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Les Edgerton beschreibt einen tragischen Helden, dem es trotz bester Lebensbedingungen nicht gelingt, ohne das Morden auszukommen
Der erste Mord ist der schwerste. Egal, wie viele man noch begeht, es ist immer der erste, der einem nachts in den Träumen erscheint. Das heißt nicht, dass der nächste so einfach ist. Nur einfacher. Es ist alles relativ, wie man so schön sagt.“ Schon im Prolog des rabenschwarzen Kriminalromans von Les Edgerton, der im vergangenen Jahr an Corona verstarb, wird deutlich, dass die in „Primat des Überlebens“ erzählte Geschichte kein gutes Ende nehmen wird. Wobei sie höllisch gut erzählt wird.
Jake Bishop geht es prima. Er lebt den amerikanischen Traum. Gemeinsam mit seiner schönen und schwangeren Ehefrau Paris hat sich Bishop in einem bürgerlichen Leben eingerichtet. Demnächst will er mit einem eigenen Friseursalon durchstarten. Doch dann holen ihn die Dämonen der Vergangenheit ein. Walker, ein ehemaliger Zellenkumpan Bishops, will ihn zu einem allerletzten Coup überreden. Der Einbruchspezialist Jake soll noch mal einen Juwelenraub durchziehen.
Dem tragischen Helden dieses Romans ist klar: Wenn dieses „letzte Ding“ schiefgeht, dann droht eine lebenslange Haftstrafe. Und Edgerton, der selbst wegen Einbruchs, Raubüberfalls und Hehlerei zwei Jahre im berüchtigten Zuchthaus Pendleton Reformatory verbracht hat, beschreibt in eindringlichen Worten, was das heißt. Die Gefängnisinsassen sind oft der Willkür der Wärter und der Brutalität anderer Zellengenossen ausgesetzt. Vergewaltigungen sind an der Tagesordnung. Bishop will auf gar keinen Fall wieder einfahren. Er hat ja eine mehr oder weniger gesicherte Existenz mit einem festen Job, einer Aussicht auf berufliche Selbstständigkeit, er hat eine Frau an seiner Seite und wird demnächst Vater. Außerdem kümmert er sich um seinen jüngeren Bruder Bobby, den er und Paris bei sich aufgenommen haben. Der Junge hat es nicht leicht, denn er leidet immer noch unter dem Tod der Eltern, die bei einem Brand ums Leben gekommen sind.
Doch Bishop kann auch nicht Nein sagen zu dem Deal, denn er ist dem alten Zellengenossen Walker noch was schuldig, immerhin hat der ihn im Knast beschützt. Doch immerhin nehmen die Geschehnisse ihren Lauf und Jake gleiten die Dinge zusehends aus der Hand. Er will eigentlich das Gute, doch er tut das Böse, um zu überleben. Am Ende verliert er alles. Edgertons Noir-Roman ist ziemlich starker Tobak und nichts für Agatha-Christie-Fans. Er schildert in salopper Sprache, wie ein Leben aus den Fugen gerät, sich Mord an Mord reiht und keine Hoffnung bleibt.
Les Edgerton: „Primat des Überlebens“, Pulp Master Verlag, Berlin 2024, Taschenbuch, 352 Seiten, 16 Euro