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Bugenhagen – Mitverfasser der ersten niederdeutschen Bibel und persönlicher Freund Luthers
Wenn am 31. Oktober wieder an den Beginn der Reformation sowie den Anschlag der 95 Thesen an die Tür der Schlosskirche zu Wittenberg gedacht wird, dann sollte ebenfalls Johannes Bugenhagen, genannt „Doktor Pommer“, nicht vergessen werden. Auch deshalb, weil der 1485 in Wollin geborene Bugenhagen eine wichtige Rolle für die Reformationsbewegung in Pommern und Norddeutschland einnahm.
Kaum 20 Jahre alt, wurde Bugenhagen nicht nur Rektor der Lateinschule zu Treptow an der Rega, sondern auch bereits früh vom Abt des Klosters in Belbuck berufen, um seinen Mönchen die Bibel auszulegen. So kam er auch mit Martin Luthers Schrift „Von der babylonischen Gefangenschaft der Kirche“ in Berührung. Doch entgegen jeder Annahme, rief er nach dem Lesen der ersten Seiten zunächst: „Diese Ketzer haben von Anfang an die Kirche angegriffen; aber keiner ist je ärger gewesen, als der dies Buch gemacht hat.“
Erzürnt, aber auch tief bewegt, befasste er sich eingehender mit Luthers Schrift, um zu der Erkenntnis zu kommen, dass die ganze Welt in Finsternis läge und nur Luther das Licht sähe. Dieser Wandel in seiner Beurteilung von Luthers Werk führte dazu, dass sich Bugenhagen nun von Herzen dem Evangelium zuwandte und schließlich den Entschluss fasste, auf der Hochschule Wittenbergs die Sache gründlicher zu erforschen.
Bugenhagen in Wittenberg
Zunächst wohl unerkannt, dann aber auf Martin Luther und Philipp Melanchthon stoßend, beteiligte er sich schon bald selbst am Werk der Reformation. Belegt ist, dass Bugenhagen seit dem 3. November 1521 akademische Vorlesungen über Psalme hielt, die im Jahre 1524 veröffentlicht wurden. Luther, der von Bugenhagens treffender Auslegung der Psalme beeindruckt war, urteilte schon bald: „Dieser Pommer ist der erste, der ein Ausleger der Psalme genannt werden darf.“
Schließlich sollte Bugenhagen, als der Hauptpastor von Wittenberg gestorben war, zu dessen Nachfolger gewählt werden. Zwar war dies für den bescheidenen Pommer als Würdigung seines Wirkens zu verstehen, doch machte dieser sich Gedanken, weil er nicht hochdeutsch, sondern nur pommersch – also Niederdeutsch – sprach. Dies allerdings soll dazu geführt haben, dass er schon bald „Doktor Pommer“ genannt wurde.
Wie wichtig er für die Reformation selbst war, erklärt sich, wenn man sein eigenes Werk betrachtet, ohne das die Reformation wohl kaum zu denken war.
Bugenhagen verfasste nicht nur zahlreiche Kirchenordnungen – auch für Holstein, Hamburg, Braunschweig, Lübeck, Schleswig und Pommern sowie für Dänemark und Norwegen –, sondern er übertrug die Lutherbibel auch in das ihm lieb gewesene Niederdeutsch.
Doch wie sah es in Bugenhagens pommerscher Heimat derweil aus? Dort gab es zwar die Kirche und – wenn man alten Quellen Glauben mag – weit mehr als 30.000 Mönche, doch Pommern war auch in Aberglauben versunken. Sicher auch deshalb, weil die Priester sich nicht mehr um ihre Gemeinden sorgten, sondern sich selbst am nächsten waren und die Menschen an den Wallfahrtsorten so betrogen, dass sie bald Verachtung erfuhren.
Das erklärt, weshalb Luthers neue Lehre auch in Pommern auf fruchtbaren Boden fiel, die geistige Saat aufging und Forderungen zur Einführung von Luthers Lehre die pommerschen Herzöge erreichte. So beriefen diese – Philipp von Pommern-Wolgast und Barnim von Pommern-Stettin – am 13. Dezember 1534 einen großen Landtag ein, auf dem über die Neuordnung der kirchlichen Angelegenheiten beraten werden sollte.
Nicht nur Zustimmung
Die Versammlungsleitung fiel dabei Bugenhagen zu – doch einfach war es nicht! Seine Vorschläge stießen auf Widerstand, der nur mit Hilfe der Fürsten und Städte gebrochen werden konnte. Erst dann konnte die neue Kirchenordnung festgelegt werden. In der Folge wurden die Klöster aufgehoben. So gingen die Besitzungen in die Verwaltung der pommerschen Herzöge über, während die Kirchengüter Bedürftigen und Schulen zugutekommen sollten.
Die Prediger jedoch würden fortan, wie in Wittenberg, von der Obrigkeit gewählt werden und sich verheiraten dürfen. Noch wichtiger war: Das Wort Gottes sollte ab jetzt lauter und reiner verkündet werden. Festgelegt wurde alles in der „Kirchenordnung des ganzen Pommerlandes“, die Bugenhagen in seiner niederdeutschen Sprache geschrieben hatte, so, wie sie in Teilen noch bis heute dies- und jenseits der Oder gilt.
Anzumerken ist, dass Bugenhagen noch eine weitere große Leistung für seine Heimat vollbrachte. Bereits 1517 begann er im Auftrag des pommerschen Herzogs Bogislaw mit seiner in Latein verfassten pommerschen Chronik. Die „Pomerania“, bestehend aus vier Büchern, gilt als erste zusammenhängende Landesgeschichte Pommerns – sie bezieht sich auf von Bugenhagen gesammelten Quellen und Überlieferungen. Am 27. Mai 1518 übergab Bugenhagen sein Werk an den pommerschen Herzog.