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In englischer Uniformen und einem Schlapphut, wie er bei den Kolonialtruppen üblich war: Deutscher Wachposten vor den Smuts-Barracks in der Wilhelmstraße in Spandau
Foto: pa/zbIn englischer Uniformen und einem Schlapphut, wie er bei den Kolonialtruppen üblich war: Deutscher Wachposten vor den Smuts-Barracks in der Wilhelmstraße in Spandau

Alliierte Dienstgruppen

Ein Dienst im eigenen Land „unter fremder Flagge“

Bis zu 5000 Deutsche schützten nach dem Krieg die Briten – Vor 30 Jahren löste sich die letzte deutsche Organisation auf, die für alliierten Truppen Wach- und Sicherheitsaufgaben übernommen hatte

Wolfgang Kaufmann
28.09.2024

Im Sommer 1944 begannen sich die Westalliierten erstmals mit der Frage zu befassen, inwieweit sie ehemalige deutsche Militärangehörige zu Sicherungsaufgaben heranziehen könnten, um die eigenen Besatzungstruppen personell zu entlasten. Daraus resultierte die Entscheidung des britischen Premierministers Winston Churchill zur Aufstellung spezieller Kompanien aus Kriegsgefangenen sowie mehr oder weniger zwangsweise rekrutierten deutschen Arbeitslosen. Diese wurden ab 1947 als Alliierte Dienstgruppen bezeichnet und dann in die Deutsche Dienstorganisation überführt, die wiederum ab Oktober des Jahres 1950 als German Service Organisation (GSO) firmierte.

Diese Organisation war auch in West-Berlin präsent, weswegen London beschloss, dort eine GSO-Teileinheit zu bilden, die uniformiert und bewaffnet den Schutz ausgewählter Liegenschaften der britischen Besatzungsmacht übernehmen sollte. Ein entsprechender Befehl zur Aufstellung der German Service Organisation Berlin, dem sogenannten Watchmen's Service (W.S.), wurde am 18. Oktober 1950 vom Stabschef des 1. Corps der Rheinarmee erlassen, aber aus haushaltsrechtlichen Gründen auf den 1. September rückdatiert.

Der Watchmen's Service hatte zunächst eine Stärke von 350 Mann, die in eigens eingefärbter britischer Militärkleidung samt australischem Buschhut auftraten. Formell galten sie als deutsche Zivilbeschäftigte innerhalb einer „Unabhängigen Einheit“ der Streitkräfte des Empire. Stationiert war die GSO Berlin (W.S.) dabei in den Smuts Barracks im Bezirk Spandau.

Als deutscher Einheitsführer fungierte ab 1952 der frühere Major der Wehrmacht Johannes Gohl, welcher schließlich im Jahr 1968 von Wolfgang Schiller abgelöst wurde. Gohl erhielt den neugeschaffenen Dienstgrad eines Staff Superintendent und sorgte unter anderem dafür, dass der Watchmen's Service eine Hundestaffel mit 30 Tieren bekam. Diese wurde später zum Aushängeschild der Einheit, da sie in internationalen Vergleichswettkämpfen zahlreiche Preise gewann.

Während der zweiten Hälfte der 1950er Jahre schrumpfte die GSO Berlin (W.S.) auf rund 150 Mann, weil viele der Wachmänner zur Bundeswehr oder Polizei wechselten. Daraufhin unternahm die britische Militärregierung etliche Versuche, die Attraktivität des Dienstes in der Einheit zu steigern.

Teilnahme an Manövern
Das gelang allerdings erst 1968 durch die Umwandlung in eine Kompanie des 2. Regiments der britischen Militärpolizei in Berlin, welche nunmehr die Bezeichnung 248 German Security Unit – Royal Military Police (248 GSU-RMP) trug. Mit dieser Statuserhöhung, durch die der Personalbestand bald wieder auf 250 Mann stieg, waren auch deutlich mehr Kompetenzen im Einsatz und spürbare arbeitsrechtliche Verbesserungen verbunden. Außerdem wuchs das Aufgabenspektrum, was den Dienst interessanter machte.

Anfangs zeichneten die deutschen Wachmänner vor allem für den Schutz des britischen Hauptquartiers am Berliner Olympiastadion, mehrerer Kasernen und Munitionsdepots sowie des British Military Hospital in Berlin-Westend zuständig. Dazu kam dann ab 1973 die Bewachung der Residenz des britischen Stadtkommandanten in der Spandauer Villa Lemm. Das war insofern von Bedeutung, als Generalleutnant David Scott-Barrett und dessen Nachfolger hier regelmäßig Mitglieder der königlichen Familie empfingen. In den 1980er Jahren wurde die 248 GSU-RMP des Weiteren noch mit der Sicherung der Residenz des Kommandeurs der Berlin Infantry Brigade der British Army sowie des britischen Offiziersclubs und des Armee-Einkaufszentrums in Berlin-Charlottenburg beauftragt.

Ein von der Öffentlichkeit stark beachteter Einsatz der 248 GSU-RMP fand im August 1987 statt. Nach dem Tod des Hitler-Stellvertreters Rudolf Heß im Kriegsverbrechergefängnis Spandau sicherte die Einheit den Abtransport der Leiche.

Später nahmen die Angehörigen der Truppe, zu der ab 1989 nun vereinzelt auch Frauen und ehemalige britische Soldaten stießen, an simulierten Häuserkämpfen und Manövern außerhalb von Berlin teil. Dazu kam das Training von Anti-Terror-Einsätzen. Desgleichen erfolgte die Bildung einer Schnellen Eingreiftruppe aus GSU-Leuten, die spezielle Sonderwaffen erhielt.

Das Auslaufen des Viermächte-Status von Berlin im März 1991 durch das Inkrafttreten des Zwei-plus-Vier-Vertrages, mit dem Deutschland formal seine volle Souveränität zurückerhalten sollte, bedeutete auch das Ende der deutschen Truppe innerhalb der britischen Militärpolizei. Allerdings zog sich deren Auflösung noch geraume Zeit hin.

Ende nach der Deustchen Einheit
Die Berlin Infantry Brigade gab erst 1993 bekannt, dass sie bis Ende September 1994 aus der Bundeshauptstadt abziehen wolle. Dem folgte die Auflösung des 2. Regiments der britischen Militärpolizei in Berlin zum 1. April 1994. Trotzdem setzte die 248 GSU-RMP ihren Dienst bis zum 30. September fort.

Danach liefen die Arbeitsverträge der meisten deutschen Wachleute aus. Übrig blieb lediglich eine 58 Mann starke Truppe namens BRIO Security, welche der British Residual Interest Organisation (BRIO) unterstand, die mit Liegenschaftsübergaben und anderen Verwaltungsaufgaben betraut war. Die BRIO Security bestand noch bis zum 15. Dezember 1994. An diesem Tage übergaben die Briten ihre letzten beiden Objekte an die Bundesvermögensabteilung der Oberfinanzdirektion Berlin.

Formell endete die Geschichte der 248 GSU-RMP aber Ende September 1994. Bis dahin hatten etwa 5000 Deutsche in der britischen Einheit gedient, darunter auch solch bekannte Personen wie der frühere Luftwaffen-Testpilot Ernst Voigt, dem es Anfang 1945 als erstem Flugzeugführer der Welt gelungen war, mit einer Düsenmaschine von einer Eisfläche aus zu starten, und Horst Pomplun, der später als Personenschützer von Bundeskanzler Helmut Schmidt fungierte.

Dabei wurden die GSU-Angehörigen häufig mit dem Vorwurf konfrontiert, im eigenen Land „unter fremder Flagge“ zu dienen. Hieraus resultierte möglicherweise auch der Umstand, dass keiner der im Jahr 1994 Entlassenen von der Bundeswehr oder der Polizei übernommen wurde. Dies führte letztlich zum Suizid einiger der arbeitslosen GSU-Veteranen.


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