Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
Vor 75 Jahren gründeten Kommunisten und Sozialdemokraten in der Sowjetischen Besatzungszone die SED, die gemeinsam mit der Besatzungsmacht im kleineren Teil Deutschlands eine Diktatur aufbaute und diesen mehr als vier Jahrzehnte prägte
Bereits im Moskauer Exil entwickelten deutsche Kommunisten ihre Vorstellungen für die Gestaltung Nachkriegsdeutschlands. Ein Aspekt war dabei die Vernichtung der Sozialdemokratie durch Umarmung. Bis Mitte der 1930er Jahre hatte die KPD die Sozialfaschismusthese vertreten, nach der die Sozialdemokraten „Steigbügelhalter der Faschisten“ seien. Die KPD unter ihrem Führer Ernst Thälmann forderte 1931 die vollständige Liquidierung der Sozialdemokratie: „Man kann den Kapitalismus nicht schlagen, ohne die Sozialdemokratie zu vernichten.“ Auf Weisung Josef Stalins änderten die Kommunisten 1935 ihre Position und propagierte die Herstellung einer Aktionseinheit aller Teile der deutschen Arbeiterklasse und die Schaffung einer antifaschistischen Volksfront.
Seitdem folgte die KPD den Weisungen des sowjetischen Diktators Stalin, der im Jahr 1945 äußerte: „Dieser Krieg ist nicht wie in der Vergangenheit; wer immer ein Gebiet besetzt, erlegt ihm auch sein eigenes gesellschaftliches System auf. Jeder führt sein eigenes System ein, soweit seine Armee vordringen kann. Es kann gar nicht anders sein.“
Nach der Zulassung von Parteien durch die sowjetische Besatzungsmacht trat die KPD mit einem Aufruf ihres Zentralkomitees an die Öffentlichkeit. Sie ordnete ihre Programmatik zum inneren Aufbau der Ostzone der von Stalin geplanten Erweiterung des sowjetischen Einflusses auf Gesamtdeutschland unter und verzichtete aus taktischen Gründen vorerst darauf, das Ziel einer sozialistisch-kommunistischen Umgestaltung offensiv zu propagieren.
Die SPD wandte sich mit einem deutlich radikaleren Aufruf an die Bevölkerung. Sie forderte die Enteignung des Großgrundbesitzes und die Verstaatlichung von Banken, Versicherungsunternehmen, Bergwerken und der Energiewirtschaft. Als Lehre aus der nationalsozialistischen Diktatur plädierte der Zentralausschuss der Ost-SPD außerdem für eine Rückbesinnung auf den revolutionären Marxismus und eine schnelle Vereinigung mit den Kommunisten.
Anfangs bremste die KPD
Die KPD lehnte jedoch eine schnelle Vereinigung ab, da die SPD deutlich mehr Mitglieder als die KPD zählte, die außerdem in der Bevölkerung einen schlechten Ruf – als Russenpartei – hatte. Gleichwohl arbeiteten KPD und SPD im Rahmen der von der Sowjetunion angeordneten „Einheitsfront der antifaschistisch-demokratischen Parteien“ eng zusammen, um die ebenfalls zugelassenen beiden bürgerlichen Parteien CDU und Liberal-Demokratische Partei Deutschlands (LDP) in Schach zu halten. Die liberale Partei sprach sich als einzige in ihrem Gründungsaufruf für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sowie ein marktwirtschaftliches System mit Privateigentum an Produktionsmitteln aus.
Nach schlechten Wahlergebnissen der kommunistischen Parteien in Österreich und Ungarn forderte die Sowjetunion die KPD auf, eine Verschmelzung mit der Sozialdemokratie anzustreben. Nach mehreren Gesprächen und Konferenzen zwischen den Führungsebenen beider Arbeiterparteien, bei denen sich sowohl Gemeinsamkeiten als auch Unterschiede herausstellten, einigten sich die Parteiführungen im Dezember 1945 auf einen Zusammenschluss. Die SPD strebte die Schaffung einer gesamtdeutschen Partei an, was der Sprecher der westdeutschen Sozialdemokratie, Kurt Schumacher, jedoch nachdrücklich ablehnte. Für ihn war die geplante Einheitspartei ein Instrument der sowjetischen Deutschlandpolitik, der sich die SPD um jeden Preis widersetzen musste. Die KPD sei keine deutsche Klassenpartei, sondern die Partei eines fremden Staates.
KP-Niederlagen im Ausland
Der Führer der Ost-SPD, Otto Grotewohl, folgte jedoch Kurt Schumacher nicht und forcierte nun die Verschmelzung mit der KPD. Anlässlich des 70. Geburtstages des späteren ersten und einzigen Präsidenten der DDR, Wilhelm Pieck, Anfang Januar 1946 äußerte er: „Diese Hände, die sich heute hier gegenseitig ergriffen haben, werden niemals wieder gelöst werden. Die Arbeiterklasse hat gelernt. Wir werden die Garanten dafür sein, dass die Einigkeit der Arbeiterklasse niemals mehr gestört wird.“
Auch in der Ostzone gab es Widerstände gegen die geplante Verschmelzung. Befürworter und Gegner standen sich innerhalb der Ost-SPD in etwa gleicher Anzahl gegenüber. Die sowjetische Besatzungsmacht und die KPD verstärkten daraufhin ihren Druck auf die meinungsbildenden Funktionäre der SPD, um die Vereinigung um jeden Preis zu erreichen.
Die Sowjetische Militäradministration arbeitete mit „Zuckerbrot und Peitsche“. Vereinigungsgegner erhielten auf materieller Ebene Zugeständnisse oder wurden massiv unter Druck gesetzt, erpresst und verhaftet. Es entwickelte sich ein Klima, das keine freie Meinungsäußerung mehr ermöglichte.
Der Sozialdemokrat Erich Gniffke, der im Auftrag der Parteiführung das Verhalten der Besatzungsmacht gegenüber Vereinigungsgegnern beobachten sollte, stellte in einem Vermerk fest: „Fasse ich die Schilderung zusammen, so ergibt sich eine ähnliche Situation, wie ich sie unter den Nazis im März 1933 im Lande Braunschweig erlebt habe, als überall unsere Genossen ‚freiwillig' aus ihren Ämtern und ihren Stellungen schieden.“
Auf einer Sitzung des Zentralausschusses mit den Vertretern der Landesverbände am 10./11. Februar 1946 fiel schließlich die sozialdemokratische Entscheidung für die sofortige Vereinigung. Alle anwesenden Landesvorsitzenden sprachen sich dafür aus, der Zentralausschuss schloss sich dem Votum an. Mit einer Mehrheit von acht gegen drei Stimmen bei vier Enthaltungen plädierte die Führung der Ost-SPD für die sofortige Verschmelzung mit der KPD.
Die Gegner der Vereinigung innerhalb der SPD versuchten zumindest in Berlin, mit einer Abstimmung an der Parteibasis die Vereinigung zu verhindern. Diese Abstimmung fand Ende März 1946 allerdings nur in den Westsektoren statt, da die sowjetische Besatzungsmacht sie im Ostsektor nicht zuließ. Bei einer Wahlbeteiligung von 73 Prozent votierte eine große Mehrheit von gut 82 Prozent gegen den sofortigen Zusammenschluss; knapp 62 Prozent befürworteten jedoch grundsätzlich ein Bündnis mit der KPD. Dieses Ergebnis entsprach der Stimmungslage vieler Sozialdemokraten in den Ost-Landesverbänden: Skepsis gegenüber einer sofortigen Vereinigung bei grundsätzlicher Option für einen späteren Zusammenschluss.
Die sozialdemokratischen Landesverbände stimmten anschließend zumeist mit einstimmiger Mehrheit für die Vereinigung. Der Parteitag der SPD am 19./20. April 1946 in der SBZ billigte einstimmig die Durchführung der Fusion mit der KPD sowie die Grundsätze und Ziele der zu gründenden Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED). Die gleichzeitig tagende KPD stimmte ebenfalls geschlossen der Vereinigung zu. Auf einem gemeinsamen Parteitag im Admiralspalast in Ost-Berlin am 21./22. April 1946 wurde die Vereinigung schließlich vollzogen.
Zuckerbrot und Peitsche
Aus Sicht der Vereinigungsgegner mag die SED-Gründung eine Zwangsvereinigung gewesen sein, dennoch gab es viele Sozialdemokraten mit der Illusion, in der neuen Einheitspartei den Kurs zumindest mitbestimmen zu können. Tatsächlich aber dominierten die Führungskader der KPD die neue Partei von Beginn an, und nur Sozialdemokraten, die sich ihrem Diktat unterwarfen und ihre Ideologie übernahmen, durften weiterhin in den Führungsetagen von Partei, Behörden und Gesellschaft agieren.
Abstimmung in West-Berlin
Zum Zeitpunkt der Gründung zählte die SED offiziell 1,3 Millionen Mitglieder, von denen 620.000 aus der KPD und 680.000 aus der SPD kamen. Damit traten die KPD-Mitglieder nahezu vollständig und die SPD-Mitglieder zum weit überwiegenden Teil in die neue Partei ein. Diese konnte ihren Mitgliederstand schnell auf 1,8 Millionen steigern. Ende 1947 war ungefähr jeder zehnte Bewohner der SBZ in der SED organisiert.
Die Sozialistische Einheitspartei war, auch wenn sie dies erst zwei Jahre später offiziell verkündete, von Beginn an eine genuin kommunistische Partei. Sozialdemokraten, die an ihre politischen und ideologischen Traditionen anknüpfen wollten, wurden aus der Partei gedrängt, verfolgt und inhaftiert. Andere Sozialdemokraten – mit Grotewohl an der Spitze – passten sich schnell dem totalitären Denken der Kommunisten an und gehörten bald zu den schärfsten Kritikern des „Sozialdemokratismus“. Der Anpassungsprozess der Mehrzahl ehemaliger Sozialdemokraten verlief freilich still und unauffällig.
Die KPD schaffte mit Hilfe der sowjetischen Besatzungsmacht im April 1946, was sie schon im Moskauer Exil geplant hatte: Die Vernichtung der Sozialdemokratie als eigenständige politische und kulturelle Kraft.
• Prof. Dr. Klaus Schroeder ist Professor für Politikwissenschaft an der Freien Universität Berlin und wissenschaftlicher Leiter des Forschungsverbundes SED-Staat. Er hat zahlreiche Aufsätze und Bücher über die Geschichte der DDR veröffentlicht, unter anderem das Standardwerk „Der SED-Staat. Geschichte und Strukturen der DDR. 1949–1990“, dritte vollständig überarbeitete und stark erweiterte Neuausgabe, Köln/Weimar/Wien 2013.
Michael Holz am 25.04.21, 10:57 Uhr
In den 70er Jahren hatte ich, damals noch in der DDR lebend, ein seltsames Ereignis. Mein Schwager war in der DDR-Post ein hohes Tier und ansonsten noch ein vernünftiger Mensch, was sich ja eigentlich widerspricht. In einem privaten Gespräch sagte er mir als SED-Mitglied, dass er zu dem Teil gehöre, der der SPD nahe stand. Dabei grinste er, weil er meine Einstellung kannte. Er bekommt als Rentner nun eine stattliche Rente.
sitra achra am 21.04.21, 10:49 Uhr
SPD und KPD sind gemeinsam aus dem gleichen marxistischen Sumpf gekrochen. Das macht sich bis heute unangenehm duftend bei Typen wie Eskens und Borjahns bemerkbar, von dem grünen, bolschewistischen Sproß ganz zu schweigen.
Doch wer vertritt heute die Interessen des sogenannten "kleinen Mannes"?
Der hätte mehr denn je tatkräftige Unterstützung und kluge Interessenvertretung nötig. Ist das denn im "besten Deutschland, das es je gab", kein Thema mehr?
Siegfried Hermann am 20.04.21, 07:38 Uhr
Herr Schröder fasst das sehr gut zusammen.
Mit Grotewohl und Pieck haben die Genossen das Volk das 3. Mal gnadenlos verraten und verkauft und dafür ihre Pfründe kassiert und sind so Vorbilder für die Enkel vom Schlage Schröder, Steinmeier, Merkel geworden.
Bei 500.000 russische Besatzungssoldaten in der DDR und einen Wodka-launigen Stalin war der Spielraum nahe zu null,
allerdings hätte man auch protestieren, zurück getreten worden können, 2-3 Jahre Knast und dann ein reines Gewissen haben können.
So ist das eben mit den Politikern. Und zwar JEDER Farbe. Die denken grundsätzlich nur an sich selbst und die Wiederwahl.
Einzige lobenswerte Ausnahme von der Regel: Helmut Schmidt!