Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
Von 1709 bis 1711 wütete in Preußen die Große Pest. Sie raffte weite Teil der Bevölkerung dahin und zerstörte deren Lebensgrundlagen. Der Umgang von Bürgern und Behörden mit der Epidemie zeigt interessante Parallelen zur Gegenwart
Geschichtliche Kenntnisse und Vergleiche setzen uns in die Lage, eine gewisse Gelassenheit zu gewinnen, wenn vermeintlich unbekannte Ereignisse sich aufdrängen. Was uns heute erschreckt, haben Generationen vor uns oft in furchtbarerem Ausmaß erlebt. Wo wir glauben, vor neuen Herausforderungen zu stehen, haben unsere Vorfahren schon Lösungen gefunden.
Als Einschnitt in der Geschichte Ostpreußens gilt die Pest von 1709 bis 1711, die im Osten des Landes ganze Dörfer entvölkerte und nicht nur die letzten Jahre der Regierung König Friedrichs I., sondern noch lange seinen Sohn Friedrich Wilhelm I. vor die bedeutende Aufgabe der Neubesiedlung stellte. Dreihundert Jahre ist das her. Im Frühjahr 2020, als noch viele Unsicherheiten aufgrund des Auftretens von Corona herrschten, hat Bettina Müller den Lesern der PAZ diese Ereignisse in Erinnerung gerufen (PAZ vom 9.4.2000). Sicherlich lässt sich die winzige Sterberate unter den Corona-Infizierten nicht mit der ganze Familien auslöschenden Pest vergleichen, auch hat die Menschheit seither grandiose Fortschritte der Medizin zu verzeichnen. Und doch liegen nun einige Monate unser Leben stark einschränkender Corona-Maßnahmen hinter uns, und es lohnt zu schauen, ob wir oder unsere Regierungen wirklich so anders handeln als unsere Vorfahren. Im Rahmen einer noch unveröffentlichten Arbeit zum Kirchspiel Nordenburg im Kreis Gerdauen wurden Akten und Kirchenbücher zu dieser Zeit eingesehen; die folgenden Auszüge zeigen Parallelen und Unterschiede zum Heute.
Die Pest rund um Nordenburg
Im Sommer 1709 wurde in Berlin-Cölln bekannt, dass sich in Polen die „Contagion“ – wie man damals sagte – ausbreitete. In gutem Gottvertrauen ließ Friedrich I. Kirchengebete zur Abwendung der Gefahr anordnen. Allein dies half wenig. Die Pest zog von Süden und Osten in Ostpreußen ein. In der Mitte der Provinz lag das dem sächsischen Adelsgeschlecht von Schlieben 1469 vom Deutschen Orden verliehene Erbamt Gerdauen-Nordenburg. Seine westliche Hälfte war seit der Ordenszeit kultiviert worden, die östliche aber, die sich bis weit in den Kreis Darkehmen hineinzog, war die teils sogar erst um 1700 besiedelte Wildnis. Bereits im September 1709 trat die erste Welle der Pest in einzelnen Dörfern östlich des Städtchens Nordenburg auf. Aus dem Kirchenbuch erfahren wir, dass die wenigen Pesttoten des Kirchspiels „in der Still“ begraben wurden. Allein bis zum Dezember ebbte die Gefahr hier ab.
Die Schlieben scheinen jedoch mit Vorsicht gehandelt zu haben und hinderten als Lehnspatrone die Nordenburger an der Ausübung ihrer Geschäfte. Bürgermeister und Rat beschwerten sich. Da die Pest hier aufgehört hatte, verursachte die Blockade der Stadt weit größere neue Schäden und Not, denn die Ackerbürger mussten Handel treiben, allein schon „zu benöhtigter Anschaffung der Sommersaat“. So erging aus Königsberg am 22. Februar 1710 der Befehl an die Schlieben, den Verkehr nicht weiter zu behindern. Gesunden Leuten musste erlaubt werden, „ihr Gewerb[e] mit anderen gesunden Ohrten ohnbehindert“ zu treiben. Und noch mehr – die Schlieben wurden aufgefordert, ihre Bevölkerung „bey ihren betrofenen Brodmangel“ zu unterstützen.
Staatliche Verordnungen
Kaum hatte die Regierung entschieden, die täglichen „Pestbethstunden“ einzustellen, trat die Pest im April 1710 erneut auf. Instruktionen waren notwendig, die für das nördlich an das Amt Nordenburg angrenzende Amt Jurgaitschen erhalten sind. Diese bestimmten zwar eine Umzäunung all jener Dörfer, in denen sich die „Contagion“ zeigte, doch die Reisefreiheit wurde kaum eingeschränkt. Wer nach Königsberg oder Insterburg zum Ein- und Verkauf musste, sollte „ohne Entgeldt“ vom Dorfschulzen oder Diakon die notwendigen Pässe erhalten. Wegen zahlreicher Vergehen waren diese seit dem Sommer von dem Amtshauptmann – sozusagen dem Kreisrat – zu kontrollieren.
Außerdem sollten vorsorglich Pesthäuser mit „Schwitzbäncken“ eingerichtet werden; hierhin wurden die Kranken gebracht und vom Pestchirurgen, der in jedem Bezirk eingestellt wurde, betreut. Die Oberaufsicht unterstellte das Amt einem Pestquartiermeister, der auch darauf achten sollte, dass die Menschen „täglich ihre Häußer woll außräuchern mit Kaddig oder Pulwer“.
Weitere Paragraphen verdeutlichen, wie auch damals das Leben eingeschränkt wurde, so wurde etwa „das Carthen und Dobbel[kopf-]Spiel bey hoher Straf[e]“ verboten. Aber zugleich war man um den Zusammenhalt der Gemeinden bemüht, etwa durch einen gewissen „Kündigungsschutz“, indem niemand „seyn kranck gewordenes Gesindt“ verstoßen durfte, sondern dieses in die Pesthäuser gebracht und mit Arzneien und Lebensmitteln verpflegt werden musste.
Auch war das Eigentum von Verstorbenen zu schützen, indem die Totengräber bei Strafe „sich unterstehen [sollten], [weder] die Krancken und Todten noch ihre Häußer zu berauben“. Die Pestquartiermeister mussten alles inventarisieren, die ausgestorbenen Häuser verriegeln und vor allem das Vieh in andere Obhut geben.
Laut einer Auskunft der Schlieben trat die zweite Pestwelle in ihren Dörfern von Mai 1710 bis Januar 1711 auf. In welchen, ist meist unbekannt, da die Kirchenbücher ungenau sind. Im Juli 1710 finden sich aber zwei Taufeinträge aus Wesselowken, die auf die Pest verweisen: Die Kinder waren „zur Pestzeit im Feld getauft“ worden. Man fuhr also nicht zur Kirche. Der Grund für diese Feldtaufe wird in den Vorsichtsmaßnahmen gelegen haben, wie wir sie aus der Jurgaitschener Instruktion erfahren, nämlich dass Deutsche wie Litauer der „von der Contagion angegriffen[en]“ Dörfer „sich des ordentlichen Kirchengehens enthalten sollen“, „bey allen Hochzeiten und Kindtaufen und Begräbnüßen keine Frembde[n] und auch nur gantz wenige [Gäste] gebethen“ und „durchauß keine Musiquen, viel Eßen oder Gesäufe [ge]halten“ werden sollten. Den entsprechenden Dörfern bot der Pfarrer jedoch Feldgottesdienste an, was an die Weihnachtsgottesdienste 2020 erinnert, die einzelne Kirchen ihren Gläubigen auch im Freien anboten. Der Unterschied aber ist deutlich: Damals galten Einschränkungen nur für wirklich von der Krankheit betroffene Gemeinden, heuer fiel selbst die letzte brandenburgische Dorfkirche unter unzählige Verordnungen.
Anstieg der Hochzeiten
Obgleich „denen Verpesteten“ und auch denen, die mit Pestkranken zusammenlebten, „in gewißer Zeit zu heirathen verbothen“ wurde, zeigen nicht nur die Kirchenbücher Nordenburgs, dass man sich nicht daran hielt, vielmehr kam es in den Pestjahren zu einem Anstieg der Ehen. Manch ein Mann, manch eine Frau heiratete gleich nach dem Tod eines Ehepartners – ohne lange Trauerzeit – erneut. Die Zahlen für das südlich an Nordenburg grenzende, weit stärker betroffene Amt Angerburg melden dies auch: Vor der Pest, 1708, gab es: 84 Gestorbene, 55 Trauungen, 201 Geborene; während der Pestjahre 1709: 291, 39, 170; 1710: 3229, 97, 63; 1711: 17, 88, 73; und danach, 1712, stiegen vor allem die Geburten: 42 Tote, 40 Ehen und 206 Kinder.
Erwähnenswert ist, dass auch damals Gerüchte verunsicherten. Den König erreichte im Sommer 1710 die Nachricht, dass „viele todte Cörper von inficirten Leuthen unbegraben lägen und einen solchen Stanck veruhrsachten, daß auch eine Infection der Luft“ befürchtet wurde. Aus Königsberg erging der Befehl, dies genau zu untersuchen. So konnten Zweifel beseitigt werden. Es zeigte sich, dass selbst im Amt Jurgaitschen mit seiner hohen Totenzahl von bis zu 150 Personen in einer Woche, „keine einzige Leiche über 24 Stunden über der Erde gelegen“ hatte. Und wie in jeder Notzeit gab es auch die, die daran verdienten, so erhielten die vereidigten „Begräber“ 20 bis 24 Groschen für jede Leiche.
Der Höhepunkt der Pest scheint rund um Nordenburg im Dezember 1710 gewesen zu sein, allein am 18. Dezember wurden 14 Personen beigesetzt. Doch wer starb wirklich an der Pest? Die Zahlen sind unsicher, denn wie heute bei Corona wurde nicht unterschieden zwischen „gestorben an“ oder „gestorben mit“. Wer starb aufgrund der üblichen, vor allem durch die Pocken verursachten Kindersterblichkeit oder an normaler Altersschwäche?
Zu untersuchen wäre ebenfalls, ob jene älter besiedelten, also stärker kultivierten westlichen Gegenden des Erbamtes ähnlich Ostpreußen insgesamt glimpflicher davongekommen waren als jene noch im Aufbau befindlichen östlichen Orte der Schlieben, in denen die Todeszahlen deutlich höher waren. Auch damals spielte der Stand des „Gesundheitssystems“ eine Rolle. In Nordenburg gab es zum Beispiel schon lange ein Hospital für die Alten – Ähnliches fehlte weiter im Osten. Auch waren die Verluste der höheren Stände weit niedriger. Die Schlieben überlebten mit ihrem Koch Martin Strauch und ihrem Kutscher Hans Willud ebenso wie Pfarrer Johann Korsius, Bürgermeister Bernhard Behrents und viele Nordenburger Bürgerfamilien, die sich vor und nach 1710 nachweisen lassen. Die in einer Akte überlieferte Todeszahl von 426 Pesttoten für Nordenburg scheint übertrieben. Lag die jährliche Durchschnittszahl der Verstorbenen in den zurückliegenden Jahren bei 45, so verzeichnen die Kirchenbücher 1709 74 Tote, 1710 nur 35 und 1711 49 Beisetzungen. Doch die Aufzeichnungen des Pfarrers enthalten Lücken, und so können nur genauere Forschungen unter Hinzuziehung der verschiedensten Quellen und Meinungen zur Klärung beitragen.
Mit einem Dankfest endet die Pest
Schließlich war die schwere Zeit vorbei. Der preußische Staat fand eine würdige Form, um die Notzeit zu beenden und zum Wiederaufbau sowie zu einem normalen Leben ohne Einschränkungen zurückzukehren: Im März 1711 erging vom König die Weisung, gemeinsam in allen Gemeinden ein Dankfest zu begehen. Es wurde auf den zweiten Pfingstfeiertag, den 25. Mai, gelegt. An jenem Tag endete mit der Lobpreisung Gottes und dem Amen die lange Pestzeit im Osten Preußens. Alle zuvor erlassenen Verordnungen wurden aufgehoben.
Warten wir ab, wann die Landesfürsten von heute, die Bundesregierung und die Europäische Union die „Corona-Pandemie“ für beendet erklären werden und uns unsere Freiheiten und Rechte zurückgeben. Warten wir ab, ob es unseren Regierungen gelingt, einen würdigen Akt des Gedenkens und des Dankes zu finden.
Der Text basiert auf Arbeiten des Autors am dritten Band seiner sozialgeschichtlichen Untersuchung des ostpreußischen Gutes Truntlack (die Bände 1 und 2 erschienen 2014 im Husum Verlag). Anhand vielfältigen Archivmaterials von 1694 bis 1874 werden
darin auch das Leben und die Familiengeschichten der Untertanen von der Taufe bis zur Beisetzung erzählt.
Ulrich Malchartzeck am 07.01.21, 12:52 Uhr
Nun ist eine Grippe aber keine Pest !
Und so rafft diesmal nicht die
Krankheit das Volk dahin, sondern die
Maßnahmen ohne jeden Sinn und Verstand !
!! zum Wohl der Weltregierung !!
!! für Weltkommunismus !!
und das nur, weil der Wert bedruckter Lumpen zu Ende geht und eine Hand voll Verbrecher ihre Macht nicht abgeben sondern auf die Menschheit ausweiten wollen!
!!! Das ist die NEUE PESTILENZ !!!