05.10.2025

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Kasachstan-Ukraine

Ein Dorn im Auge Moskaus

Tokajew lehnt nicht nur Putins Ukrainekrieg ab, sondern setzt auch auf eine Annäherung an Kiew

Manuela Rosenthal-Kappi
05.10.2025

Erstmals seit 2019 trafen sich der Präsident von Kasachstan, Kassym-Jomart Tokajew, und sein ukrainischer Amtskollege Wolodymyr Selenskyj, am Rande der 80. Sitzung der UN-Generalversammlung in New York. Sie sprachen über mehrere Themen, so über das drängendste Problem, eine Beendigung des Ukrainekriegs, die Tokajew in einer diplomatischen Lösung sieht. Der Kasache verfügt dank seiner Tätigkeiten bei den Vereinten Nationen, unter anderem als Generalsekretär der UN-Konferenz für Abrüstung, über internationale außenpolitische Erfahrung. Tokajew hat Russlands Invasion in die Ukraine von Beginn an abgelehnt und sich mehrfach, wenn auch erfolglos, als Mittler für eine diplomatische Lösung ins Spiel gebracht.

Neben dem Versprechen, die diplomatische Arbeit fortzusetzen, stellte Tokajew eine Handels- und Wirtschaftskooperation mit Kiew in Aussicht und betonte das Interesse kasachischer Unternehmen am Wiederaufbau der Ukraine. Tokajew war einer der wenigen Staatsoberhäupter der GUS-Staaten, der dem ukrainischen Präsidenten persönlich zum Unabhängigkeitstag der Ukraine am 24. August gratuliert hat. Außer ihm tat dies nur der armenische Präsident Nikol Paschinjan, der sich im Konflikt mit Aserbaidschan von Russland als Schutzmacht im Stich gelassen fühlt.

Obwohl Kasachstan politisch, ökonomisch und historisch eng mit Russland verbunden ist, unterhält es auch gute Beziehungen zur Ukraine. Durch seine Mitgliedschaft in der Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit (OVKS) ist Kasachstan ein militärischer Verbündeter Moskaus, und in der von Russland dominierten Eurasischen Wirtschaftsunion (EAWU) gilt Kasachstan als wichtigstes Mitglied. Russland spielt für den Export des kasachischen Erdöls eine zentrale Rolle, da der Rohstoff über durch Russland verlaufende Pipelines ins Ausland transportiert wird.

Trotz dieser Abhängigkeiten bietet Tokajew Moskau immer wieder die Stirn. 2022 betonte er auf dem Internationalen Wirtschaftsgipfel in St. Petersburg in Putins Anwesenheit, dass Kasachstan die sogenannten Volksrepubliken Lugansk und Donezk nie anerkannt habe und auch nie anerkennen werde. 2023 äußerte er die Absicht, die gegen Russland verhängten Sanktionen des Westens einzuhalten.

Seit dem Amtsantritt Tokajews im Jahr 2019 hält das Land an seiner auf Pragmatismus beruhenden Multivektor-Außenpolitik fest. Kasachstan ist ein Vielvölkerstaat. Seit dem 19. Jahrhundert gibt es neben der russischen, usbekischen, uigurischen, tatarischen und deutschen eine ukrainische Minderheit, die heute die viertgrößte im Land ist. Der Regierung ist es gelungen, ethnisch gefärbte Konflikte in ihrem Land zu verhindern.

Gegenüber Moskau behauptet Astana beharrlich seinen eigenen Weg. Es sind insbesondere junge Kasachen, die sich vom Einfluss Russlands lösen wollen und eine eigene Identität suchen, wozu auch die Wiederentdeckung des Kasachischen zählt, das lange vom Russischen als Sprache der Gebildeten verdrängt wurde. Diese Entwicklung sowie die pro-ukrainische Einstellung der Mehrheit der kasachischen Bevölkerung sind Moskau ein Dorn im Auge.


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