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Politik

Die Zuwanderungsgesellschaft erlebt ihr offenes Scheitern

Eine Kurskorrektur scheint jedoch unter der jetzigen Bundesregierung kaum vorstellbar. Kommt nun die Neuauflage der Großen Koalition?

René Nehring
27.10.2023

Es sind schicksalhafte Tage, die Deutschland und die Welt gerade erleben. Neben dem Krieg um die Ukraine ist der internationalen Politik mit dem Terror der Hamas gegen Israel ein neuer Krisenherd im Nahen Osten entstanden, von dem noch nicht abzusehen ist, ob und wie weit er sich auf andere Regionen ausweitet.

Die Wellenschläge dieses Konflikts in die deutsche Innenpolitik hinein sind indes längt sicht- und spürbar. In aller Öffentlichkeit bekunden zehntausende Demonstranten ihre Sympathien für den Terror gegen Israel – und ihre Verachtung für die westliche Lebensart. Auch wenn es bei Weitem nicht alle in Deutschland lebenden Muslime sind, die sich hier äußern, so entlarven doch die lautstark demonstrierenden Israel- und Deutschlandhasser einmal mehr die Multikulti-Träume und die Willkommenskultur der letzten Jahre und Jahrzehnte als eine der großen Lebenslügen der Bundesrepublik.

Immer deutlicher wird auch, dass die amtierende Bundesregierung nicht in der Lage sein wird, die nun offenbar werdenden Probleme zu lösen. Zum einen, weil die das Kabinett tragenden Parteien in den vergangenen Jahren die Hauptbefürworter jener Entwicklung waren, deren fatale Ergebnisse wir nun sehen. Unter dem Schlagwort „Mehr Fortschritt wagen“ hatten sich Sozialdemokraten, Liberale und vor allem die Grünen bei der Unterzeichnung ihres Koalitionsvertrages nicht nur daran gemacht, Deutschland „klimaneutral“ und „gendergerecht“ zu machen, sondern auch noch mehr Zuwanderung in unser Land zu ermöglichen.

Selbst als überall auf der Welt – auch bei den Nachbarn der EU – die Regierungen längst bemüht waren, das Problem der ungesteuerten Massenmigration in den Griff zu bekommen, kämpfte Deutschland weiterhin für offene Grenzen, verlängerte Aufenthaltsgenehmigungen für Asylbewerber und verkürzte Wartezeiten bei der Einbürgerung. Fragen, wer da eigentlich zu uns kommt, und welche Folgen es für unsere Gesellschaft hat, wenn buchstäblich Millionen Menschen aus anderen Kulturkreisen einwandern, wurden entweder nicht gestellt oder dort, wo sie doch hochkamen, sofort unterdrückt.

Kurskorrektur unvermeidlich
Sollte also irgendjemand in der Bundesregierung tatsächlich beabsichtigen, die Fehlentwicklungen der Vergangenheit zu beheben, müsste er – oder sie – im Grunde mit allem brechen, wofür die eigene Partei in den letzten Jahren gestanden hat. Das scheint schwer vorstellbar.

Hinzu kommt, dass für sozialdemokratische und grüne Funktionäre in der Abwägung zwischen ideologischen Phantasien und realpolitischen Erfordernissen die Ideologie fast immer den Vorrang bekommt. Nicht ohne Grund überschrieben rot-grüne Träumer ihr weltanschauliches Ideal mit „Bullerbü“, jenem naiven, kindlich verklärten Idyll der schwedischen Autorin Astrid Lindgren, in dem fast immer gute Laune herrscht.

Was die Bürger dieses Landes, die mit den Folgen linksgrüner Ideologien leben müssen, von der Entwicklung halten, zeigt sich indes deutlich in den aktuellen Meinungsumfragen. Dort steht die SPD bei 14 Prozent, die Grünen bei 13 Prozent und die FDP bei fünf Prozent.

Für die Regierungsparteien ergeben sich aus dem Umstand, dass sie eigentlich eine deutliche Kurskorrektur vornehmen müssten, jedoch aus den geschilderten Gründen dazu nicht in der Lage sind, zwei Optionen. Die erste ist, dass sie die Kurskorrektur unterlassen und weitermachen wie bisher. Damit würden sie jedoch ihren Niedergang in der Wählergunst fortsetzen und sich insbesondere für die Liberalen sogar die Existenzfrage stellen.

Die zweite Option wäre eine Beendigung der jetzigen Regierung und die Neuauflage der Großen Koalition. Dass dies keineswegs nur Gedankenspiele sind, zeigen entsprechende Angebote der Vorsitzenden von CDU und CSU, Friedrich Merz und Markus Söder. „Werfen Sie die Grünen raus!“, forderte etwa der CDU-Chef unlängst auf dem Parteitag der Schwesterpartei in Richtung Scholz.

So abwegig dies im ersten Augenblick erschien, so plausibel klingt die Idee inzwischen doch. Die Sozialdemokraten, die im Laufe ihrer langen Geschichte gezeigt haben, sich im Ernstfall von ideologischen Träumen lossagen zu können und zu pragmatischen Lösungen bereit zu sein – siehe unter anderem die Agenda 2010 von Gerhard Schröder – könnten mit der Union zusammen den notwendigen Kurswechsel einleiten. Zudem würden die Genossen weiter den Kanzler stellen.

Den Grünen würde ein Gang in die Opposition ersparen, einen etwaigen Kurswechsel mitzutragen, den ihre Anhängerschaft ohnehin kaum mitzugehen bereit wäre. Und die FDP bekäme die Chance, ein Bündnis zu verlassen, in dem sie seit zwei Jahren wie ein Fremdkörper wirkt und bislang allzu oft eine Politik mitgetragen hat, für die sie nicht gewählt wurde.

Auch für Merz, dessen Ziel natürlich noch immer die Kanzlerschaft ist, wäre ein Eintritt in die Regierung von Vorteil. Als Vizekanzler und möglicherweise Superminister für die Ressorts Wirtschaft und Finanzen hätte er erstmals seit seiner Rückkehr in die Politik ein Amt, mit dem er nicht nur Forderungen aufstellen, sondern konkret gestalten kann. Auch gegenüber parteiinternen Rivalen wie dem schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Daniel Günther, die noch immer schwarz-grünen Träumen hinterherhängen und bislang jede Rückbesinnung auf klassische Unions-Programmatik sabotiert haben, hätte Merz dann ein größeres Gewicht.

Bislang ist der Kanzler auf die Avancen der Union nicht eingegangen. Nachdenklich stimmen könnte ihn ein Blick auf die eigene Biographie. Im Mai 2001 wurde Scholz Hamburger Innensenator. Seine Amtszeit endete bereits im September jenes Jahres, als die SPD die Bürgerschaftswahl verlor. Nachfolger im Amt des Innensenators wurde damals ein gewisser Ronald Schill, den die Wut der Hamburger über die rot-grüne Ignoranz aus dem Nichts nach oben gespült hatte.


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