14.12.2024

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Affenpocken

Droht eine neue Pandemie?

Die WHO schlägt wieder Alarm – Die Zahl der akuten Fälle gibt jedoch kaum Anlass zu Panik

Wolfgang Kaufmann
29.08.2024

Das 1958 entdeckte Affenpockenvirus (MPXV), das ungeachtet seines Namens weniger von Primaten als von Nagetieren übertragen wird, sprang 1970 erstmals auf den Menschen über. Seitdem gab es in Zentral- und Westafrika immer wieder sporadische Ausbrüche, die zunächst vor allem auf Hygienemängel oder Tierbisse zurückgingen. Dann erfolgten ab 2014 mit dem Auftreten der mutierten Virusvarianten I und II auch Ansteckungen direkt von Mensch zu Mensch.

MPXV-Infektionen äußern sich anfangs durch Fieber, Muskelschmerzen und geschwollene Lymphknoten, woraufhin dann pustelförmige Hautveränderungen auftreten. Als Komplikationen sind unter anderem Hirnhaut- und Lungenentzündungen sowie Augenschäden möglich – diese treten jedoch eher selten auf. In den meisten Fällen heilt die Erkrankung nach zwei bis vier Wochen von selbst aus.

Außerdem ist eine Übertragung des MPXV-Erregers im Gegensatz zu Grippe- oder Coronaviren in aller Regel auch nur durch engen Hautkontakt oder den Austausch von Körperflüssigkeiten möglich, wie er beispielsweise bei sexuellen Handlungen stattfindet, wobei der ungeschützte Analverkehr die größten Risiken birgt. Das erklärt den hohen Anteil von homosexuellen oder bisexuellen Männern an der Gruppe der Infizierten: Einer US-Studie zufolge waren über 98 Prozent der bisher registrierten MPXV-Erkrankten außerhalb der afrikanischen Herkunftsgebiete des Virus männlich, wobei wiederum 95,5 Prozent der betroffenen erwachsenen Männer angaben, gleichgeschlechtlichen Sex zu praktizieren.

Über die MPXV-Fallzahlen und -Todesfälle kursieren recht unterschiedliche und teilweise auch widersprüchliche Aussagen. Nach Angaben der Africa Centres for Disease Control and Prevention (Africa CDC) wurden zwischen dem 1. Januar 2022 und dem 28. Juli 2024 insgesamt 37.583 Fälle in 15 afrikanischen Staaten gemeldet, wobei 1451 der Betroffenen gestorben sein sollen. Hiervon wiederum fielen 14.250 MPXV-Fälle beziehungsweise 456 Todesfälle ins laufende Jahr 2024. Das ergäbe eine Fallsterblichkeit von drei bis vier Prozent. Gleichzeitig teilten die Africa CDC jedoch mit, dass nur knapp 4000 der angeblichen Infektionen von 2024 in den afrikanischen Staaten klinisch bestätigt wurden. Das ist insofern bedeutsam, als das pockenähnliche Hautläsionen auch bei Gürtelrose oder Antibiotika-Nebenwirkungen auftreten können. Und von den nachweislich an Affenpocken Erkrankten starben dann lediglich 23. Diese Quote liegt deutlich unter einem Prozent, wie man es gleichermaßen von den üblichen saisonalen Atemwegserkrankungen kennt. Darüber hinaus waren die Toten etwa zur Hälfte immungeschwächte Personen mit einer AIDS-Erkrankung. Auffallend oft sind Jugendliche aus dem Kongo im Alter unter 15 Jahren von der Krankheit mit schwerem Verlauf betroffen.

Trotzdem rief die Weltgesundheitsorganisation WHO bereits am 14. August eine gesundheitliche Notlage internationaler Tragweite (Public Health Emergency of International Concern; PHEIC) aus. Hierbei handelt es sich um die höchste Alarmstufe der WHO angesichts „ernster, ungewöhnlicher oder unerwarteter“ Gesundheitsrisiken, welche die UN-Sonderorganisation dazu ermächtigt, zahlreiche Empfehlungen im Hinblick auf Reisebeschränkungen, Quarantänemaßnahmen und Impfungen zu geben.

Parallelen zu Corona-Pandemie
Der Ausrufung der Corona-Pandemie im März 2020 war ebenfalls eine PHEIC vorausgegangen. Allerdings ist die aktuelle MPXV-Notlage kein Novum. Anlässlich des Affenpocken-Ausbruchs von 2022/23 mit 99.518 bestätigten Erkrankungen in 113 Ländern, welche außerhalb der endemischen Regionen Afrikas fast nur bei homosexuellen oder bisexuell orientierten Männern auftraten, hatte die WHO am 23. Juli 2022 ebenso eine PHEIC ausgerufen und diese erst am 11. Mai 2023 wieder aufgehoben, obwohl es insgesamt nur 207 Todesfälle gab.

Die neuerliche Anwendung ihres Instrumentes PHEIC erklärt die WHO so: Nachdem 2022/23 die weniger ansteckende, kaum tödliche westafrikanische MPXV-Variante II das Geschehen dominiert habe, sei nun die viel gefährlichere Sublinie Ib der zentralafrikanische Variante I, deren Hauptursprungsgebiet in der Provinz Süd-Kivu in der Demokratischen Republik Kongo liege, auf dem Vormarsch.

Diese Begründung ist aber nicht stichhaltig. Nach den bislang aus den betroffenen afrikanischen Ländern bekannt gewordenen Zahlen liegt die Fallsterblichkeit bei einer Infektion mit MPXV-Ib nicht höher als bei den bestätigten Erkrankungen aufgrund einer Ansteckung mit der Variante II. So zählte man rund um die Bergbaustadt Kamituga in Süd-Kivu 241 Verdachts- und 108 bestätigte MPXV-Ib-Fälle. Gestorben ist jedoch keine einzige der erkrankten Personen.

Dennoch führte die WHO-Entscheidung vom 14. August schon wieder zu diversen Panikreaktionen in den Medien und bei einigen Regierungen rund um die Welt. Gleichzeitig werden jetzt immer öfter Massenimpfungen gefordert.


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