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Vor 300 Jahren kam Giacomo Casanova zur Welt – Der preußische König machte ihm ein Job-Angebot
Welcher Mann träumt nicht davon, ein Casanova zu sein? Dabei hatte der Casanova, dessen Name zum Synonym für den Typus des Herzensbrechers wurde, ein bewegtes und nicht immer traumhaftes Leben. Die meiste Zeit hetzte er durch halb Europa, verfolgt nicht nur von rachsüchtigen Frauen und gehörnten Ehemännern, sondern auch von Gläubigern, der Inquisition und als enttarnter Spion.
Der am 2. April 1725 in Venedig geborene Giacomo Casanova lässt sich nicht auf die Rolle des sinnesfrohen Verführers reduzieren, der seiner Wollust solch freien Lauf ließ, dass seine Gene in unzähligen Nachkommen fortdauern – alles Resultate einer Sexsucht mit gewissen Nebenwirkungen, zu denen sich der unverheiratet gebliebene und offiziell kinderlose Casanova niemals bekannt hat.
Tatsächlich reüssierte dieser Liebesabenteurer nicht nur in Europas Schlafzimmern, sondern auch in vielen anderen Bereichen. Er trug die Soutane, war Freimaurer, Spitzel, Gefangener, Glücksspieler, Duellant, Hochstapler, selbst ernannter Adeliger – er schuf für sich den Titel Chevalier de Seingalt –, Bibliothekar, Librettist – er war an Mozarts „Don Giovanni“ beteiligt –, Übersetzer von Homers „Ilias“ und schließlich auch Schriftsteller. Auf Schloss Dux in Böhmen, wo er beim Grafen von Waldstein die letzten elf Jahre seines Lebens verbrachte, schuf er seine monumentale, 4500 Seiten starke „Geschichte meines Lebens“.
Ruhm erntete er mit seiner im vierten Band seiner Autobiographie überaus spannend geschilderten Flucht aus den Bleikammern des Dogenpalastes von Venedig. In einer Dachzelle hielt man ihn wegen Blasphemie gefangen, dennoch gelang ihm die nahezu aussichtslose Flucht, indem er ein Loch durch das Bleidach schnitt. Auf der weiteren Flucht durch Europa traf er jeden, der in den Fürstenhäusern ein- und ausging: Voltaire, Rousseau, Ludwig XV., Zarin Katharina II. und – 1764 in Sanssouci – König Friedrich den Großen. Sein Landsmann Giovanni Calzabigi hatte in Preußen das Lotto eingeführt, mit dem das nach dem Siebenjährigen Krieg bitterarme Land Geld eintreiben wollte, und er bat Casanova um einen Gefallen beim König. Seine Reise nach Potsdam hat Casanova in keiner guten Erinnerung: „Die erbärmlichen Wege auf dem preußischen Sandboden waren schuld, daß ich drei Tage brauchte, um achtzehn deutsche Meilen zurückzulegen. Preußen ist ein Land, wo Gewerbefleiß und Gold Wunder wirken könnten; aber ich bezweifle, daß man jemals ein wohlhabendes Land daraus machen wird.“
Nachdem der Venezianer auf Nachfragen des Königs militärische Geheimnisse der Serenissima ausplauderte, machte Friedrich ihm das Angebot, eine pommersche Kadettenschule zu leiten, was Casanova aber ablehnte. Nach zwei Monaten fuhr er über Königsberg weiter nach Sankt Petersburg zur Zarin. Sein polyglottes Leben endete am 4. Juni 1798 in Dux. Die letzten Worte des 73-Jährigen sollen gewesen sein: „Ich habe wie ein Philosoph gelebt und sterbe als Christ.“