26.09.2025

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„Eisige Empathieverweigerung“: Die Reaktionen zahlreicher linker Politiker und Medien auf die Ermordung Charlie Kirks  zeigen, dass für sie die Würde eines Menschen von dessen politischer Ausrichtung abhängt
Bilder: PA/dpa/Bernd von Jutrczenka; PA/dpa/Soeren Stache; pA/Chris Emil Janßen/Chris Emil Janssen„Eisige Empathieverweigerung“: Die Reaktionen zahlreicher linker Politiker und Medien auf die Ermordung Charlie Kirks zeigen, dass für sie die Würde eines Menschen von dessen politischer Ausrichtung abhängt

Die Würde des Menschen ist antastbar

Während die Ermordung des konservativen US-Aktivisten Charlie Kirk weltweit für Entsetzen sorgt, üben sich hierzulande linke Stimmen an einer Relativierung des Verbrechens. Eine Reflexion über den Zerfall der deutschen Debattenkultur

Arian Aghashahi
26.09.2025

Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Mit diesem kategorischen ersten Satz des Grundgesetzes haben die Mitglieder des Parlamentarischen Rates 1949 ein Fundament unseres Staates geschaffen, das weder Ausnahmen noch Relativierungen duldet. Und doch lässt sich an der Geltungskraft dieses Prinzips nach den deutschen Reaktionen auf die Ermordung des US-amerikanischen konservativen Aktivisten Charlie Kirk am 10. September ernstlich zweifeln.

Was sich in den vergangenen zwei Wochen in der Bundesrepublik Deutschland abspielte offenbart eine systematische Erosion jener geistigen und moralischen Grundlagen, auf denen eine zivilisierte Gesellschaft ruht. Diese Erosion manifestiert sich in einer doppelten Krise: der gewaltaffinen, antiaufklärerischen Menschenverachtung weiter Teile der politischen Linken einerseits und – weit gravierender noch – der intellektuellen Kapitulation und moralischen Feigheit des sogenannten bürgerlichen Lagers andererseits.

Anatomie selektiver Empathie
Charlie Kirk war, um eine Analogie zu ziehen, in den USA ungefähr das, was Luisa Neubauer in Deutschland für das grün-linke Lager darstellt: ein junger, charismatischer Aktivist mit klar definierten politischen Überzeugungen, der seine Generation zu mobilisieren suchte. Doch erhellender über die gegenwärtigen Vorgänge ist der Vergleich seines Schicksals mit dem des am 25. Mai 2020 in Polizeigewahrsam ums Leben gekommen George Floyd.

Als Floyd – ein mehrfach vorbestrafter Intensivtäter, der auch am Tage seines Todes eine Straftat begangenen hatte – starb, entwickelte sich binnen weniger Tage eine internationale Solidaritätsbewegung ohne gleichen. In Deutschland gingen hunderttausende Menschen auf die Straße, um gegen Rassismus und Polizeigewalt zu demonstrieren. Die deutsche Politik, von Angela Merkel bis hin zu lokalen Bürgermeistern, äußerte sich bestürzt und solidarisch. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk widmete dem Thema Sondersendungen und Dokumentationen.

Nach Kirks Ermordung herrscht hingegen eisige Empathieverweigerung. Heidi Reichinnek, Fraktionsvorsitzende der Linkspartei im Bundestag, verkündete bei Caren Miosga mit beispielloser seelischer Kälte: „Man freut sich niemals über den Tod von anderen, aber man muss auch an der Stelle kein Mitleid oder Respekt vor dieser Person haben.“ Diese Aussage ist nicht nur moralisch verwerflich – sie offenbart die grundlegende Perversion eines Weltbildes, das die Würde eines Menschen von dessen politischer Gesinnung abhängig macht.

Diese Delegitimierung von Mitgefühl für konservative Opfer folgt einer erkennbaren Logik: Wer vom linken Weltbild abweicht, verwirkt seinen Anspruch auf menschliche Würde und gesellschaftliche Solidarität. Es handelt sich dabei um eine moderne Form der Ächtung, die in ihrer Struktur mittelalterlichen Ketzerprozessen gleicht.

Satirische Entmenschlichung als Herrschaftsinstrument
Die systematische Entsolidarisierung mit konservativen Opfern manifestiert sich besonders deutlich im Umfeld des ZDF-Satirikers Jan Böhmermann. Dieses Milieu hat sich in den vergangenen Jahren zu einem diskursiven Machtzentrum entwickelt, das mit den Mitteln vermeintlicher Komik eine effektive Ausgrenzungsstrategie betreibt.

Jann Wattjes etwa, ZDF-Autor und freier Mitarbeiter der Böhmermann-Sendung „ZDF Magazin Royale“, postete auf der linken Plattform BlueSky einen makabren Witz: „Was haben Charlie Kirk und der ‚Letzte Bus' gemeinsam? – juhu, erwischt“. Mario Sixtus, ZDF-Publizist und Drehbuchautor, erklärte mit zynischer Klarheit: „Wenn Faschisten sterben, jammern Demokraten nicht“. Sebastian Hotz, unter dem Pseudonym „El Hotzo“ bekannt und ehemaliger Böhmermann-Gagschreiber, übertraf alle mit einem Bild des Schimpansen aus der ZDF-Serie „Unser Charly“, versehen mit dem Zusatz „RIP“ – was selbst für Böhmermann-Verhältnisse neue Abgründe zeigte.

Diese Reaktionen sind nicht als spontane Entgleisungen zu verstehen, sondern als systematische Anwendung einer Strategie, die Hannah Arendt in ihrer Analyse totalitärer Systeme beschrieben hat: die schrittweise Entmenschlichung politischer Gegner durch deren Ausschluss aus der Gemeinschaft der Diskursfähigen. Was Arendt für die Extreme des 20. Jahrhunderts analysierte, findet heute in den Formaten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks seine zeitgemäße Fortsetzung.

Vom Bildungsauftrag zur Agitation
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk, dem der Medienstaatsvertrag in Paragraph 26 Absatz 2 ausdrücklich aufträgt, „die Grundsätze der Objektivität und Unparteilichkeit der Berichterstattung, die Meinungsvielfalt sowie die Ausgewogenheit ihrer Angebote zu berücksichtigen“, verkehrt seinen Auftrag systematisch ins Gegenteil. Während er laut Paragraph 26 Absatz 1 „als Medium und Faktor des Prozesses freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung zu wirken“ und „den gesellschaftlichen Zusammenhalt sowie den gesamtgesellschaftlichen Diskurs in Bund und Ländern fördern“ soll, agiert er de facto nicht als pluralistische Plattform demokratischer Meinungsbildung, sondern als Propagandainstrument einer spezifischen politischen Richtung.

Diese Instrumentalisierung staatlicher Medien zur ideologischen Indoktrination ist ein charakteristisches Merkmal autoritärer Systeme. Carl Schmitt hatte bereits in den 1920er Jahren vor der Aushöhlung des Verfassungsstaates durch die faktische Macht gesellschaftlicher Gruppen gewarnt. Was er als theoretische Möglichkeit analysierte, ist heute zur politischen Realität geworden.

Dies manifestiert sich nicht nur in den angeblichen Satire-Formaten, sondern bereits in der grundlegenden Berichterstattung über das Attentat. Die Tagesschau nannte den Kirk-Mord anfänglich einen „Vorfall an einer Universität“ und nicht ein politisches Attentat oder Terroranschlag. Diese sprachliche Verharmlosung ist symptomatisch für eine Berichterstattung, die konservative Opfer systematisch delegitimiert.

Ein „Vorfall“ ist ein Unfall, ein unvorhersehbares Ereignis – nicht die gezielte Ermordung eines politischen Aktivisten. Um die Wurzeln dieser begrifflichen Konfusion zu verstehen, muss man tiefer graben, bis zu jenem Bildungsversagen, das bereits die Ausbildung der deutschen Eliten prägt.

Intellektuelle Verwahrlosung
Als ehemaliger Stipendiat der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) habe ich die intellektuelle Degeneration der deutschen Bildungselite aus nächster Nähe beobachten können. In Seminaren der sogenannten Begabtenförderung erlebte ich Situationen, die das Ausmaß der geistigen Verarmung verdeutlichen: Stipendiaten, die irritiert waren, als ich den Unterschied zwischen Strategie und Taktik erklärte – eine Unterscheidung, die bereits Clausewitz als elementar für jedes politische Denken charakterisiert hatte.

Diese konzeptionelle Hilflosigkeit erstreckt sich längst auf weite Bereiche politischer Analyse. Begriffe wie „Faschismus“, „Rechtsextremismus“ oder „Demokratie“ werden als rhetorische Kampfbegriffe verwendet, ohne dass ihre historische Genese oder ihre systematische Bedeutung verstanden würde. Und so lässt sich Carl Schmitts Diktum, der Souverän sei derjenige, der über den Ausnahmezustand entscheide, heute umformulieren: Souverän ist derjenige, der über die Definition von „Extremismus“ entscheidet.

Diese begriffliche Willkür hat System. Sie dient der Immunisierung der eigenen Position gegen rationale Kritik. Wer die herrschende Ideologie in Frage stellt, wird nicht widerlegt, sondern pathologisiert oder kriminalisiert. Max Weber hatte in seiner Analyse der Werturteilsfreiheit vor genau dieser Entwicklung gewarnt: Der Missbrauch wissenschaftlicher Autorität zur Legitimation politischer Präferenzen untergräbt die Grundlagen rationaler Erkenntnis. Der Höhepunkt dieser begrifflichen Perversion zeigt sich jedoch in der Instrumentalisierung historischer Kategorien zur Legitimation gegenwärtiger Gewalt.

Perversion des Widerstandsrechts
Manche Vertreter der deutschen Linken rechtfertigen ihre Empathieverweigerung mit dem historischen Konzept des Tyrannenmordes. Diese Rechtfertigung verdient eine eingehende Analyse, da sie die Perversion klassischer politischer Theorien exemplarisch demonstriert.

Claus Schenk Graf von Stauffenberg und seine Mitverschwörer rangen schwer und lang mit der Frage, ob sie, um Mord zu verhindern, selbst einen Mord begehen dürfen. Sie kamen zu dem Schluss, dass der Tyrannenmord nur dann ethisch legitimiert sei, wenn damit systematischer, staatlich organisierter Massenmord verhindert werden könne.

Adolf Hitler war ein Diktator, der Millionen Menschen ermorden ließ und einen Vernichtungskrieg gegen die Zivilisation führte. Der Widerstand gegen ihn war somit ein Akt Notwehr. Die historische Situation von 1944 war durch die vollständige Außerkraftsetzung aller rechtsstaatlichen und zivilisatorischen Normen gekennzeichnet.

Charlie Kirk hingegen war das genaue Gegenteil: ein junger Mann, der für Offenheit, Debatte und demokratische Teilhabe warb. Er suchte bewusst das Gespräch mit Andersdenkenden, reiste zu Universitäten und stellte sich kritischen Fragen. Seine Dialogbereitschaft war sprichwörtlich – er lud regelmäßig politische Gegner zu seinen Veranstaltungen ein und diskutierte mit ihnen öffentlich.

Die Analogie seines Todes zum Tyrannenmord ist somit nicht nur historisch absurd – sie ist eine Perversion des Widerstandsrechts. Und sie kehrt die moralischen Kategorien um: Der Verteidiger der freien Rede wird zum Tyrannen erklärt, seine Mörder zu Widerstandskämpfern stilisiert. Diese Umwertung aller Werte folgt der Logik totalitärer Ideologien, die Orwell in seinem Klassiker „1984“ als „Doppeldenk“ beschrieben hat.

Der Opportunismus der Bürgerlichen
Die gewaltaffine Anti-Aufklärungsideologie der Linken ist das eine Problem. Die Linken sind wenigstens ehrlich und authentisch in ihrem Hass auf Andersdenkende; sie stehen dazu, ihre politischen Gegner vernichten zu wollen. Ihre argumentative Inkompetenz ist offenkundig – sie sind zur rationalen Debatte schlicht nicht mehr fähig und wissen das auch. Das weit gravierendere Problem ist jedoch die Feigheit, Konzeptlosigkeit und der Opportunismus des deutschen bürgerlichen Lagers. Dessen moralische Kapitulation manifestiert sich in einer Reihe von Unterlassungen, die in ihrer Gesamtheit das vollständige Versagen der konservativen politischen Kultur dokumentieren.

Wo blieb, zum Beispiel, die unmissverständliche Verurteilung des Kirk-Attentats durch Norbert Lammert in seiner Funktion als Vorsitzender der KAS? Während seine Stiftung fleißig Studien gegen die AfD verfasst und vor „Kooperationen“ mit der Partei warnt, schweigt sie zum Mord an einem echten Konservativen. Diese selektive Empörung offenbart die tatsächlichen Prioritäten: Man kämpft nicht gegen die Feinde der Demokratie, sondern um die Anerkennung durch deren Feinde.

Nur wenn das bürgerliche Lager endlich seine Stimme gegen diese moralische Bankrotterklärung erhebt, kann es die demokratischen Grundfesten noch retten. Versagen Union und konservative Organisationen in ihrer Pflicht, einen klaren Tabubruch sichtbar zu machen, so überlassen sie das Feld jenen, die Gewalt und Zensur demokratisch begründen. Ein solcher Verrat am eigenen Wertekanon ist kein Zufall, sondern Ausdruck einer geistigen Gleichgültigkeit, die schleichend zur Normalität wird. Wer im Angesicht eines politischen Mordes wegschaut, liefert nicht nur den Opfern eine bittere Katharsis, sondern leistet dem Untergang jenes politischen Systems Vorschub, das zu verteidigen er vorgibt.

Arian Aghashahi ist Visiting Fellow des Danube Institutes in Budapest. www.danubeinstitute.hu 


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