15.12.2024

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Brandenburg

Ein aufsehenerregender Archäologenfund

In den Ruinen der Deutschordenskirche entdeckten Forscher die Grabplatte des Komturs Günther von Hohenstein

Bodo Bost und Harald Tews
16.10.2024

Zum ersten Mal führte eine Expedition des Instituts für Archäologie der Russischen Akademie der Wissenschaften eine groß angelegte Erkundung der Ruinen der Deutschordenskirche in Brandenburg [Uschakowo] durch. Bei der Untersuchung von Kulturschichten aus dem späten Neolithikum bis zum 19. Jahrhundert sammelten die Archäologen eine große Anzahl wertvoller Funde.

Insbesondere fanden sie den Grabstein von Günther von Hohenstein, der als verschollen galt. Hohenstein (1310–1380) war eine der berühmtesten historischen Persönlichkeiten seiner Zeit, sein Name wird wiederholt in historischen Chroniken erwähnt. Er stammte aus dem thüringischen Grafengeschlecht der von Hohenstein und wurde Mitglied des Deutschen Ordens.

Große Zahl werfvoller Funde
1344 wurde er als Komtur der Burg von Schwetz erwähnt. In dieser Funktion erwarb er sich die besondere Gunst von Karl IV. (1346–1378), dem Erben der böhmischen Krone und späteren Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, der nach seiner Rückkehr vom Kreuzzug nach Litauen die Burg besuchte: In den Chroniken wird wiederholt erwähnt, dass Karl ihn bei Festen zu sich rief und ihn unter den anderen Komturen besonders hervorhob. Im Jahr 1349 wurde Günther von Hohenstein Komtur der Burg Osterode [Ostróda], neben der er die Burg Hohenstein [Olsztynek] im heute zur Republik Polen gehörenden Teil Ostpreußens gründete.

Im Jahr 1370 wurde Hohenstein Komtur von Brandenburg. In den Chroniken wird erwähnt, dass ihm 1379 ein Reliquienschrein mit einem Teil der Reliquien der heiligen Katharina von Kaiser Karl IV. als Zeichen der Gunst des Kaisers überreicht wurde. Zu dieser Reliquie fanden anschließend lange Wallfahrten statt. Die Reliquien gelangten später in die Marienburg, wo sie in der Kapelle des Hochmeisters, der St. Katharinenkapelle, aufgestellt wurden.

Es ist nicht bekannt, welchen Gefallen Hohenstein dem König erwiesen hat, vielleicht hing es mit den Umständen der Rettung Karls nach seiner Gefangennahme in der Nähe der Stadt Kalisch durch die Männer des polnischen Königs Kasimir III. zusammen. Als eine der wichtigsten Leistungen, die mit dem Namen Hohenstein verbunden sind, gilt der Abschluss eines zehnjährigen Waffenstillstands zwischen Preußen und Russland im Jahre 1379. Ein Jahr später, 1380, starb der Komtur auf der Burg Brandenburg und wurde in der Kirche beigesetzt.

Auf dem wiederentdeckten Grabstein ist Hohenstein in voller Größe abgebildet, die Inschrift ist lesbar, sie lautet: „Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Im Jahre 1380 n. Chr., am Maria-Magdalena-Tag, ruhte Günther von Hohenstein hier friedlich. Schaut auf die Stelle, wo er begraben ist, der Herr wird seine Seele empfangen.“ Allerdings wurden bei der Ausgrabung keine Spuren der Komtur-Bestattung selbst gefunden: Vielleicht wurde die Platte verlegt oder die Grabstätte befindet sich in einem anderen Teil der Kirche.

Die Siedlung Brandenburg im prußischen Siedlungsgebiet Natangen entstand im 13. Jahrhundert gleichzeitig mit der Burg am Ufer des Frischen Haffs, an einer stark befahrenen Straße, in der Nähe der Bucht und des Flusses Frisching, was zu ihrer raschen Entwicklung beitrug. Die Burg Brandenburg wurde 1266 von Brandenburgs Markgraf Otto III. (1215–1267) während seines dritten Kreuzzugs nach Preußen gegründet.

Einst stolze Siedlung, heute Ruinen
Die Burg war das Zentrum der gleichnamigen Komturei, deren Gebiet sich bis zu den Masurischen Seen erstreckte. Das feste Schloss war ein Zwischenglied in der Befestigungskette Balga–Königsberg. „Große Handelsstadt“ wurde Brandenburg sogar in alten Büchern genannt, mit dem Verfall der Ordensburg ging jedoch auch der Niedergang des Städtchens einher. Zuletzt hatte Brandenburg zur deutschen Zeit 1600 Einwohner. Die Schlosskirche bestand aus einem einschiffigen gotischen Gebäude mit einer halbrunden Apsis, was sie von allen anderen Kirchen in Ostpreußen unterscheidet. Heute sind von der Kirche nur noch Ruinen übrig, und von den Mauern ist nur noch der Turm erhalten, der im 17. Jahrhundert gebaut wurde.

War der große Bau um 1750 noch Bleibe für das Justizkolleg, so begann bald danach der ungehemmte Verfall. Das Haupthaus ging völlig verloren. Die Vorburg diente zuletzt der Domäne Brandenburg als Wohn- und Wirtschaftsgebäude. Heute sind die meisten Häuser der Ortschaft verfallen und scheinen dem Untergang geweiht. Die Ruine ist in Russlands staatliche Liste der erhaltenswerten Architekturdenkmäler aufgenommen. Laut einer Liste des „Forbes Magazines“ ist die Burg eine der am meisten vom Verfall bedrohten Denkmäler der Russischen Föderation. Nach den Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg wurde es bis heute nicht restauriert. Vielmehr wurde es von russischen Neusiedlern zur Gewinnung von Baumaterial verwendet.


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