26.04.2024

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Adalbert Bezzenberger

Ein Leben zwischen Sprachwissenschaft und Archäologie

Über die internationale Tagung zum 100. Todestag des Wahlkönigsbergers

Heide Eilbracht und Christiane Schiller
13.01.2023

Zu den herausragenden historischen Persönlichkeiten in Ostpreußen gehört ohne Zweifel Professor Adalbert Bezzenberger – Sprachwissenschaftler, Archäologe, Universitätsgelehrter und Rektor der Albertina. 1851 in Hessen geboren, kam er mit knapp 30 Jahren im Frühjahr 1880 nach Königsberg. Die Stadt wurde seine neue Heimat. Bezzenberger blieb ihr bis zu seinem Tod am 31. Oktober 1922 verbunden. Zur 100. Wiederkehr des Todestages hat die Preußische Allgemeine Zeitung bereits einen Artikel veröffentlicht, in dem die Königsberger Stationen und die Lebensleistungen Bezzenbergers ausführlich dargestellt werden (PAZ Nr. 43 vom 28. Oktober 2022: Adalbert Bezzenberg. Der Begründer der baltischen Philologie. Von Evgeni Dvoretsky und Nikolaj Tscheburkin).

Auch die akademische Fachwelt hat sich diesem Jubiläum angenommen. Vom 11. bis zum 13. Oktober fand in Berlin eine internationale Tagung zu Ehren Bezzenbergers statt. Unter dem Titel „Inter disciplinas. Der Archäologe und Sprachwissenschaftler Adalbert Bezzenberger (1851-1922)“ kamen mehr als 50 Teilnehmer aus der Bundesrepublik Deutschland, den Republiken Litauen, Polen, Lettland und anderen Ländern zusammen, um in Vorträgen und Diskussionen dem Lebensweg und den beiden großen wissenschaftlichen Leidenschaften des Jubilars nachzugehen. Bewusst griff die Gestaltung der Tagung dieses sehr besondere Vermächtnis Bezzenbergers auf, das schon den Zeitgenossen eine eindrucksvolle Würdigung wert war: „Nicht häufig ist es, daß an dem Grabhügel, der die irdischen Reste eines bedeutenden Gelehrten schirmt, zwei wissenschaftliche Disziplinen, die wohl in den letzten Endzielen einig, doch in ihrer Arbeitsweise weit auseinandergehen, sich in gemeinsamer stolzer Trauer vereinigen (...). Es war das erste Mal und wird, soweit wir vorausblicken können, wohl das letzte Mal gewesen sein, daß ein Sprachwissenschaftler, der eine führende Stellung in seinem Fache einnahm, auch in der Vorgeschichte sich einen so klangvollen Namen erwarb, daß diese ihn uneingeschränkt als einen der Ihrigen anerkannte und sein Dahinscheiden als einen herben Verlust beklagt.“ So schreiben es Trautmann und Ebert in der „Zeitschrift für vergleichende Sprachforschung auf dem Gebiet der Indogermanischen Sprachen“ aus dem Jahr 1923.

Baltistik als Wissenschaft

Bevor Bezzenberger auf die Professur für Sanskrit an der Albertina in Königsberg berufen wurde, hatte er sich bereits durch seine Studien zum Altpreußischen, Litauischen und Lettischen einen Namen gemacht. Diese Studien zu den baltischen Sprachen und insbesondere die von politischer Seite gewünschte Kenntnis des Litauischen gaben schließlich den Ausschlag für die Berufung des damals 29-Jährigen. Von Königsberg aus setzte er seine Sprachstudien fort. Er bereiste den nördlichen Landstrich Ostpreußens, wo das preußische Litauisch noch lebendig war, verbrachte den Sommer 1883 in damals zu Russland gehörenden lettischsprachigen Gouvernements Livland und Kurland, um sich schließlich intensiv mit dem Nehrungskurischen, einer auf der Kurischen Nehrung gesprochenen dem Lettischen eng verwandten Sprache zu beschäftigen. Die Ergebnisse dieser Forschungsreisen hat er in seinen Schriften „Litauische Forschungen“ (1882), „Lettische Dialektstudien“ (1885) sowie „Über die Sprache der preußischen Letten“ (1888) festgehalten. Bezzenberger, der als Begründer der Baltistik als wissenschaftlicher Disziplin gilt, hat damit grundlegende Werke für sein Fach geschaffen, aus denen auch heute noch häufig zitiert wird. Auf der Tagung setzten sich neun Sprachwissenschaftler, darunter sowohl Baltistinnen als auch auf dem Gebiet der Baltistik arbeitende Indogermanisten, in ihren Vorträgen mit diesem, thematisch breit gefächerten wissenschaftlichen Erbe Bezzenbergers auseinander.

Von archäologischer Seite wurden in ebenfalls neun Vorträgen die vielfältigen, bis heute bedeutsamen fachlichen Leistungen Bezzenbergers dargestellt. Ende des 19. Jahrhunderts war die Prähistorie noch eine sehr junge Disziplin und Bezzenberger an vielen Stellen ein Pionier für das Fach. So vertrat er die damals schon moderne Ansicht, dass die Durchführung von Ausgrabungen, die „Arbeit mit dem Spaten“, angesichts drohender Zerstörungen der reichen vorgeschichtlichen Fundplätze überaus wichtig sei: Eine Vernachlässigung einer Bodenuntersuchung ist nie wieder gut zu machen, lautete die Maxime Bezzenbergers. Entsprechend umfangreich ist die Liste der archäologischen Fundplätze, die er seit 1887 in ganz Ostpreußen durchführte. Auch in methodischer Hinsicht betrat Bezzenberger wenig bekanntes Neuland, indem er die große Bedeutung chemischer Untersuchungen für die Erforschung archäologischer Funde aus Metall erkannte und förderte. Seine 1904 erschienene Publikation zu den „Analysen vorgeschichtlicher Bronzen Ostpreussens“ ist ein bis heute relevantes Zeugnis dieser Aktivitäten. Und trotz aller Leidenschaft für die archäologische Forschung entzog er sich auch den damit verbundenen Pflichten nicht. 1891 übernahm er von seinem unerwartet verstorbenen Vorgänger Georg Bujack das Amt des Vorsitzenden der Altertumsgesellschaft Prussia und damit der Leitung des Prussia-Museums. Beide Aufgaben hat er über ein Vierteljahrhundert sehr erfolgreich ausgefüllt, bis 1916, wenige Jahre vor seinem Tod.

Altertumsgesellschaft Prussia

Die Tagung wurde von der „Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz“ in den Räumen der Landesvertretung Rheinland-Pfalz in Berlin durchgeführt. Als eine der großen deutschen Wissenschaftseinrichtungen befasst sich die Mainzer Akademie in ihren Projekten unter anderem mit der Archäologie in Ostpreußen beziehungsweise mit der Namens- und Sprachforschung. In Kooperation mit der heutigen PRUSSIA, Gesellschaft für Geschichte, Archäologie und Landeskunde Ost- und Westpreußens e.V. bot die Veranstaltung der Mainzer Akademie damit den geeigneten Rahmen für die gemeinsame Würdigung des Sprachwissenschaftlers und Archäologen Adalbert Bezzenberger. Die hohe Wertschätzung, die der Ostpreuße Bezzenberger bis heute in der Region genießt, wurde durch die feierliche Eröffnung der Tagung in den Räumen der Litauischen Botschaft und die Grußworte des Botschafters unterstrichen.

• Dr. Heidemarie Eilbracht und PD Dr. Christiane Schiller waren die Initiatorinnen und Organisatorinnen der Tagung. Schiller ist Gastdozentin für Litauische Sprache an der Humboldt-Universität zu Berlin, Eilbracht ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Museum für Vor- und Frühgeschichte.


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Kommentare

Kersti Wolnow am 13.01.23, 11:08 Uhr

Warum wird von politischer und medialer Seite auf die Erhaltung von Sprachen und Dialekten so wenig Wert gelegt und so viel mehr auf ihre Zerstörung?
Englisch ab 1. Klasse ist insofern Wahnsinn, weil die Kinder ihre eigene Sprache noch nicht beherrschen, sofern sie zu Hause überhaupt noch Deutsch sprechen, denn die Völkervermischung dient auch dem Niedergang der verschiedenen Sprachen zugunsten der vereinfachten Einheitssprache Englisch. Aber das ist nur ein Beispiel der verquasten Schulpolitik der bRD heute, die dringlichst aus den Händen der rotgrünen Kulturzerstörer genommen werden muß.

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