12.09.2024

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Eine Art Kleinstadt ist entstanden: Straße im Asylsucher-Ankunftszentrum Tegel
Foto: pa/Carsten KoallEine Art Kleinstadt ist entstanden: Straße im Asylsucher-Ankunftszentrum Tegel

Einwanderung

Die Umgebung versinkt im Dreck

Das riesige Berliner Asylsucher-Ankunftszentrum in Tegel wird zunehmend zum Brennpunkt

Hermann Müller
16.08.2024

Als der Berliner Senat im März 2022 auf dem früheren Flughafen Tegel ein Ankunftszentrum für Asylsucher einrichtete, war dies als vorübergehende Lösung gedacht. Ukrainische Kriegsflüchtlinge sollten in Tegel eine erste Anlaufstelle erhalten, von der sie zügig zu Quartieren in Berlin oder im Bundesgebiet umziehen.

Was ursprünglich als Provisorium gedacht war, ist mittlerweile Deutschlands größte Unterkunft für echte und sogenannte Flüchtlinge geworden. Anfangs war die Rede davon, die Ukrainer würden in Ausnahmefällen maximal einige Tage auf dem ehemaligen Flughafengelände übernachten, bis sie weiterreisen. Längst bringt das Landesamt für Flüchtlinge im ehemaligen Terminal und in zusätzlich errichteten Leichtbauhallen auf längere Dauer aber auch Afghanen, Syrer, Türken, Vietnamesen und Moldawier unter.

Nach Angaben der Sozialverwaltung leben im Ankunftszentrum derzeit etwa 5000 Menschen. Ausgelegt hatte der Senat die Großunterkunft sogar für 7000. Bis Ende des Jahres sollen nach Angaben von Integrationssenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) weitere tausend Unterbringungsplätze dazukommen. Gemessen an offiziellen Kapazitätszahlen ist damit Deutschlands größte Flüchtlingsunterkunft entstanden.

Der Gedanke an eine Salami-Taktik drängt sich nicht nur beim schrittweisen Anwachsen der Unterkunftsplätze auf. Der Senat hat auch die Schließung der Großunterkunft mehrmals verschoben. Derzeit nennt er das Ende 2025 als Schließungsdatum.

Schon die bisherige Zeit hat gereicht, um auf dem abgezäunten Areal eine Art Kleinstadt entstehen zu lassen, die immer wieder mit Problemen für Aufsehen sorgt: Im vergangenen Jahr lieferten sich Bewohner mehrmals Massenschlägereien. Beteiligt waren vor allem Syrer und türkische Kurden. Im vergangenen Dezember stellten LKA und Ordnungsamt bei einer Razzia in Tegel fest, dass bei 55 von 183 Beschäftigten der Sicherheitsunternehmen Qualifikationen wie etwa Zuverlässigkeitsüberprüfungen fehlten. Dauerthemen sind hohe Kosten der Großunterkunft, sexuelle Belästigungen von Frauen sowie fehlender Schulunterricht für Kinder.

Mittlerweile rücken auch die Zustände im Umfeld des Ankunftszentrums in den Blick der Öffentlichkeit. Wie mehrere Hauptstadtmedien berichten, versinkt die Umgebung des Areals immer mehr im Müll, machen sich Verwahrlosung, Drogenhandel und andere Kriminalität breit. Schon den ganzen Sommer über haben bis zu hundert Bewohner des Ankunftszentrums das naheliegende Ufer des Berlin-Spandauer Schifffahrtskanals genutzt, um mit zusammengesuchten Ästen Lagerfeuer zu entzünden, zu grillen und Drogenpartys zu veranstalten.

Drogen, Einbrüche, Feuergefahr
Zurückgeblieben sind zahlreiche Feuerstellen, beschädigte Bäume, Müll und Drogenbestecke. Mit zum Bild gehören überdies abgestellte Autowracks mit ukrainischen oder polnischen Kennzeichen. Da Recherchen nach den Haltern ergebnislos verliefen, gehen die Behörden von gestohlenen Kennzeichen aus. Der Betreiber eines Ausflugslokals am Berlin-Spandauer Schifffahrtskanal berichtet über mittlerweile zehn Einbrüche. Kleingärtner am Kanalufer fürchten, dass ihre Lauben und Gärten durch eines der zahlreichen Lagerfeuer „irgendwann mal abgefackelt“ würden.

Auf Anfrage des Senders rbb erklärte ein Sprecher des Landesamts für Flüchtlinge (LAF), man könne keine „Zuständigkeit für das öffentliche Straßenland“ erkennen. Damit war der Schwarze Peter an die Bezirke weitergereicht. Im Bereich des Kanalufers und des Flughafengeländes treffen allerdings die Grenzen von drei Berliner Bezirken aufeinander. Damit ist ein Gerangel der Zuständigkeit absehbar. Obendrein fehlt den Bezirken ausreichend Personal, um ihre Ordnungsämter langfristig im Problemgebiet auf Streife zu schicken.

Vereinbart haben verschiedene Behördenvertreter nun immerhin einen verstärkten Einsatz von Berliner Stadtreinigung, Parkläufern, Polizei und Ordnungsämtern der Bezirke. Die Nutzer der Kleingärten am Schifffahrtskanal konnten bislang allerdings noch keine Verbesserung der Lage feststellen.

Senatorin Kiziltepe kündigte inzwischen an, die Großunterkunft in Tegel im kommenden Jahr wieder verkleinern zu wollen. Die SPD-Politikerin setzt darauf, Bewohner der Großunterkunft künftig stärker in Wohncontainerdörfern in den Berliner Bezirken unterbringen zu können. Dirk Stettner, CDU-Fraktionschef im Abgeordnetenhaus, glaubt dagegen nicht, dass Berlin auf Unterkünfte wie in Tegel verzichten kann. „Solange der Bund seine Asylpolitik nicht ändert und den hohen Zustrom an Asylbewerbern nicht stoppt oder wenigstens stark drosselt, werden wir weiter Großunterkünfte brauchen“, so der Christdemokrat.


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