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Wieder da: Wegen seines irrlichternden Führungsstils und schlechter Wirtschaftsdaten galt Großbritanniens Premierminister Boris Johnson lange Zeit als überfordert. Sein Handeln in der Corona-Krise brachte ihn wieder in die Erfolgsspur
Foto: action pressWieder da: Wegen seines irrlichternden Führungsstils und schlechter Wirtschaftsdaten galt Großbritanniens Premierminister Boris Johnson lange Zeit als überfordert. Sein Handeln in der Corona-Krise brachte ihn wieder in die Erfolgsspur

Felix Britannia, felix Boris

Die Wiederauferstehung eines Totgesagten

Während Brüssel und Berlin in Sachen Impfstoff zögerten, handelte Boris Johnson entschlossen – und steht nun blendend da

Claudia Hansen
04.03.2021

Boris Johnson galt als extrem angeschlagen, fast schon tot – zumindest politisch. Im Herbst mehrten sich Rücktrittsforderungen und Nachrufe auf ihn, sogar in eher konservativen Medien wie „The Times“ oder „Spectator“. Seine Umfragewerte waren unterirdisch. Über Monate hatte die Johnson-Regierung einen Zickzackkurs in der Corona-Krise gefahren: Es fehlten Testkapazitäten, es gab zu wenig Schutzkleidung in Krankenhäusern und Altenheimen sowie hohe Sterberaten. Das Virus, das Johnson selbst im April befallen und in die Intensivstation des Londoner St. Thomas'-Hospitals gezwungen hatte, hielt das Land fest im Griff. Großbritannien steckte in der schwersten Wirtschaftsrezession seit Langem. Der Regierungschef wirkte überfordert und erschöpft. Viele Journalisten gaben sich sicher, dass Johnson schon bald am Ende sein werde. Die Linke frohlockte.

Johnsons frohe Botschaft
Fünf Monate später hat sich das Bild komplett geändert. Wie ein Zauberer hat Johnson die Kulisse verwandelt. Großbritannien sei jetzt „auf der Straße in Richtung Freiheit“, sagte er in seiner jüngsten Pressekonferenz, eingerahmt von seinen Wissenschaftlerberatern Chris Whitty und Sir Patrick Vallance. Blondschopf Boris mit dem verwuschelten Haar wirkt zwar immer noch blass und ernst, aber gefasster, hoffnungsvoller. Der Grund für seine politische Wiederauferstehung liegt in der triumphal erfolgreichen Impfkampagne. Schon 21 Millionen Menschen haben die erste Dosis Impfstoff bekommen und damit Schutz gegen schwere Viruserkrankungen. Ein Drittel der Bevölkerung ist geimpft, viermal so viele wie in Deutschland und in anderen EU-Ländern.

Johnsons frohe Botschaft, die daraus folgt: England kann den Corona-Lockdown schrittweise beenden. Ab nächster Woche haben alle Schulkinder wieder Unterricht in den Klassen, Ende März machen Sportplätze sowie Tennis- und Golfclubs wieder auf. Im April dürfen alle Geschäfte wieder öffnen und Pubs ihre Biergärten aufmachen. Mitte Mai können die Briten dann endlich in Restaurants und Pubs auch drinnen sitzen. Am 21. Juni sollen dann laut der Planung alle Corona-Restriktionen enden. „Das Ende ist in Sicht“ und „Die Freiheit kommt zurück“, jubelt die Presse. „Die besten Tage unseres Lebens“, meint leicht übertrieben der sozialdemokratische „Daily Mirror“. Auch wenn einige Tory-Rebellen gerne ein schnelleres Ende des Lockdowns wünschen, gilt Johnsons Kurs bei der Mehrheit als richtiger Mittelweg. Damit steigen die Zustimmungswerte der Regierung wieder.

Der Grund des Erfolgs
Der entscheidende Wendepunkt kam Anfang Dezember. Schneller als die EU-Behörde EMA hat das Königreich eine Notzulassung für die Corona-Impfstoffe gewährt, zunächst für das Serum von BioNTech/Pfizer, dann für den Oxford/AstraZeneca-Impfstoff. Als die ersten Impfungen im Fernsehen übertragen wurden, liefen Gesundheitsminister Matt Hancock ein paar Tränen in die Augen. Der Impferfolg hat auch ihm wohl den politischen Kopf gerettet. Die Regierung hatte seit Mai 2020 tief in die Tasche gegriffen und genügend Vakzine bestellt. Anders als die EU, die monatelange über Preise und Konditionen feilschte, hat London kräftig zugelangt. Das zahlt sich nun aus.

„Liebe Briten. We beneiden you“, titelte die „Bild“-Zeitung mit Blick auf den Impferfolg auf der Insel. Das englische Massenblatt „The Sun“ spielte den Ball zurück: „Wir beneiden dich nicht ... over the EU vaccine shambles“ (für das EU-Impfdesaster), schrieb die „Sun“ auf einer Schwarz-Rot-Gold-Titelseite, dazu ein Foto der verkniffen blickenden Kanzlerin neben einem lächelnden Boris. Ein paar Wochen vorher, als der Streit um die Impfstoffe zwischen EU und London tobte, griff der „Telegraph“ die „sowjetische Inkompetenz der EU-Kommission“ an. Viele Briten sehen den Impferfolg ihres Landes nun als Bestätigung, dass der Brexit doch keine schlechte Idee war.

Neue Berater, neues Image
Das alles hilft Boris Johnson. Er liegt nun bei den Beliebtheitswerten wieder vor dem Labour-Vorsitzenden Keir Starmer. Mit Abstand der beliebteste Minister ist weiterhin Schatzkanzler Rishi Sunak, der mit Milliardenpaketen die Wirtschaft stützt. Die Tories haben wieder über 40 Prozent, in einigen Umfragen 43 Prozent gewonnen und einen Vorsprung von fünf bis sieben Punkten vor Labour. Starmer bemüht sich, die Oppositionspartei vom schwefeligen linksradikalen Geruch seines Vorgängers Jeremy Corbyn zu befreien, doch noch immer treiben genug Hardcore-Gewerkschaftslinke dort ihr Unwesen. Die links-grünen Liberaldemokraten, die sich bei der Wahl im Dezember 2019 als große Brexit-Opposition profilieren wollten, sind weitgehend von der Bildfläche verschwunden, ebenso die umbenannte Brexit-Partei von Nigel Farage. Mit dem endgültigen Brexit haben sie ihren Daseinszweck weitgehend verloren.

Als wendiges Stehaufmännchen lässt Johnson viele seiner Kritiker wieder einmal alt ausschauen. Auch die EU-Politiker, die den Brexit-Politiker als inkompetenten „Clown“ und „Lügner“ geradezu hassen. Aber nun sieht die Johnson-Regierung besser aus als Ursula von der Leyens EU-Kommission, der viele die Schuld am Impf-Versagen geben. Analysten von Bloomberg haben ausgerechnet, dass die verzögerte Impfkampagne die europäische Wirtschaft mindestens 100 Milliarden Euro kostet.
Dass Johnson heute besser dasteht, verdankt er auch neuen Beratern. Dominic Cummings, Mastermind hinter der Brexit-Kampagne, musste Downing Street 10 verlassen, herausgedrängt von Johnsons Verlobter Carrie Symonds. Statt des oft etwas seltsam und konfrontativ wirkenden „Nerds“ Cummings hat eine neue Beraterin, Allegra Stratton, bis dahin Direktorin für strategische Kommunikation des Schatzkanzlers Sunak, für Johnson eine geschmeidigere Strategie entwickelt.

Neuer Ärger mit den Schotten
Während der Brexit nun weitgehend abgehakt ist, droht dem Königreich aber in Schottland neues Ungemach: Nach Umfragen will eine Mehrheit dort die Unabhängigkeit von Großbritannien. Nach den Wahlen am 6. Mai will Schottlands Ministerpräsidentin Nicola Sturgeon von der linken SNP mit einem großen Sieg ein neues Unabhängigkeitsreferendum anbahnen. Derzeit aber hat auch Sturgeon Sorgen. Sie fetzt sich mit ihrem Vorgänger und politischen Ziehvater Alex Salmond, dem langjährigen SNP-Chef, der wegen Vergewaltigung angeklagt war, aber freigesprochen wurde, und ein Komplott seiner Nachfolgerin gegen ihn wittert. Der linksliberale „Guardian“ meint, dieses Zerwürfnis könnte Sturgeons SNP-Wahlsieg noch verhindern.


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Kommentare

Siegfried Hermann am 04.03.21, 10:25 Uhr

Ob Johnson mit dem Massenömpfen recht hatte wird sich noch zeigen.

Der Impfstoff wird jeden töten – unabdingbar!
US Ärztin Dr. Sherry Tennpenny
Bericht auf Deutsch im Netz.

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