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Afrika

Ein Kontinent klemmt in der Schuldenfalle fest

Während die EU-Kommission einen grünen Öko-Deal für afrikanische Staaten vorschlägt, haben diese mit ganz anderen finanziellen Problemen zu kämpfen

Norman Hanert
10.05.2021

Seltsam und zeitlich unpassend muss aus afrikanischer Sicht der Vorschlag von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zur Schaffung eines afrikanischen „Grünen Deals“ anmuten. In einer Botschaft an die Eröffnungssitzung des EU-Afrika-Forums bezeichnete die Kommissionschefin den „grünen Übergang“ als „größte wirtschaftliche Chance unserer Zeit“.

Ob der afrikanische Kontinent der Empfehlung folgt, die Energiepreise nach dem Vorbild der EU künstlich in die Höhe zu treiben, ist fraglich: Länder, die stark von Ölexporten abhängen wie Nigeria und Angola müssen den Vorschlag der deutschen Kommissionspräsidentin sogar als direkten Angriff auf ihr Geschäftsmodell werten. Auch viele andere afrikanische Länder haben derzeit schon so starke wirtschaftliche Probleme, dass auch ohne „Green Deal“-Experimente ihre politische Stabilität gefährdet ist.

Bereits 2017 hatte der Internationale Währungsfonds (IWF) neun Länder südlich der Sahara, darunter Kamerun, Äthiopien und Sambia, als Staaten mit hohem Schuldenrisiko eingestuft. Auch den Tschad, die Republik Kongo, Eritrea, Mosambik, Südsudan und Simbabwe sah der Währungsfonds als hochverschuldete Entwicklungsländer an.

Nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie hat sich die Schuldenkrise zugespitzt. Bislang ist es auf dem afrikanischen Kontinent zu weniger Ansteckungen und schweren Krankheitsverläufen gekommen, als dies anfangs befürchtet worden war. Stark getroffen hat Afrika aber die wirtschaftlichen Einbrüche auf anderen Kontinenten infolge der Corona-Pandemie und des Lockdowns in vielen Industrieländern: „Die wirtschaftlichen Folgen“ der Pandemie „überwiegen in Afrika momentan die gesundheitlichen bei Weitem“, so eine Einschätzung aus dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.

410 Milliarden Euro bis 2023 fällig

Wie in anderen Teilen der Welt sind auch in Afrika Märkte und Lieferketten zusammengebrochen. Zudem sind Touristen und ausländische Investitionen ausgeblieben; auch die bisherige Nachfrage nach Rohstoffen fehlt. Die Exporte der Sub-Sahara-Zone Afrikas bestanden bisher zu fast zwei Dritteln aus Brennstoffen, Erzen und Metallen.

Weltbank und IWF schätzen die finanzielle Situation von mehr als einem Dutzend Staaten als hochriskant ein. Besonders prekär ist die Lage in Sambia. Das Land im südlichen Afrika musste bereits im Herbst seine Gläubiger um einen Zahlungsaufschub bitten. Auch in Nigeria und Ghana ist die finanzielle Situation schwierig. Mosambik geriet durch einen milliardenschweren Korruptionsskandal schon vor Corona in Schieflage. Der Einbruch der Ölpreise hat die Situation verschärft. Alle Staaten Afrikas zusammen brauchen nach Berechnungen des IWF 410 Milliarden Euro, um die Auslandsschulden zu begleichen, die allein bis 2023 fällig werden.

Die Überschuldung der Entwicklungsländer ist nicht neu. Bei der aktuellen Krise auf dem Kontinent spielen allerdings private Investoren als Kreditgeber eine größere Rolle als in vergangenen Jahrzehnten. Auch afrikanische Regierungen haben die Niedrigzinsen nach der globalen Finanzkrise 2008 genutzt, um an den Kapitalmärkten Schulden zu machen.

Bei der Kreditaufnahme konnten die Afrikaner gegenüber Investoren auf gestiegene Rohstoffpreise und damit auf vermeintlich sichere Einnahmen verweisen. Allein der Verfall der Ölpreise zeigt, dass viele Kreditgeber und afrikanische Schuldner eine Milchmädchenrechnung angestellt haben.

Neben privaten Investoren spielt inzwischen auch China eine wichtige Rolle. Die Volksrepublik ist mittlerweile für 32 afrikanische Staaten der größte staatliche Gläubiger. Wie Statistiken der Weltbank zeigen, ist China in Ländern mit niedrigem Einkommen im Subsahara-Bereich mit 64 Milliarden Dollar an Krediten sogar stärker engagiert als die Weltbank.

China hat mit seiner Kreditvergabe in vielen Fällen Infrastrukturprojekte angeschoben. Der Nutzen der Schnellstraßen, Eisenbahnlinien und Flughäfen ist allerdings oft umstritten.

Schuldenerlass gefordert

Bereits im November hat sich die Gruppe der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer auf einen Schuldenstopp für besonders hoch verschuldete Entwicklungsländer geeinigt. Von der Aussetzung von Rückzahlungen bis Ende Juni 2021 profitiert auch eine Reihe afrikanischer Staaten. Weltbank-Präsident David Malpass wies schon vor einigen Monaten darauf hin, dass einige Länder „substantielle Schuldenerlasse“ brauchen. Beobachter sehen allerdings bei privaten Gläubigern wie Großbanken und Fonds und auch bei der Volksrepublik China bislang wenig Bereitschaft, in großem Umfang auf die Rückzahlung von Schulden zu verzichten.


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Kommentare

Tom Schroeder am 10.05.21, 16:26 Uhr

Seit ich Nachrichten und Medien bewusst wahrnehme, also schon als Kind mit zunehmendem Alter, ist in Afrika immer dasselbe zu sehen, hören und lesen: Armut, Dürre, Hungersnot, Krieg, Diktatoren, überbordende Geburtenraten. Das wird sich auch bis zu meinem Tode und weit darüber hinaus nie ändern. Die Gründe liegen auf der Hand: es geht dort "normal" zu, also ich sehe unsere westliche demokratisierte Wohlstandwelt mit überschaubaren persönlichen Risiken als Ausnahme in der Weltgeschichte an, normal in dem Sinne, dass viele Menschen nicht davor zurückschrecken andere auszubeuten, zu versklaven und zu töten - Korruption ist dort ebenso normal, wie Wasser lassen. Wenn man das beseitigen will - das ist absolut erstrebenswert - muss man fast alle diese Faktoren ändern. Ein Schuldenerlass wird nur den Reichen dort die Möglichkeit zur weiteren Bereicherung geben, denn was anderes ist ja Neuverschuldung in vielen Staaten in Afrika kaum. Es wird vielleicht ein wenig den akuten Schmerz lindern, aber kaum die Ursachen beseitigen. China macht sich das Ganze genau so zu Nutze, wie die ehemaligen Kolonialmächte das auch taten. Deren Erbe belastet den Kontinent wegen der willkürlich gezogenen Grenzen noch heute, ein Stück Politik wie Stalin es in der Sowjetunion ebenso machte und dort auch heute noch verborgene und teils offene Konflikte schwelen. Insgesamt ist der Kontinent so groß, dass selbst willige Helfer, wie vielleicht wenige Staaten der EU, keine wirkliche Trendwende erreichen werden.

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