12.04.2025

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Kein Unterschied zwischen Freunden und Gegnern: US-Präsident Trump bei der Verkündung seiner drastischen Einfuhrzölle
Foto: picture alliance / abaca | Gripas Yuri/ABACAKein Unterschied zwischen Freunden und Gegnern: US-Präsident Trump bei der Verkündung seiner drastischen Einfuhrzölle

Internationale Politik

Die Welt erlebt eine historische Zäsur

Nach Russland stellt nun auch die USA die bestehende globale Ordnung infrage. Vor purem Aktionismus sollten Europas Eliten die Interessen ihrer Nationen klären

René Nehring
10.04.2025

Die internationale Politik steht an einem historischen Wendepunkt. Nachdem zuvor Russland mit seiner Invasion der Ukraine die bestehende, auf völkerrechtliche Verträge gegründete Weltordnung infrage gestellt hat, geht nun die USA unter der Regierung Trump einen ähnlichen Weg. Zwar greift sie – zumindest bislang – keine Staaten militärisch an, doch hat der US-Präsident wiederholt sein Interesse an strategisch wichtigen Territorien wie Grönland und dem Panamakanal sowie auch an ganzen Ländern wie Kanada bekundet. Und gerade erst hat er mit drastischen Einfuhrzöllen für in die USA importierte Waren weiten Teilen der Welt faktisch den Wirtschaftskrieg erklärt.

Bemerkenswert daran ist: Während Russland den Krieg gegen die Ukraine eröffnete, weil es durch deren möglichen Beitritt zu NATO und Europäischer Union (EU) eine weitere Schwächung seiner seit dem Zerfall der Sowjetunion ohnehin geschwächten geopolitischen Lage befürchtete, stellt die USA nun eine Weltordnung infrage, die das Ergebnis einer rund hundertjährigen Außenpolitik Washingtoner Regierungen ist. Zwar behauptet Trump, dass sein Land durch die bestehende Ordnung „geplündert und vergewaltigt“ worden sei, doch kann er im Ernst nicht bestreiten, dass auch die USA massiv – siehe die Dominanz der Wallstreet in der internationalen Finanzwirtschaft oder die fast monopolartige Stellung des Silicon Valley in der Informationstechnologie oder die kulturelle Hegemonie der Filmwirtschaft von Hollywood – von den globalen Entwicklungen der letzten Jahrzehnte profitiert hat.

Ein weiterer Unterschied zwischen dem Agieren Russlands und der USA ist, dass der Kreml gegen die Ukraine vorging, als diese durch den beabsichtigten Wechsel in das westliche Lager aus Moskauer Sicht abtrünnig wurde, während das Weiße Haus in seinem Furor gegen die vermeintliche Unrechtbehandlung durch alle Welt keinen Unterschied zwischen Freunden und Gegnern macht sowie mit Kanada und Dänemark zwei der ältesten Verbündeten Washingtons brüskiert.

Brüskierte Verbündete
Vor allem dies stellt für die Alliierten der USA, insbesondere in Europa, eine neue Herausforderung dar. Nach dem Zerfall ihrer Kolonialreiche bot den Europäern die Zugehörigkeit zu einem sich über weite Teile der Erde erstreckenden und durch die militärische Dominanz der USA abgesicherten Wirtschaftsraum die Möglichkeit, weiterhin am globalen Handel teilhaben zu können. So konnten etwa europäische Firmen günstig in Asien produzieren und ihre Waren über die internationalen Seerouten in ihre Absatzmärkte liefern. Dass ihnen nun ausgerechnet die langjährige Schutzmacht den Fehdehandschuh vor die Füße wirft, trifft sie insofern hart.

Entsprechend klar fallen nun ihre Reaktionen aus. Mal auf Initiative der EU, mal auf Einladung führender Nationen wie Frankreich, erklären sie derzeit auf zahlreichen Gipfeln, sich im Zweifel auch ohne die USA in der Welt behaupten zu wollen. Selbst das aus der EU ausgeschiedene Großbritannien sucht nun den Schulterschluss zu seinen NATO-Verbündeten auf dem Kontinent. Und die künftige schwarz-rote Regierung in Berlin einigte sich noch vor Abschluss eines Koalitionsvertrages auf ein mehrere hundert Milliarden Euro schweres „Sondervermögen“, um die eigenen Streitkräfte wieder in den Stand zu setzen, ihren verfassungsmäßigen Auftrag erfüllen zu können.

Was indes – zumal in Deutschland – fehlt, ist ein Wandel des Bewusstseins, wofür Instrumente der Politik wie die Streitkräfte oder auch Handelsabkommen eigentlich da sind. Ein Beispiel: Am vergangenen Sonntag analysierte der frühere Außenminister Joschka Fischer in der Fernsehsendung „Caren Miosga“, dass mit Trump der Westen „am Ende“ sei. Was Fischer nicht erwähnte, ist, dass seine grüne Partei einen nicht unerheblichen Beitrag zum Niedergang des Westens geleistet hat, indem sie ihre Politik nicht mehr an der Frage ausrichtete, was den Interessen des eigenen Landes dient, sondern daran, wie das eigene Land in den Dienst übergreifender Ziele wie den „Kampf gegen den Klimawandel“ gestellt werden kann. Als Wirtschaftsminister Habeck in den Ampel-Jahren mit seiner Energiepolitik tausende Unternehmen in die Insolvenz oder ins Ausland trieb, hat Fischer nicht interveniert, dass der Westen auch dadurch erschüttert wird, dass die ökonomischen Fundamente einer seiner tragenden Nationen mutwillig zerschlagen werden.

Die Verantwortlichen der Politik sind gut beraten, vor weiteren Reaktionen auf die neuen Herausforderungen zu klären, welchen Zielen und Interessen ihre Politik künftig dienen soll. Dies gilt insbesondere für Deutschland, wo unlängst in einer Umfrage gerade einmal 17 Prozent der Befragten erklärten, im Falle eines Angriffs bereit zu sein, ihr Land mit der Waffe in der Hand zu verteidigen. Hier rächt sich, dass die Eliten der deutschen Gesellschaft in den vergangenen Jahrzehnten jeden nur denkbaren Weg gesucht haben, um der eigenen Nation zu entfliehen. Wer will, dass junge Menschen künftig wieder stärker ihrem Land dienen, muss ihnen mehr bieten als den Geltungsbereich einer Verfassung (so gut diese auch ist) oder Debatten über die Leistungen des Sozialstaats (so wichtig diese für die Sicherung privater Existenzen auch sein mögen).

Klärung der eigenen Interessen
Dabei schließt eine Rückbesinnung auf eigene Interessen ein starkes Engagement in der Welt nicht aus. Ganz im Gegenteil profitiert kaum ein Land wie das unsere, das nach China und den USA die drittstärkste Exportnation ist, von den Vorteilen der Globalisierung. Und ohne die westlichen Bündnisstrukturen wäre Deutschland nicht ansatzweise in der Lage, die Handelsrouten seiner Volkswirtschaft mit eigenen Streitkräften zu sichern. Wer glaubt, mit ein paar hundert Milliarden Euro neuer Schulden allein durch die Welt marschieren zu können, sollte sich ansehen, wie viel die USA jährlich in ihre global agierenden Streitkräfte pumpen (allein der zuletzt beschaffte Flugzeugträger USS Gerald R. Ford kostete rund 13 Milliarden US-Dollar).

Insofern sollten sich die deutschen und europäischen Eliten angesichts des historischen Wandels dieser Tage nicht zu irgendwelchen Abenteuern verleiten lassen, sondern vielmehr einen kühlen Kopf bewahren und sich besonnen fragen, was den eigenen Nationen nützt. Was haben, zum Beispiel, Deutschland und seine Bürger von der Mitgliedschaft in Bündnissen wie NATO und EU? Dient die Migration (etwa durch Zuwanderung von weltweit gefragten Fachkräften) wirklich dem Wachstum der heimischen Volkswirtschaft – oder wird durch sie nicht vielmehr der Sozialstaat aufgebläht? Und ist es wirklich egal, wo deutsche Firmen in Zukunft produzieren?

Wenn die Entscheider auf diese und andere grundlegende Fragen keine positive Antwort geben, können sie sich den ganzen Aktionismus, mit dem sie nach Russland nun auch der USA gegenüber Stärke demonstrieren wollen, sparen. Als Hülle ohne Inhalt würden sie sich auf der rauen Bühne der internationalen Politik nur der Lächerlichkeit preisgeben.


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Kommentare

Dr. Dr. Hans-Joachim Kucharski am 10.04.25, 10:58 Uhr

Die Wahl Trumps zum amerikanischen Präsidenten ist in mehrer Hinsicht eine Katastrophe, - auch für Amerika. Dennoch sollten die die Deutschen allen Grund haben, den Republikanern für die Wahl Trumps, und damit für die Absolution von dem häufig zu hörenden Makel, nur die Deutschen seien so autoritätshörig, eine Figur wie Hitler an die Macht kommen zu lassen, dankbar zu sein. Der Widerstand gegen ihn (und in fast allen Diktaturen) wäre vermutlich größer gewesen, wenn es nicht eine so perfekt funktionierende Überwachung gegeben hätte.
Auch das 1944 durchgeführte Milgram-Experiment sollte die These zu stützen, daß Gehorsamsbereitschaft gegenüber der Obrigkeit eine typisch deutsche Eigenschaft sei: In ‚Geschichte (dazu) im Überblick’ heißt es: „Das Milgram-Experiment sollte ursprünglich dazu dienen, Verbrechen aus der Zeit des Nationalsozialismus sozialpsychologisch zu erklären“. Weil für die Durchführung dieses Experiments nicht genügend Deutsche verfügbar waren, wurde es auch mit Amerikanern durchgeführt, was dann zu dem unerwartenden Ergebnis führte, daß die Amerikaner nicht anders votierten als die Deutschen, und somit ein landestypisches Verhalten in dieser Hinsicht nicht erkennbar ist.

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