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Wirtschaftshilfen

Ein Spiel mit dem Feuer

Gegen Massenpleiten stellt der Staat Abermilliarden bereit. Das wird nicht nur helfen, sondern auch die „Zombifizierung“ der Wirtschaft verschärfen

Dirk Pelster
27.03.2020

Es könnte ein schlechtes Omen sein, dass die Bundespolitik ihre Schritte zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Folgen der durch das Coronavirus verursachten Pandemie ausgerechnet an einem Freitag den 13. vorstellte. Vor allem aber ist das von Finanzminister Olaf Scholz und Wirtschaftsminister Peter Altmaier zusammengeschnürte Maßnahmenpaket eine ungewollte Selbstoffenbarung, die einerseits erkennen lässt, dass die nun einsetzende Depression nur teilweise auf den weltweit grassierenden Krankheitserreger aus China zurückzuführen ist und die zum anderen den geringen ökonomischen Sachverstand der deutschen und europäischen Fiskalpolitik demonstriert.

Während die aktuell von Staaten und Unternehmen eingeleiteten Aktivitäten zum Gesundheitsschutz ihrer Bürger und Mitarbeiter durchaus nicht unerhebliche Auswirkungen auf Lieferprozesse und Wertschöpfungsketten der Realwirtschaft zeigen, versucht die Bundesregierung, die Risse im System durch die Bereitstellung zusätzlicher Liquidität zu kitten. Sie setzt damit die fatale Politik der Europäischen Zentralbank (EZB) fort, die maßgeblich für die nun sichtbar werdenden Probleme verantwortlich ist, was sich nicht nur in der Verwendung besonders martialisch anmutender Wortbilder zeigt.

EZB für Probleme mitverantwortlich

Brachte einst der zwischenzeitlich ausgeschiedene EZB-Chef Mario Draghi mit dem Absenken des Leitzinses und der expansiven Ausdehnung der Geldmenge noch seine „Bazooka“ – ein nach einer US-Panzerabwehrhandwaffe benannter bildhafter Vergleich – in Stellung, um die Folgen der Eurokrise zu bekämpfen, so sprach Scholz nun davon, auch seine „Waffen auf den Tisch“ zu legen. Neben der sinnvollen Maßnahme einer Ausweitung des Kurzarbeitergeldes für angeschlagene Unternehmen, die der Verhinderung von Massenentlassungen dient, gehören hierzu Steuerstundungen, Bürgschaften und Kredite für Unternehmen.

Ebenso schloss der Minister nicht aus, dass sich der Staat an notleidenden Firmen beteiligen könnte. Das vorgestellte Paket ähnelt dabei denen der zurückliegenden Finanzkrisen. Anders als damals wenden sich die nun in Aussicht gestellten Verheißungen jedoch nicht primär an systemrelevante Banken, sondern an die Realwirtschaft. Dies ist ein erheblicher Unterschied, der zeigt, dass hier auf sehr dünnem Eis operiert wird.

Während die Pleite der New Yorker Lehman-Bank im Jahr 2008 dazu führte, dass sich Finanzinstitute weltweit gegenseitig misstrauten und kaum noch Kredite ausgaben, was erst dann auf andere Wirtschaftszweige durchschlug, beeinträchtigt die aktuelle Pandemie vornehmlich normale Unternehmen. Die von der Bundesregierung nun bereitgestellten Milliarden dürften daher vor allem von solchen Betrieben in Anspruch genommen werden, die über keine eigenen Rücklagen verfügen und die auch keine regulären Bankkredite mehr erhalten. Betroffen ist sicher eine unüberschaubare Zahl von Kleinbetrieben, die ohne eigene Schuld über kaum zusätzliche Mittel verfügen, um einen plötzlichen Einbruch der Einnahmen abzufedern – die aber ansonsten als solide anzusehen sind.

Betriebe ohne eigene Rücklagen

Geholfen wird auf diese Weise aber auch Firmen, die Produkte und Dienstleistungen anbieten, die eigentlich nicht mehr wettbewerbsfähig sind und die unter regulären Marktbedingungen bei „normalen“ Zinssätzen bereits ihr Geschäft hätten einstellen müssen, denn ihnen wäre entweder von vornherein kein Kredit eingeräumt worden oder sie hätten hierfür extrem hohe Zinsen zahlen müssen. Durch die von der EZB verfolgte Politik des billigen Geldes hat sich die Zahl dieser nicht profitablen Wirtschaftsakteure in den letzten Jahren vervielfacht.

Ökonomen gehen mittlerweile davon aus, dass solche „Zombie-Unternehmen“ einen Anteil von 15 Prozent der Gesamtwirtschaft ausmachen. Die Reaktion der Börsen auf die jüngsten Leitzinssenkungen und Geldmengenausweitungen der wichtigsten Notenbanken der Welt hat gezeigt, dass die Finanzmärkte die Wirkungslosigkeit dieser Manöver längst durchschaut haben. Die Kursstürze nach Bekanntgabe ihrer jüngsten Maßnahmen offenbaren, dass auch das Pulver der EZB bereits verschossen ist. Denn normalerweise lösen solche Zinssenkungen ein Kursfeuerwerk an den Börsen aus. Diesmal geschah nichts dergleichen.

„Bazooka“ blieb ohne Wirkung

Ihre Nullzinspolitik hat die Banken in Europa an den Rand ihrer Existenz geführt und damit praktisch handlungsunfähig gemacht. Nun schwingt sich Olaf Scholz auf, die aufkommende Depression mit denselben Mitteln zu bekämpfen, welche die eigentliche Ursache dafür sind, dass die Wirtschaft bereits erheblich geschwächt in die Cororna-Krise hineinmarschiert. Das Coronavirus ist tatsächlich nur ein Auslöser und wird zugleich willkommene Ausrede sein. Am Ende zahlen die Steuerpflichtigen die Folgen dieser verfehlten Fiskalpolitik. Und schließlich wird es die Geldwertstabilität sein, die von der neuen „Bazooka“ niedergestreckt werden dürfte.


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