Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
„Bergdoktor“ auf migrantisch – Das ZDF setzt auf Vielfalt und bringt einen Landarzt aus dem Libanon in Serie
Zum Einstieg beschwört die Kamera eine Idylle, fast zu schön, um wahr zu sein: Ein klappriger hellblauer Trabi knattert durch prächtige Alleen und entlang wogender Weizenfelder, am Steuer ein Mann im Trenchcoat mit traurigen braunen Augen. Dr. Amin Ballouz, frisch verwitweter Chefarzt eines kleinen Krankenhauses in der Uckermark, jenem Landstrich, in dem auch die Bundeskanzlerin aufwuchs, ist unterwegs zum nächsten Einsatz.
Schlicht und einfach „Ballouz“ heißt die neue ZDF-Serie, die an drei Abenden mit jeweils zwei Folgen (8., 15., und 22. April um 20.15 Uhr) die Wartezeit auf eine neue Staffel des „Bergdoktors“ verkürzen soll. Wer sich aus den 1980er Jahren noch an die legendäre „Schwarzwaldklinik“ erinnert, in der Chefarzt Dr. Brinkmann mit gütiger Miene Gutes tat, der wird sich die Augen reiben. Denn ganz ähnlich geht es auch in dieser Klinik zu, nur dass die ZDF-Autoren eine Zeitenwende der deutschen Geschichte – die Deutsche Vereinigung – sowie die aktuelle Forderung nach mehr „Diversität“ aufgegriffen haben.
Erstmals wird die Uckermark, jener spärlich besiedelte Landstrich zwischen Havel und Oder, in den Fokus gerückt. Und Protagonist ist ein Zuwanderer, der mit akademischem Grad und geradezu preußischer Arbeitsmoral in seiner neuen Heimat Fuß gefasst hat. Dass dieser beruflich so arrivierte Dr. Amin Ballouz eher eine Ausnahme darstellt, soll dabei nicht irritieren. Er lebt laut Drehbuchvorlage seit Jahrzehnten in Deutschland und ist mit den Problemen, welche die Massenzuwanderung von 2015 aufgeworfen hat, nicht kontaminiert.
Chefautorin Conni Lubek erläutert: „Dr. Ballouz ist Migrant, aber darum geht es hier nicht. Die Tatsache, dass wir das nicht besonders ausstellen, ist durchaus als Statement zu verstehen.“ Hier untertreibt die Autorin wohl, denn die Serie hat durchaus eine politische Aussage. Dass dieser aus dem Libanon stammende Dr. Ballouz mit dem gebürtigen Georgier Merab Ninidze besetzt wurde, passt punktgenau in die aktuelle Medienlandschaft.
Der Quotenausländer
Mehr Diversität, also mehr Vielfalt bei Herkunft, Hautfarbe und sexueller Orientierung ist die aktuelle Forderung bei den Kreativen – weshalb etwa der populären „Tatort“-Kommissarin Maria Furtwängler unlängst eine Kollegin mit ugandischen Wurzeln an die Seite gestellt wurde. Zuletzt hatte der einflussreiche Filmemacher und Produzent Nico Hofmann seiner Produktionsfirma Ufa in Sachen Diversität sogar eine entsprechende Selbstverpflichtung auferlegt.
Zurück in die uckermärkische Pampa: Die Serie „Ballouz“ basiert auf Jasper Fabian Wenzels Buch „Deutschland draußen“, in dem ein Landarzt gleichen Namens porträtiert wird, der als Heranwachsender von Beirut aus in die DDR kam und inzwischen seit vielen Jahren hoch angesehen in Schwedt praktiziert.
„Wer mir guten Tag sagt, dem sage ich auch guten Tag, und wer mir nicht guten Tag sagt, dem sage ich trotzdem guten Tag,“ wird der echte Ballouz zitiert. Diese entspannte Haltung macht sich das ZDF nur allzu gern zu eigen, der Landarzt fremder Herkunft wird mit möglichen Ressentiments gar nicht erst behelligt. Im Gegenteil: Um seine Ehefrau trauernd, die ihm in zahlreichen Rückblenden erscheint, ruft dieser tragisch umflorte Arzt bei den weiblichen Wesen um ihn herum Beschützerinstinkte wach. Eine Tankstellenbesitzerin schiebt dem melancholischen Mann ungefragt eine Stulle und einen Pott Kaffee über den Verkaufstresen, die Kolleginnen im weißen Kittel (Julia Richter und Nadja Bobylewa) schenken ihm mitfühlende Blicke.
Abgesehen von dem Bemühen um neue Drehorte und mehr Diversität legt man beim ZDF geschickt die bewährten Puzzleteile der legendären „Schwarzwaldklinik“ ineinander und bedient sich auch ungeniert bei der konkurrierenden Arztserie „In aller Freundschaft“, die seit 1998 im Ersten läuft.
Das Grundrezept aller Arztserien baut eben auf ähnliche Zutaten: Man nehme prominente Episodendarsteller wie etwa Andrea Sawatzki als zunächst verhärmte, dann aufblühende Ehefrau und ergänze das Personal um eine resolute Oberschwester, die hier wegen der Grenznähe fließend polnisch spricht (Monika Anna Wojtyllo). Nicht zu vergessen die komische Nebenfigur, hier ein verpeilter Student, der seinen Sozialdienst im Krankenhaus ableistet und zu seiner größten Verlegenheit in rosafarbener Dienstkleidung antreten muss.
Klischeereich angetrieben
Im Mittelpunkt des menschelnden Geschehens steht Dr. Ballouz mit seiner Liebe zu knittrigen Trenchcoats und klapprigen Autos, der sich für seine Klientel viel Zeit nimmt und für jeden ein gutes Wort findet. Einem sterbenden Patienten legt er vorschriftswidrig dessen geliebte Katze ins Krankenbett, denn es ist „so wichtig, Abschied zu nehmen“. Wer wüsste das besser als er. Jene Ehefrau (Sawatzki), die ihren untreuen Mann nach einem Schlaganfall keinesfalls als Pflegefall zurückhaben will, drängt er sanft zur Einwilligung in eine lebensrettende Operation.
Prompt begrüßt der aus der Narkose Aufwachende seine Gattin mit den Worten: „Wie schön du bist.“ Und immer wieder schwenkt die Kamera über die stillen Alleen der Uckermark, durch die ein hellblauer Trabi mit dem Nummernschild „UM-Dr 12“ zum nächsten Einsatz fährt – klischeereich angetrieben von einer kräftigen Prise Ostalgie, viel Gefühl und dem beflissenen Bemühen um mehr Vielfalt im Deutschen Fernsehen. Eben fast zu schön, um wahr zu sein.