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Kämpft noch immer gegen eine Gefängnisstrafe: Frankreichs Ex-Präsident Sarkozy vergangenen Februar in einem Pariser Gerichtsgebäude
Foto: ddp images/ABACAPRESSKämpft noch immer gegen eine Gefängnisstrafe: Frankreichs Ex-Präsident Sarkozy vergangenen Februar in einem Pariser Gerichtsgebäude

Justiz

Ein hohes Staatsamt schützt vor Strafe nicht ...

... auch wenn sie erst nach Amtszeitende verhängt wird: Eine ganze Reihe europäischer Staats- und Regierungschefs landete vor Gericht – und manche sogar im Gefängnis

Wolfgang Kaufmann
30.04.2024

Als besonders aufgebrachte Demonstranten gegen die Corona-Maßnahmen und -Impfpflicht Plakate mit den Konterfeis von Angela Merkel und Olaf Scholz in Sträflingskleidung schwenkten, war die Empörung in der Politik und Medienlandschaft groß. Und heute äußern große Blätter eine starke Abneigung dagegen, dass ein Drittel der Deutschen fordert, die Verantwortlichen für die umstrittenen staatlichen Maßnahmen während der Pandemie vor Gericht zu bringen. Die Kritiker der damaligen Regierungspolitik sind der Meinung, dass diese Maßnahmen eklatant gegen geltendes Recht verstoßen hätten.

Grundsätzlich gehört es zu den wichtigsten Errungenschaften der Demokratie, dass niemand über dem Gesetz steht, weswegen auch ein ehemaliger Staats- oder Regierungschef juristisch zur Verantwortung gezogen werden kann, wenn er während seiner Amtszeit Rechtsbrüche begangen hat. Dafür existieren zahlreiche Beispiel. Die meisten liefern Frankreich und Italien, ber auch in anderen europäischen Staaten wie Griechenland, Belgien, Rumänien, Albanien, Finnland und Polen landeten Präsidenten oder Premierminister vor Gericht.

Bisweilen resultierte die Anklage aus Verbrechen gegen die Menschlichkeit während der Zeit der kommunistischen Herrschaft oder der Turbulenzen danach – so beispielsweise im Fall von Ion Iliescu, dem früheren Präsidenten Rumäniens, und Czesław Kiszczak, der im August 1989 zum polnischen Premierminister aufstieg.

Einmal lautete der Vorwurf sogar Hochverrat: Der griechische Oberst Georgios Papadopoulos, welcher ab April 1967 einer Junta in Athen vorstand und nacheinander als Premierminister, Vizekönig und Präsident Griechenlands fungierte, wurde im Gefolge seines Sturzes im November 1973 zum Tode verurteilt. Nach der Umwandlung dieser Strafe in lebenslange Haft landete der Putschist und Diktator im Gefängnis von Korydallos bei Piräus, wo er bis August 1996 einsaß.

Sarkozy droht noch immer Haft
Weitere Verbrechen, die man ehemaligen Staatenlenkern zur Last gelegt hat, waren Meineid und Bruch des Amtsgeheimnisses – beides zählte vor allem zu den „Spezialitäten“ des vielfach vorbestraften italienischen Ex-Ministerpräsidenten und Unternehmers Silvio Berlusconi. Dazu kam als eher seltenes Vergehen die Nichtbegleichung von Unterhaltsschulde. Das diesbezügliche Strafverfahren gegen den einstigen polnischen Regierungschef Kazimierz Marcinkiewicz wurde 2022 eröffnet.

Auch sonst ging es vor allem um Geld beziehungsweise um Straftaten mit finanziellem Hintergrund wie Bestechung, Korruption, Wahlkampfkostenbetrug, Steuerhinterziehung, unlauteren Wettbewerb, Veruntreuung öffentlicher Mittel sowie Amtsmissbrauch in Kombination mit Bereicherung. So erhielt der frühere französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy wegen mehrerer solcher Delikte eine Haftstrafe ohne Bewährung, deren Antritt er momentan noch mit allen Mitteln zu verhindern sucht.

Etwas glimpflicher davon kam Jacques Chirac, der zu den Amtsvorgängern Sarkozys zählt und 2011 zwei Jahre Haft auf Bewährung wegen finanzieller Manipulationen kassierte. Außerdem verurteilte ein Pariser Gericht den ehemaligen Premierminister François Fillon im Mai 2022 wegen Veruntreuung von Steuergeldern zu 375.000 Euro Strafe und vier Jahren Haft, davon drei auf Bewährung.

In Italien musste sich Berlusconi auch aufgrund diverser Finanzdelikte vor Gericht verantworten, seit er 1992 wegen Schmiergeldzahlungen, gefälschte Bilanzen und illegale Parteispenden erstmals ins Blickfeld der Staatsanwaltschaften von Turin und Rom geraten war. Am Ende brachte es der „Cavaliere“ auf nicht weniger als sechs Verurteilungen und etliche weitere Anklagen, wobei die daraus resultierenden Prozesse allesamt mit seinem Tode im Juni 2023 endeten.

Vom gleichen Kaliber wie Berlusconi war Bettino Craxi, der von 1983 bis 1987 als Ministerpräsident Italiens amtierte: Er wurde zwischen 1996 und 1999 sechs Mal wegen Korruption und ähnlicher Delikte verurteilt, woraus sich eine stattliche Gesamtfreiheitsstrafe von mehr als 28 Jahren ergab.

Bettino Craxi setzte sich einfach ab
Zu den übrigen Staatsmännern, die aus ähnlichen Gründen Geld- oder Bewährungsstrafen erhielten, zählten der belgische Premier Paul Vanden Boeynants und der finnische Ministerpräsident Johannes Sukselainen. Ersterer hatte Betrug begangen und Letzterer die von ihm geleitete staatliche Volkspensionsanstalt um 343 Millionen Finnmark ärmer gemacht.Die im Einzelnen verhängten Freiheitsstrafen mit und ohne Bewährung beliefen sich auf wenige Monate bis knapp sechs Jahre pro Urteil. Darüber hinaus wurden – wie im Fall von Fillon – Geldbußen in oft sehr beträchtlicher Höhe verhängt. Und dann war da noch das Tauziehen um eine Strafe für Berlusconi: Anfang Mai 2013 erklärte das Mailänder Berufungsgericht den früheren Premier zum wiederholten Male der Steuerhinterziehung für schuldig und verurteilte ihn zu vier Jahren Freiheitsentzug, wovon es unter Berufung auf ein Gesetz zur Strafermäßigung aus dem Jahr 2006 drei Jahre erließ.

Nach längerem Hin und Her brauchte Berlusconi dann auch die einjährige Resthaft nicht abzusitzen. Stattdessen musste er nur gemeinnützige Arbeit leisten und sich vom April 2014 bis März 2015 in einer Senioreneinrichtung der Fondazione Istituto Sacra Famiglia in Cesano Boscone um Demenzpatienten kümmern. Doch manchmal entkamen die Delinquenten ihrer wohlverdienten Strafe sogar ganz.

So setzte sich Craxi im Mai 1994 nach Tunesien ab, wo er unter dem Schutz des Diktators und notorischen Kleptokraten Zine el-Abidine Ben Ali stand. Im Januar 2000 starb der in Abwesenheit verurteilte Craxi dann im tunesischen Badeort Hammamet, ohne jemals auch nur einen einzigen Tag im Gefängnis verbracht zu haben. Ebenso konnte sich Berlusconi über nicht weniger als sieben Freisprüche wegen der Verjährung seiner Bilanzfälschungen, Richterbestechungen und Schmiergeldzahlungen freuen.

Angesichts dessen sollten bei denen, welche anstreben, deutsche Politiker für ihr Regierungshandeln oder sonstige Taten juristisch zur Verantwortung zu ziehen, die Alarmglocken schrillen: Zu langes und generöses Abwarten könnte eine Strafverfolgung behindern, wenn nicht gar vollkommen unmöglich machen.


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Kommentare

Ralf Pöhling am 08.05.24, 03:54 Uhr

Das ist das altbekannte Problem des Parlamentarismus: Man kann die Demokratie sofort kapern und den Wählerwillen aushebeln, indem man ihre gewählten Entscheidungsträger nach Partikularinteressen gezielt platziert, erpresst oder eben schmiert. Parlamentarische Demokratie ist deshalb in der Praxis keine wirkliche Demokratie mehr, weil solche Fälle mittlerweile viel zu häufig auftreten und diese den halben Westen fortlaufend destabilisieren.

Kersti Wolnow am 30.04.24, 06:21 Uhr

Durch planmäßige stete Einwanderung kontinentfremder Okkupanten und dem Gesetz zur Abtreibung machen sich deutsche Regierungen seit 79 Jahren des Völkermordes schuldig, nur, gilt das auch für besetzte Staaten wie die bRD? Lt. Schäuble war sie seit 1945 niemals souverän. Die müssen ja dann permanent gegen den Amtseid verstoßen. Wahrscheinlich fühlen sie sich deshalb so sicher von der Uschi bis zum Olaf.

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