit zum Training haben. Sie wissen, wie die Waffen funktionieren. Was sie nicht gut genug verstehen, sind die Spezifikationen der Waffen, um diese effektiv anwenden zu können.“, so der Ex-Militär Berletic, und fügt an: „Nehmen Sie das Problem, dass die US-Soldaten unter Trainingsbedingungen mit diesen Waffen haben, und übertragen Sie es auf die Situation in der Ukraine.“
Tom Schroeder am 30.08.22, 19:10 Uhr
@Anne Klatsche
"Als die Nato, die Ukrainer bis zum letzten Mann ins Feuer laufen ließ ..."
"Als die Nato die Taiwanesen bis zum letzten Mann ins Feuer laufen ließ ..."
"Als die Nato Russland und China den Krieg erklärten ..."
Was Sie schreiben ist alles nicht wahr: Wer hat angefangen? Sie fallen auf die billigsten Tricks der russischen Propaganda rein oder sind Sie ein Teil davon? Gewaltlosigkeit funktioniert nur, wenn BEIDE Seiten mitmachen - das ist aber hier nicht der Fall. Auf die Strasse uebertragen heisst das: Wenn mich jemand massiv angreift, dann schlage ich solange drauf, bis er sich nicht mehr ruehrt oder anderweitig deutlich sichtbar kampfunfaehig ist, denn ansonsten bin ich nacher vielleicht tot!
Nun zu den Fakten: Die westlichen Waffen sind so schon deutlich ueberlegen, ABER: Wir sollten uns schleunigst bis an die Zaehne damit bewaffnen, um einem potentiellen Angreifer 1. begegnen zu koenen und 2. noch wichtiger: er davon ausgehen muss, dass er im Falle seines Angriffs den Schauplatz nicht mehr gesund verlaesst! So geht das.
Wir muessen aufpassen, denn vielleicht ist der Krieg gegen UKR mit dem alten Geruempel bloss eine Finte und wenn die Bundeswehr - hat die einzig nenneswerten Heereskraefte in Europa - ihre Bestaende weggegeben hat, dann macht Putin voll mobil und faellt ueber uns her. Mit der Masse kommen wir dann kaum noch klar. Derzeit verengt sich die Aufmerksamkeit nur auf UKR - der KGB war schon immer ein listiger Fuchs mit langem Atem, da sollte man sich nicht vertun und RUS solange es geht dort verwickelt halten - ja klingt eiskalt, aber so ist das Kriegswesen - Nachgeben oder wie Kretschmar den Konfilkt einfrieren wollen, hiesse nur vertagen. Wenn RUS einen solchen Vorschlag macht oder darauf eingeht, dann muss man weitermachen, denn dann ist er schwach oder/ und luegt.
Ich erinnere mich an Kampfprinzipien im Wing Tsu Kung Fu:
! Ist der Gegner staerker als Du, gib nach! Hat UKR immer beherzigt insbes. bei Kiew.
!Nimmt der Gegner Kontakt auf, bleib kleben! Geht im Krieg eh nicht anders und die Russen sind selbst in den besetzten Gebieten nicht sicher..
!Ist der Weg frei, stosse vor (ergo: Geh vorwaerts in die Struktur des Gegners und lang ordentlich zu)! Macht UKR jetzt auch.
Letztes der 4: !Weicht der Gegner zurueck, verfolge ihn!!!
Ich habe zu dem Themenkomplex eine Buchempfehlung, wenn mich der geneigte Onlineredaktuer laesst, sonst bitte "ausXen": "Future War" von ausgewiesenem Fachpersonal geschrieben, z.B. Ben Hodges. Ich versichere, dass ich daran nichts verdiene.
Zudem sollte man auf dem Gebiet des Cyber nicht nur abwehren, sondern agressiven Hackback betreiben - wer in unsere Systeme eindringt und Schaden anrichtet, dem sollte man auf der Gegenseite die Systeme komplett zerstoeren - dann hoert das auf. Immer nur Abwehrbewegungen vollfuehren gewinnt keinen Kampf. Und keine Angst vor Atom, haben die Russen 45 Jahre nicht gemacht und machen die auch heute nicht, denn dann wars das auch mit denen - besser zusammen zaehneknirschend weiterleben als zusammen sterben, dasist das einzige, was man sicher ueber deren Gedankengaenge sagen kann.
Anne Klatsche am 29.08.22, 17:16 Uhr
Als die Nato, die Ukrainer bis zum letzten Mann ins Feuer laufen ließ, schrie ich nach mehr Waffen.
Als die Nato die Taiwanesen bis zum letzten Mann ins Feuer laufen ließ, schrie ich nach mehr Waffen.
Als die Nato Russland und China den Krieg erklärten, schrie ich nach mehr Waffen.
Als die ersten Bomben fielen, schrie ich nach mehr Waffen.
Nachdem die letzten Bomben gefallen waren, war keiner mehr da, der nach mehr Waffen schreien konnte.
Aber wenigstens wurden ich und meine Familie als einer der "Guten" zerfetzt.
sitra achra am 27.08.22, 14:00 Uhr
Man könnte doch erheblich die Kosten sparen und statt dieses hochtechnologischen Krams historisch bewährte Waffen einsetzen. Die Russenorks könnte man mit Giftgas und Milzbrand flächendeckend bekämpfen. Das würde vielen unschuldigen Ukrainern das Leben retten und die Umwelt entlasten.
Gregor Scharf am 26.08.22, 14:03 Uhr
Falsche Schlussfolgerung, weil die Zahlen sehr eindrucksvoll belegen, von wem die Aggression ausgeht, wer sich seit Jahrzehnten systematisch auf Krieg vorbereitet, während man pausenlos trommelt, welche Gefahr vom Natobündnis ausgeht. Da können sich die Trolle, die Rinken und die Lechten winden, wie sie wollen. Die Fakten sprechen für sich.
Die Waffenerprobung in der Ukraine ist zugleich der effektivste Praxistest zu deren Verbesserung und kommt den Herstellern gerade recht.