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Johanna von Puttkamer

„Du bist mein Anker an der guten Seite des Ufers“

Die Ehefrau Otto von Bismarcks kam vor 200 Jahren im pommerschen Viartlum zur Welt

Martin Stolzenau
11.04.2024

Am 11. April 1824 wurde Johanna von Puttlamer als zweites Kind von Heinrich von Puttkamer, Herr auf Viartlum, Darsekow und Reddies, im pommerschen Viartlum geboren. Kindheit und Jugend verlebte sie in und bei Reinfeld. Der Ort im Landkreis Rummelsburg, Regierungsbezirk Köslin, ist 1527 erstmals schriftlich in einem Lehnsbrief erwähnt worden, kam später an die Adelsfamilie von Glasenapp und fiel 1839 an Luitgard von Puttkamer, eine geborene von Glasenapp. Das war die Mutter von Johanna.

Ihr Vater war ein kirchlich-konservativer Landjunker, der einem Uradelsgeschlecht aus Hinterpommern entstammte. Es ist ab 1257 nachgewiesen, hat mehrere Güter in Pommern besessen, spaltete sich in die vier Hauptzweige Barnow, Norkatten, Schickerwitz und Wollin auf und brachte viele hohe Staatsbeamte, Minister und Generäle hervor. Auch Jesco von Puttkamer, der berühmte Raumfahrtspezialist, der in der Nachfolge Wernher von Brauns bei der US-amerikanischen Luft- und Raumfahrtbehörde NASA Karriere machte, ist ein Spross der Familie, die bis heute existiert und regelmäßige Familientage durchführt.

Die Eltern Puttkamer erzogen die einzige Tochter Johanna auf Gut Alt Kolziglow nahe Reinfeld streng pietistisch. Da war der flotte Otto von Bismarck mit seinem eher etwas ausschweifenden Lebenswandel zunächst kein Thema. Der junge Herrenreiter, der ab 1839 die eigenen Familiengüter vor allem auch in Pommern in die Gewinnzone wirtschaftete, kam dabei in Kontakt zum Pietistenkreis um Moritz von Blankenburg und Heinrich von Puttkamer.

Bei ihm war es anfänglich Vernunft
Lange widmete er sich Marie von Thadden-Trieglaff, der attraktiven und überaus gebildeten Ehefrau Blankenburgs, die seine auffallende Aufmerksamkeit allerdings, um Peinlichkeiten zu vermeiden, auf Johanna von Puttkamer lenkte. Zuerst erfolglos. Deshalb arrangierten die Blankenburgs 1846 für ihre pietistischen Freunde eine Harzreise. Mittendrin Otto von Bismarck und Johanna von Puttkamer, die sich inmitten der idyllischen Natur näherkamen. Der Junker auf Freiersfüßen ließ den Sekt in Strömen fließen, gab sich überaus weltmännisch und wandte sich schließlich immer stärker der Puttkamertochter zu. Man besuchte die mittelalterliche Märchenburg Falkenstein, wo Eike von Repkow den berühmten „Sachsenspiegel“ Anfang des 13. Jahrhunderts verfasst haben soll, genoss das Selketal und weilte im damaligen Modebad Alexisbad im Fürstentum Anhalt-Bernburg. Spätestens hier funkte es wohl zwischen Otto und Johanna. Diese Harzreise war im Sinne der Eheanbahnung letztlich ein voller Erfolg.

Nach der Heimkehr nach Pommern und dem plötzlichen Tod von Marie von Thadden nahm Bismarck seinen berühmten Werbebrief an den Vater von Johanna von Puttlamer in Angriff. Er gab sich in gewählten Worten als reuiger Sünder, der auf dem Weg der Besserung sei und für Johanna das Beste wolle. Das hatte Wirkung, überzeugte den skeptischen Vater Puttkamer und führte am 28. Juli 1847 geradewegs zur Hochzeit auf Gut Alt Kolziglow, nahe dem anderen Puttkamergut Reinfeld.

Anlässlich seiner Heirat schrieb Bismarck an seinen Bruder: „Ich glaube ein großes und nicht mehr erhofftes Glück gemacht zu haben, indem ich ganz kaltblütig gesprochen eine Frau von seltenem Geist und seltenem Adel der Gesinnung heiratete, dabei liebenswürdig und sehr vacile á vivre wie ich nie ein Frauenzimmer gekannt habe.“ Das sagt alles.

Ein Jahr später kam mit Marie das erste von drei Kindern des Ehepaares zur Welt. Es folgten 1849 Herbert und 1852 Wilhelm.

Bismarck indes machte Karriere, wurde Abgeordneter, Botschafter, Minister und schließlich Ministerpräsident mit dem wachsenden Vertrauen des preußischen Königs Wilhelm I., dem er schließlich die Kaiserkrone verschaffte. Der Aufsteiger war rastlos tätig, lebte recht ungesund, genoss nur selten sein Eheglück und war dann bei der Ehefrau in besten Händen.

Ihre Liebe war grenzenlos
Nach Preußens Sieg im Deutschen Krieg gegen Österreich erwarb Bismarck von einer Dotation seines dankbaren Herren in Höhe von 400.000 Talern das Rittergut Varzin südöstlich von Schlawe und nahe Reinfeld und Alt Kolziglow. Dort verbrachte das Paar viele Sommer und Winter. 1868 ließ Bismarck an der Wipper die Papierfabrik Hammermühle errichten, 1871 folgte die größere Fuchsmühle. Diese Papierfabriken, die 1890 unter dem Namen Varziner Papierfabrik AG firmierten, entwickelten sich zum größten Industrieunternehmen in Ostpommern und einem bedeutenden Produzenten für Banknoten. Der spätere „Alte aus dem Sachsenwald“ kümmerte sich in Varzin bereits besonders um den Wald. Dort fand er Ruhe und Erholung. Das Schloss blieb bis zur Besetzung Pommerns durch die Rote Armee 1945 im Besitz der Bismarcks. Ab 1946 wurde das Schloss als Schulungszentrum genutzt, 1951 wurde die noch heute bestehende Forstschule gegründet.

Über alle Jahrzehnte war es Johanna, die Bismarck pflegte, tröstete und aufbaute. Der Kanzler wusste um ihre Bedeutung für sich und schrieb von allen Aufenthalten in der Fremde eine richtiggehende Briefflut, die weitgehend überliefert ist.

Als Johanna, der er in einem Brief schrieb: „Du bist mein Anker an der guten Seite des Ufers, reißt der, so sei Gott meiner Seele gnädig“, am 27. November 1894 bei einem Aufenthalt in Varzin starb, war das für ihren Mann wie ein Erdrutsch. Er ließ das Varziner Gartenhaus, den Lieblingsplatz der Verstorbenen, in eine Grabkapelle umbauen und seine Frau hier bestatten. Erst nach dem Tod ihres Ehemannes 1898 wurde ihr Leichnam von Varzin in das Bismarck-Mausoleum in Fried­richsruh überführt. Vor 125 Jahren, am 16. März 1899, wurden die Särge der beiden Ehepartner in einer feierlichen gemeinsamen Beisetzung in zwei Sarkophagen aus Untersberger Marmor in der Kapelle eingelassen.


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