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Vom engagierten Forscher zum kämpfenden SS-Sturmbannführer, um dann als Archäologie-Professor zu lehren
Herbert Jankuhn gilt als einer der bedeutendsten Ausgräber Deutschlands und ebenso als Vater der Siedlungsarchäologie. Gleichzeitig ist seine Rolle während der Zeit des Dritten Reiches bis heute umstritten.
Jankuhn wurde am 8. August 1905 im ostpreußischen Angerburg geboren und hatte Vorfahren aus Litauen. Sein Familienname stellt eine Ableitung vom litauischen „Jankunas“ dar, was sich mit „Sohn des Johannes“ übersetzen lässt. Nach dem Besuch der Königlich Litthauischen Provinzialschule in Tilsit studierte er in Königsberg, Jena und Berlin Geschichte, Vorgeschichte und Germanistik. Dem Studium folgte 1931 die Promotion zum Thema „Gürtelgarnituren der älteren römischen Kaiserzeit im Samland“. Im gleichen Jahr trat Jankuhn der Gesellschaft für Deutsche Vorgeschichte bei und übernahm im Auftrag des Kieler Museums für vaterländische Altertümer die Leitung der Ausgrabungen im schleswig-holsteinischen Wikingerdorf Haithabu, welche für immer mit seiner Person verbunden sein werden.
Vorliebe für Wikingerdorf
Haithabu war eine bedeutende Siedlung der Wikinger und ein wichtiger mittelalterlicher Handelsplatz am Ende der Schlei unweit der heutigen Stadt Schleswig. Die Ortschaft existierte von etwa 770 bis 1066 und wurde 1897 von dem dänischen Archäologen Sophus Müller wiederentdeckt. 1900 begannen dann alljährliche Ausgrabungen, deren Ziel darin bestand, die Bedeutung von Haithabu für die nordische Geschichte zu klären. Aus diesem Grunde begeisterte sich auch der germanophile Reichsführer SS Heinrich Himmler für die Erforschung von Haithabu, welche im Laufe der Jahre zu einem Großprojekt der SS-Forschungsgemeinschaft Deutsches Ahnenerbe mutierte. Die selbige investierte zuletzt über die Hälfte ihres Ausgrabungsetats in Jankuhns Arbeit.
Von der SS zum Professor
Der Archäologe war 1933 der SA beigetreten und wechselte dann 1937 zur SS. Zwischenzeitlich konnte er sich an der Universität Kiel habilitieren. Damit stand einer weiteren Karriere im Ahnenerbe nichts mehr im Wege: Zunächst avancierte der gebürtige Ostpreuße 1938 zum SS-Untersturmführer sowie zum stellvertretenden Leiter der Lehr- und Forschungsstätte „Ausgrabungen im Ahnenerbe“. Anschließend folgten 1940 die Ernennung zum Chef dieser Ahnenerbe-Abteilung sowie die Übertragung einer Professur an der Hochschule in Kiel.
Nach seiner raschen Beförderung zum SS-Sturmbannführer forschte Jankuhn in Frankreich und Norwegen. Dort leitete er ab Sommer 1941 ein nach ihm benanntes Sonderkommando, welches die in sowjetischen Museen befindlichen Zeugnisse der „germanischen Kolonisation des Südostraumes“ untersuchte und zum Teil in völkerrechtswidriger Weise nach Deutschland brachte.
1942 meldete sich Jankuhn – mittlerweile Professor in Rostock – freiwillig zum Dienst bei der 5. SS-Panzerdivision „Wiking“. Nach deren Ausbruch aus dem Kessel von Tscherkassy avancierte der Wissenschaftler zum Dritten Generalstabsoffizier des IV. SS-Panzerkorps.
Geläutert forschen und graben
Im Mai 1945 kam Jankuhn, der zuletzt als Obersturmbannführer im Persönlichen Stab des Reichsführers SS fungierte, in „Automatischen Arrest“, aus dem er 1948 entlassen wurde. Danach betrieb er seine Entnazifizierung, wobei ihm besonders Gustav Schwantes behilflich war. Der Begründer der Kieler Schule der prähistorischen Archäologie hatte Jankuhn
1931 die Grabungen in Haithabu übertragen und beteuerte, dass dieser „nur in ein loses Verhältnis zur SS trat, der er nie angehörte“. Daraufhin konnte Jankuhn seine Karriere fortsetzen. 1949 beauftragte ihn die schleswig-holsteinische Landesregierung mit der Wiederaufnahme der Arbeiten in Haithabu. 1952 folgte eine Gastprofessur an der Universität Kiel. Vier Jahre später erhielt der Siedlungsarchäologe den Posten des Direktors des Ur- und Frühgeschichtlichen Seminars an der Universität Göttingen. Dieselbe Hochschule berief Jankuhn dann 1959 zum ordentlichen Professor. Den damit verliehenen Lehrstuhl hatte Jankuhn bis zu seiner Emeritierung im Jahre 1973 inne. Parallel fungierte er ab 1961 als Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Göttingen.
Internationale Anerkennung
1968 wurde Jankuhn in Anerkennung seiner Leistungen auf dem Gebiet der Altertumskunde das Große Verdienstkreuz des Niedersächsischen Verdienstordens verliehen. Dazu kamen der Vorsitz in der Archäologischen Kommission für Niedersachsen ab 1970 und die Ernennung zum Ehrenmitglied der Union international d'archéologie Slave im Jahre 1980. Zum letzteren Zeitpunkt war Jankuhns Rolle in der Zeit des Nationalsozialismus bereits allgemein bekannt. Der Grund hierfür lag im Erscheinen des Buches „Das ‚Ahnenerbe' der SS 1935–1945. Ein Beitrag zur Kulturpolitik des Dritten Reiches“, in dem der deutsch-kanadische Historiker Michael Kater das Wirken des Ausgräbers ausführlich thematisiert hatte.
Herbert Jankuhn starb am 30. April 1990 in Göttingen. Sein wissenschaftlicher Nachlass umfasst unter anderem eine Monographie über das Wikingerdorf Haithabu, welche zwischen 1937 und 1956 in drei Auflagen erschien, sowie das 1977 publizierte Lehrbuch „Einführung in die Siedlungsarchäologie“. Darüber hinaus schrieb Jankuhn über die Wehranlagen der Wikinger im Raum zwischen der Schlei und der Treene.