Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
Lovis Corinth brachte den Maler zur Kunstakademie Königsberg – Ein Künstlerleben in historisch bewegter Zeit
Ernst Mollenhauer stammte wie Lovis Corinth aus Tapiau und entwickelte sich wie dieser zum bedeutenden Maler, der seine Hauptwirkungsstätten in der Künstlerkolonie Nidden, in Düsseldorf und auf Sylt hatte, wo er am 3. April vor 60 Jahren verstarb. Mit seinen Landschaftsbildern von der Kurischen Nehrung erreichte der Künstler auch über seinen Tod hinaus eine große Nachwirkung. Sein Nachlass kam über seine Tochter in den Besitz des Ostpreußischen Landesmuseums, das mit rund 100 Arbeiten über die größte zusammenhängende Sammlung der Werke Mollenhauers verfügt.
Mollenhauer wurde am 27. August 1892 in Tapiau geboren. Sein Geburtsort liegt 35 Kilometer östlich von Königsberg, hatte seinen Ursprung in einer prußischen Wehranlage und wurde vom Deutschen Orden 1351 mit einer Burg befestigt. Tapiau erhielt 1722 das Stadtrecht, entwickelte sich als Kleinstadt im Landkreis Wehlau und überstand den Zweiten Weltkrieg ohne Schäden. Heute gehört die Stadt mit rund 14 000 Einwohnern zur russischen Oblast Kaliningrad.
Im Tapiau des ausgehenden 19. Jahrhunderts wuchs Mollenhauer auf. Sein Vater war mit Lovis Corinth, der als Hauptvertreter des deutschen Impressionismus mit seinen Bildern bis heute einen festen Platz in der deutschen Kunstgeschichte einnimmt, befreundet. Corinth erkannte die Begabung des Jungen und bewog dessen Eltern dazu, ihn nach dem Schulabschluss nach Königsberg auf die Kunstakademie zu schicken. Mollenhauer studierte ab 1913 bei Richard Pfeiffer, er war für die Dauer des Ersten Weltkriegs Soldat und setzte anschließend sein Kunststudium in Königsberg fort, wo er ab 1920 von Artur Degner als Meisterschüler betreut wurde. Zwischendurch erschloss er sich das Fischerdorf Nidden auf der Kurischen Nehrung mit der reizvollen Landschaft, die auch andere bekannte Künstler wie die Brückemaler Karl Schmidt-Rottluff und Max Pechstein sowie Schriftsteller wie Thomas Mann anzog.
In der Künstlerkolonie Nidden
Nidden gedieh zum Sehnsuchtsort vieler Künstler und zur Künstlerkolonie. Als erste Maler in Nidden sind die Tiermaler Heinrich Krüger, Ernst Bischof-Culm sowie Eduard Anderson überliefert. Es folgten die Landschaftsmaler von der Königsberger Kunstakademie und danach auch Maler aus ganz Deutschland. Der Gasthof von Hermann Blode bildete das Zentrum. Der Eigentümer baute sein Haus zum Hotel aus, richtete Ateliers ein und betätigte sich als Nutznießer des wachsenden Andrangs auch als Mäzen.
Für Mollenhauer hatten die Diskussionen auf der „Künstlerveranda“ einen besonderen Reiz. Dazu kam die Anziehungskraft der Blode-Tochter Hedwig. Beide wurden bald ein Paar und heirateten 1920. Danach gab es politische Veränderungen für das Memelland. Es kam zunächst unter die Kontrolle des Völkerbundes und wurde 1923 von Litauen annektiert. Mollenhauer unterstützte seinen Schwiegervater trotz wachsender Beschränkungen bei der Erhaltung der Künstlerkolonie und ging dann bis 1924 in die USA. Auf Dauer zog es ihn aber zurück nach Nidden, wo er bis 1945 lebte, als Landschaftsmaler arbeitete und sich im Blodehaus über Familienzuwachs freuen konnte. 1925 wurde seine Tochter Maja geboren, die später als Kunsthistorikerin Bekanntheit erlangte. Mollenhauer schuf mit kräftigen Farben im expressionistischen Stil Landschaftsbilder, bot sie im Blodehaus für die Sommergäste zum Verkauf an und erlangte damit überregionale Bekanntheit.
Nach der Rückkehr des Memellandes zum Deutschen Reich erklärten die Nationalsozialisten Mollenhauers Arbeiten zur „entarteten“ Kunst. Er erhielt ein Mal- und Ausstellungsverbot und betreute nun das verlassene Sommerhaus von Thomas Mann in Nidden. Es folgten bei Kriegsende Flucht und Kriegsgefangenschaft in Dänemark. Im Jahr 1946 gelang ihm in Kaarst bei Düsseldorf der Neuanfang. Der Großteil seiner in Nidden zurückgelassenen Bilder wurde von Soldaten der Roten Armee als Brennmaterial für die Sauna genutzt. So blieb nur ein Bruchteil seiner Werkfülle erhalten.
Mollenhauer bezog 1950 im Künstlerhaus in der Sittarder Straße in Düsseldorf ein Atelier und malte aus der Erinnerung die verlorenen Landschaftsmotive der Kurischen Nehrung mit „expressionistischer Formenvereinfachung“: Fischerhäuser, das Haff, Kurenkähne, Waldflächen, Dünenlandschaften und seinen Blick auf das Dorf Nidden aus dem Fenster des Blodehauses.
Mollenhauer erschloss sich im Sog des Erfolges nun die Nordseeinsel Sylt. Das wurde seine letzte Inspirationsquelle. Er bezog in Keitum in weiteres Atelier und malte am Lebensende Nordseelandschaften. Zwischendurch gab es Ehrungen: den Kulturpreis der Landsmannschaft Ostpreußen und das Bundesverdienstkreuz. Der Künstler starb am 3. April 1963 an den Folgen eines Herzinfarkts. Seine letzte Ruhe fand Mollenhauer auf dem Dorffriedhof von Keitum auf Sylt. 2010 gab es im Ostpreußischen Landesmuseum eine große Ausstellung mit seinen erhaltenen Werken. Das erhaltene Blodehaus in Nidden beherbergt inzwischen ein „Hermann-Blode-Museum“, in dem auch Mollenhauer Berücksichtigung findet.
• Weiterführende Literatur Maja Ehlermann-Mollenhauer: Ernst Mollenhauer 1892–1963. Ein Expressionist aus Ostpreußen, Heidelberg 1992