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Lars-Broder Keil und Sven Felix Kellerhoff gehen akribisch der Aufarbeitung des Anschlags der RAF auf das Axel-Springer-Haus im Jahr 1972 nach
Am 19. Mai 1972 verübte die Rote Armee Fraktion (RAF) einen Sprengstoffanschlag auf das Hochhaus des Springer-Verlags in Hamburg, bei dem etliche der dort tätigen Angestellten verletzt wurden. Es hätte auch Tote geben können, wenn statt dreien alle sechs im Gebäude platzierten Bomben explodiert wären. Als Attentäter gelten heute Ulrike Meinhof, Klaus Jünschke, Ilse Stachowiak und Siegfried Hausner. Während des Prozesses in Stuttgart-Stammheim räumte die Führungsspitze der RAF ein, bei dem Anschlag seien „zu viele Unschuldige“ betroffen gewesen.
Die Geschichte dieser heimtückischen Tat und ihre Folgen rekonstruieren Lars-Broder Keil, der Chef des Unternehmensarchivs der Axel Springer SE, sowie Sven Felix Kellerhoff, leitender Redakteur für Zeit- und Kulturgeschichte beim Springer-Blatt „Die Welt“, in dem Buch „Zielscheibe Axel Springer“. Dabei gehen sie ausgesprochen akribisch vor, wobei sie nicht aussparen, wie sehr der Verleger seinerzeit aus dem gesamten linken Spektrum angefeindet wurde. Ebenso aufschlussreich sind die Passagen, in denen es um die klammheimliche Freude einiger Konkurrenten Springers sowie die unglaublich naiven Solidaritätserklärungen mancher Prominenter zugunsten der Attentäter geht. Hier tat sich besonders der spätere Literaturnobelpreisträger Heinrich Böll hervor, der zur Berichterstattung des Springer-Blattes „Bild“ über die RAF fabulierte: „Das ist nicht mehr kryptofaschistisch, nicht mehr faschistoid, das ist nackter Faschismus.“ Nur deswegen hätten die „Verfolgten und Denunzierten“ dem Hause Springer den Krieg erklärt.
Dieses Klima des teilweisen Verständnisses für RAF-Terroristen sowie der Blindheit gegenüber gewalttätigen Linksextremisten allgemein führte dazu, dass am 4. Dezember 1994 nie gefasste Täter, die sich selbst „Revolutionären Lesbenfrauengruppen und anderen revolutionären Gruppen“ zuordneten, einen Brandanschlag auf die Druckerei in Weimar verübten, in der die konservative Wochenzeitung „Junge Freiheit“ produziert wurde. Der entstandene Sachschaden belief sich auf eine Million D-Mark. Jedoch fielen 1994 das mediale Echo und die Verurteilung des Anschlages durch die „Mitte der Gesellschaft“ sehr viel verhaltener aus als 1972, was zeigt, dass die von der RAF sowie auch Verharmlosern ausgebrachte Saat aufgegangen war: Eine Presse, die es wagt, sich dem Linksdrall in Deutschland entgegenzustellen, kann nicht mehr auf breite gesellschaftliche Rückendeckung hoffen, wenn sie physisch attackiert wird.