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Theologieprofessor und Kartenkünstler zum 400. Todestag am 2. Juni
Eilhardus Lubinus stammte eigentlich aus dem Ammerland an der Nordseeküste, machte zunächst als Theologe an der Rostocker Universität Karriere und löste mit ungewöhnlichen Überlegungen sowie exegetischen Kommentaren zum Neuen Testament einen deutschlandweiten Disput aus. Mit Folgen. Berühmtheiten wie Gottfried Wilhelm Freiherr von Leibniz und Jan Amos Comenius bezogen sich in ihren Werken auf Lubinus. Im Alter sorgte er dann als Kartenschöpfer für zusätzliches Aufsehen.
Grundlage für weitere Karten
Lubinus schuf nach seiner Rügenkarte zwischen 1610 und 1618 die erste vollständige Karte des Herzogtums Pommern. Sie diente für über 250 Jahre als Grundlage für alle pommerschen Landkarten, hatte eine große Vorbildwirkung für ganz Deutschland und ist bis heute bei Kartenliebhabern wegen ihrer Exaktheit, künstlerischen Aufbereitung und geschichtlichen Zusätzen begehrt. Im Pommerschen Landesmuseum in Greifswald, im Vineta-Museum in Barth und im Schloss von Stettin gehören die Originalkarten von Lubinus zu den Hauptanziehungsobjekten für Touristen. Er sorgte damit über seinen Tod vor 400 Jahren hinaus bis heute für eine beträchtliche Nachwirkung.
Der herausragende Theologieprofessor und Kartenschöpfer wurde am 24. März 1565 in Westerstede geboren und hieß zunächst Eilert Lübben. Der Vater ist als protestantischer Pastor überliefert. Nach heimischer Erstunterrichtung erhielt der begabte Knabe vom Grafen Johann XVI. von Oldenburg ein Jahresstipendium von 20 Reichstalern. Damit studierte Lübben nacheinander in Leipzig, Köln, Helmstedt, Straßburg, Jena, Marburg und Rostock. Im Mittelpunkt seiner Studien standen Theologie, Philosophie, Poesie und Mathematik. 1591 wurde der junge Mann aus Westerstede in Rostock zum Magister promoviert. Anschließend fungierte er an der Universität der Ostseestadt als Dozent. Er veröffentlichte zahlreiche Schriften, wurde zum Professor für Poesie berufen und machte in Rostock Karriere. Der aufstrebende Gelehrte, der sich nun Eilhardus Lubinus nannte, sorgte publizistisch für Aufsehen.
Vielseitiger Gelehrter
Er verschärfte die augustinischen Gedanken des Calvinisten Duplessis-Mornay zur These, das „dem höchsten Sein, dem guten Gott, das Nichts“ entgegenstehe und dass „dieses Nichts zugleich der Ursprung des Bösen“ sei. Später baute der berühmte Universalgelehrte Gottfried Wilhelm Freiherr von Leibniz bei seinen theologischen Überlegungen darauf auf. Aber erst einmal löste Lubinus eine Kontroverse in ganz Deutschland aus mit bitterbösen Anfeindungen an seine Adresse. In Mecklenburg nahm man das mit einem gewissen Stolz zum Anlass, ihn 1605 zusätzlich zum Professor für Theologie zu berufen.
Bis 1610 verfasste der zwischenzeitlich auch promovierte Theologe noch reihenweise exegetische Kommentare zum Neuen Testament, die wegen ihrer philologischen Gediegenheit berühmt wurden. Diese Schöpfungen benutzte dann Jan Amos Comenius, eine andere Größe der Geistesgeschichte, als Grundlage für sein letztes großes theologisches Werk, das 1615 erschien. Damit kann man Lubinus im gewissen Sinne eine geistige Vaterschaft für Lehren von Comenius und Leibniz zubilligen.
Kartograph erst im Alter
Doch im Alter widmete sich der Gelehrte vor allem der Mathematik und den Karten. Im Eiltempo mauserte sich der Professor der Poetik, Theologie und nun auch der Mathematik noch zum Kartenkünstler. Angeregt durch fortschrittliche Kartenwerke seiner Zeit, versuchte sich Lubinus selbst als Kartograph. Mit Erfolg. Als erstes größeres Kartenwerk ist seine Rügenkarte von 1609 überliefert. Sie erregte wegen ihrer Exaktheit Aufsehen und weckte das besondere Interesse von Herzog Philipp II. von Pommern-Stettin, der eine umfassende Pommernkarte wünschte. Das war eine wissenschaftliche Herausforderung, die Lubinus annahm. Er ließ sich dafür in Rostock beurlauben und erledigte ab 1610 den Auftrag. Lubinus begann die Arbeiten im Raum von Barth und Tribsees, erschloss in der Folge ostwärts über 150 Orte bis zur Ostgrenze Pommerns und nutzte die neuesten Erkenntnisse der Landvermessung. Er berücksichtigte astronomische Daten sowie früheres Kartenmaterial und schuf eine zwölfteilige Pommernkarte. Die Übertragung auf Kupferplatten durch den Kupferstecher Nicolas van Geilenkerken, der Druck und die Zusammensetzung des Werkes erfolgten um 1618 in Amsterdam. Die fertige Pommernkarte war mit 130 mal 220 Zentimeter geradezu monumental, beinhaltete im Kartenteil auch 49 Kleinansichten von pommerschen Städten im Stil von Matthäus Merian und enthielt in der äußeren Umrandung interessante Zusätze. Das reichte von Porträts pommerscher Herzöge und dem Stammbaum des Herzogshauses über eine historische Kurzbeschreibung Pommerns bis zum Porträt des Kartenschöpfers. Das Werk wurde in einer Auflage von 30 Exemplaren geschaffen und noch im November 1618 der Herzogsfamilie in Wolgast und Stettin überreicht. Das war wohl der Höhepunkt im Leben des Gelehrten. Er starb als Rektor der Rostocker Universität mit dem zusätzlichen Ruhm eines herausragenden Kartographen am 2. Juni 1621 in Rostock, seiner Wahlheimat.
Druckplatten zunächst verschollen
Die zwölf Druckplatten für die Pommernkarte kamen auf Umwegen nach Greifswald, galten lange als verschollen und wurden 1756 auf dem Dachboden des Greifswalder Bürgermeisters Zander entdeckt. Diese Entdeckung ermöglichte in den Folgejahrhunderten verschiedene Nachdrucke, so zuletzt 1989. Die Arbeit von Lubinus gilt als Rarität und ist von Sammlern sehr begehrt. Inzwischen weiß man zudem, dass der Kartenschöpfer damals kaum Fehler machte.
Ein Teil der Familie Lübben in Westerstede übersiedelte parallel zum Rostocker Aufstieg von Eilhardus Lubinus nach Norden in Ostfriesland, wo man mit der theologischen Familientradition brach und eine Rauchtabakfabrik gründete, die über 100 Jahre existierte. In Westerstede indes gilt Eilhardus Lubinus als der bedeutendste Sohn der Stadt. In Mecklenburg-Vorpommern wird er bis heute als „Kartenkünstler“ verehrt.
Chris Benthe am 28.05.21, 10:34 Uhr
Toller Beitrag, typisch PAZ, dankeschön !