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Politik

Ein Hoffnungszeichen für die Union

Hans-Georg Maaßen ist der erste CDU-Mann, der Kritik an Bundeskanzlerin Merkel politisch überlebt hat. Seine Nominierung ist eine Chance

Jürgen Henkel
03.05.2021

Seit Sonnabend überschlagen sich zahlreiche deutsche Leitmedien wieder einmal in ihrem Haltungsjournalismus vor Betroffenheit und Empörung. Allerdings nicht über die linksextremen Gewaltexzesse am Rande von „Demonstrationen“ zum 1. Mai. Sind doch diese Gewalttäter allenfalls „Randalierer“ oder „autonome Gruppen“, um nur jede politische Zuordnung zur Linken zu vermeiden. Bei Demonstrationen gegen die chaotische Corona- und Impfpolitik und die damit verbundene massive Einschränkung von Grund- und Freiheitsrechten in Deutschland grummeln und grollen Reporter und Kommentatoren minutenlang schon wegen Maskenverstößen und nicht eingehaltener Abstandsregeln. Bei linksextremer Gewalt wird hingegen gerne mal ein Auge zugedrückt. Erinnert sei nur an die Gewaltorgien in Hamburg beim G20-Gipfel 2017, als die Medien und die linksgrünen Meinungsführend*_[Inn]en* sehr schnell zur Tagesordnung übergingen.

Nein: Nicht die erneute linksradikale Gewalt mit vielen verletzten Polizisten in Berlin hat die Zunft bis ins Mark erschüttert, sondern die demokratische Nominierung des CDU-Mitglieds Hans-Georg Maaßen als CDU-Kandidat für die Bundestagswahl in einem Thüringer Wahlkreis durch eine freie und geheime Wahl. Leider sekundiert von aufgeschreckten CDU- und CSU-Generalsekretären und Unionspolitikern, die um ihre kuschelige Gemütlichkeit auf dem Weg nach Grün fürchten und wohl schon lange nicht mehr wissen, wofür die Union einst stand und kämpfte, als sie noch absolute Mehrheiten holte. Unter Konrad Adenauer, Helmut Kohl und Franz Josef Strauß waren CDU und CSU Parteien mit klarem Profil, die nicht Stimmungen und Umfragen hinterhechelten und am stärksten waren, wenn sie angefeindet wurden – von der Wiederbewaffnung über Westintegration und NATO-Nachrüstung bis zur Wiedervereinigung. Maaßen nennt Kohl und Strauß als seine politischen Idole. Ein böser Rechter?

Kurz nach dem Aufreger über die regierungskritischen „#allesdichtmachen“-Videos bekannter Schauspieler ist diese Nominierung gleich noch ein Schlag ins Kontor der linksgrünen Gesinnungsmilieus der Republik in Politik und Medien. Es ist schon schlimm, wenn in der Demokratie nicht nur das herauskommt oder zu hören ist, was man selbst will. Die mediale Hysterie um Maaßen steht natürlich auch in diametralem Gegensatz zum Hype um Annalena Baerbock und der Dauerwerbekampagne für die Kanzler*inkandidat*in der Grün*innen. Die Menschen in den neuen Bundesländern haben sich indes ein feines Gespür für mediale volkspädagogische Bevormundung und „betreutes Denken“ bewahrt.

Um wen geht es? Hans-Georg Maaßen ist seit 1978 CDU-Mitglied, da war Kanzlerin Merkel noch aktive und linientreue Funktionärin in der FDJ der DDR (Einzelheiten bei „Die frühen Jahre der Angela Merkel“, WELT online, 12.05.2013). Von 2012 bis 2018 war er immerhin Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, das wird auch nicht jeder. Die Sünde seiner Amtszeit bestand darin, gegen den Mainstream stets auch die Gefahr von islamistischem und linksextremem Terror benannt zu haben. Und er ließ sich nie instrumentalisieren für den „Kampf gegen Rechts“ und den damit verbundenen ideologischen Kulturkampf zur völligen Umgestaltung der Gesellschaft in Deutschland, deren jüngste Auswüchse der Gender-Schrecksprech ist. Dieser Kampf folgt präzise den Modellen marxistischer Gesellschaftsunterwanderung aus dem Lehrbuch.

Hans-Georg Maaßen wird zudem Geschichte schreiben: Er wurde wegen offener Kritik von Merkel geschasst – und ist der erste CDU-Mann, der das politisch offenbar überlebt. Seine Nominierung ist eine große Chance für die Konservativen in der Union und in Deutschland. Ein Vogel kann nur mit zwei Flügeln fliegen und aufsteigen. Wenn ein Flügel schwer verwundet ist, stürzt der Vogel ab. Genau das erlebt die Union unter Merkel seit 18 Jahren, zuletzt auf 21 Prozent bei der letzten Europawahl (ohne CSU gerechnet).

Die CSU wiederum scheint den Grünschwenk und die Anpassung an den Zeitgeist nach der Machtübernahme Söders 2019 im Eiltempo nachholen zu wollen. Der mit „Kreuzerlass“ als Kreuzritter gestartete und zum Baumumarmer mutierte Söder distanziert sich neuerdings explizit von der „Kohl-CDU“, nachdem Merkel die Partei inhaltlich und programmatisch ohnehin bis zur Unkenntlichkeit entkernt, pragmatisiert, sozialdemokratisiert und vergrünt hat. Diese Entwicklung und Merkels  Flüchtlingspolitik mit der unkontrollierten Grenzöffnung 2015 haben die AfD erst in den Bundestag gespült, gerade weil (Wert)Konservative und demokratische Patrioten in der Union heimatlos wurden. Damit ist auch die „Pofalla-Doktrin“ gescheitert. Der damalige Generalsekretär der CDU hatte die Ansicht vertreten, dass die Rechtskonservativen mangels Alternativen immer die Union wählen würden. Diese Haltung hat sich als bitterer Irrtum erwiesen. Eine Union ohne Konservative hat aber dauerhaft keine Chance, Volkspartei zu bleiben.

Hans-Georg Maaßen steht für diesen von der Merkel-Union völlig vernachlässigten, abgehängten und als Werte-Union sogar bekämpften und selbst von CDU-Granden auf das Übelste beschimpften (wert)konservativen und patriotischen Flügel der Union, der Europa bejaht, aber auch die Berücksichtigung nationaler Interessen als konkretes Ziel deutscher Politik einfordert. Sichere Grenzen und Innenstädte, der Kampf nicht nur gegen Rechts-, sondern auch gegen Linksextremismus und islamischen Extremismus und die Forderung nach Respekt vor der deutschen Kultur auch bei Zuwanderern gehören dazu. Das ist schlicht der „rechte Flügel“, dem die Union über Jahrzehnte satte und sogar absolute Mehrheiten zu verdanken hatte und der dafür sorgte, dass es rechts von der Union keine demokratisch legitimierte Partei in Parlamenten gab, wie das berühmte Diktum von Franz Josef Strauß lautete. Mit ihm sind Namen verbunden wie Alfred Dregger, Heinrich Lummer oder Carl-Dieter Spranger.

Über den Vorwurf rechter ausländerfeindlicher Gesinnung können Kundige indes nur schmunzeln: Maaßen spricht fließend Japanisch, seine Frau ist Japanerin. Der Spitzenjurist ist freilich eine sperrige Persönlichkeit mit eigener Meinung. Von denen gab es früher viele in den Volksparteien. Heute werden Charakterköpfe wie Thilo Sarrazin (bis zu seinem Ausschluss 2020 jahrzehntelanges SPD-Mitglied) zum Schaden der Demokratie aussortiert und ausgegrenzt, ausgebremst und ausgebuht, wenn sie sich nicht brav und willig in den engen Gesinnungskorridor der Politischen Korrektheit einsortieren.

Maaßen tut der Demokratie und der CDU gut, er steht für viele Wähler, die die Merkel-Union über etliche Jahre sträflich wie bewusst ignorierte – zur Freude der AfD. Für die Union und Konservative ist die Nominierung von Maaßen deshalb ein Hoffnungszeichen. Ohne konservative inhaltliche und personelle Angebote wird es die Union kaum mehr schaffen, bundesweit die 30 Prozent zu knacken, geschweige denn je wieder an die 40 zu rühren.

Wenn CDU und CSU sich nicht mehr zu ihrer Mitte-Rechts-Position bekennen, wenn sie ihre traditionsreiche rechtskonservative Flanke räumen und damit ein Wählerpotenzial von nach Studien 10 bis 15 Prozent sehenden Auges der AfD überlassen, dann ist der Union nicht mehr zu helfen. Da helfen auch keine Sprechblasen von Modernität, „new style“ und „Union 2.0“. Dann aber haben die Grün*innen nicht nur die SPD geschluckt, sondern schlucken auch die CDU. Der Niedergang der SPD und die Lage in Baden-Württemberg sollten Warnung genug sein.

Dr. Jürgen Henkel ist evangelischer Theologe und Publizist sowie Bezirksvorsitzender des Evangelischen Arbeitskreises der CSU/EAK in Oberfranken.

 


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Kommentare

Tom Schroeder am 10.05.21, 17:11 Uhr

Die letzte Chance sonst verlorene Stimmen cdu im rechts-konservativen Bürgertum dort nochmal einzufangen. Wenigstens Merkel konnte es nicht verhindern und wenn es dann schwarz-grün gibt, so hat der Landesverband ja ein Wörtchen mitzureden. Die Thüringer sind ja nicht als Abnicker des Kanzlerwillens bekannt und das ist gut so. Ich habe übrigens noch nie cdu gewählt, sehe das nur so von außen.

sitra achra am 04.05.21, 13:26 Uhr

Maaßen ist das Maß aller demokratischen Dinge in diesem Unland. Ohne ihn kommt die Glaubwürdigkeit in der Politik nie wieder zurück. Schade, dass er es noch einmal mit der entkernten CDU, die nur noch eine leere Hülle ist, versucht.
Es gäbe für ihn ja Alternativen.

Frank Hermann am 04.05.21, 11:00 Uhr

Nicht täuschen lassen, wer CDU wählt, egal ob mit oder auch ohne Maaßen bekommt garantiert GRÜN

Ansreas Prieß am 03.05.21, 14:13 Uhr

Maaßen ist ,wie auch Bosbach , ein treuer CDU Soldat.Auch Er trägt Anerkennung Politik mit,wenn es drauf ankommt Er ist einzig dafür da, der AfD Wählerstimmen abzujagen. Er hat politisch nur überlebt,weil er Dinge weiß,welche besser nicht an die Öffentlichkeit geraten sollen. Wer Merkel CDU abwählen will,wählt die einzige Alternative,solange es diese noch gibt.

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