Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
Das Gelände bei Arys wird seit dem Jahr 1891 genutzt – inzwischen selbst von der Bundeswehr und weiteren NATO-Einheiten
Die ostpreußische Kleinstadt Arys inmitten der Masurischen Seeplatte wurde nach dem Siebenjährigen Krieg durch die Stationierung einer Schwadron Husaren zur Garnisonsstadt. Später lagen im Umfeld von Arys drei Bataillone des Infanterie-Regiments Nr. 45, das Ulanen-Regiment „Graf zu Dohna“, das Ostpreußische Jäger-Bataillon Nr. 1 und das I. Bataillon des Infanterie-Regiments Nr. 146. All diese Truppenteile erhielten 1893 einen großen Übungsplatz südlich von Arys. Der Platz war aufgrund seiner Abgeschiedenheit wenig beliebt. So reimten die Soldaten: „Hier halten die Wölfe treu die Wacht, die Füchse sagen gute Nacht.“
Die Situation besserte sich erst in der Zeit nach 1905, als Arys einen Anschluss an das Eisenbahnnetz bekam, der dann auch den Antransport von schwereren Waffen erlaubte.
Die Aryser stehen zu Ostpreußen
Vom 27. April bis zum 26. Mai 1914 nutzte die 1. Infanterie-Division des preußischen Heeres den Truppenübungsplatz Arys für ihre Manöver und lernte das Terrain dadurch bis ins kleinste Detail kennen. Das führte letztlich zum deutschen Sieg in der Schlacht an den Masurischen Seen gegen die in Ostpreußen eingedrungenen russischen Verbände. Denn am 7. und 8. September 1914 konnte die 1. Infanterie-Division die Russen direkt auf dem Gelände des Übungsplatzes bei Arys zurückschlagen und somit den Durchbruch der 8. Armee unter General der Infanterie Paul von Hindenburg Richtung Osten ermöglichen.
Nach dem Ersten Weltkrieg sollte die Bevölkerung von Arys entsprechend den Bestimmungen des Versailler Diktats über die weitere staatliche Zugehörigkeit zu Ostpreußen oder den Anschluss an Polen abstimmen. Dabei votierten alle 1480 Einwohner für die erstere Option, während es keine einzige Stimme für den Polen-Anschluss gab. Somit verblieb auch der Truppenübungsplatz in der Hand des Deutschen Reiches.
Vorführung des Sturmtiger
Am 1. Januar 1929 sowie am 15. November 1939 und am 10. Juli 1940 übergab die Stadt Arys weitere Gutsbezirke an die Reichswehr beziehungsweise die Wehrmacht, sodass der Übungsplatz um rund 20.000 Hektar vergrößert werden konnte. Bereits zur Zeit der Weimarer Republik entstand hier ein großes Bunkersystem. Außerdem testete das Heer in Arys verschiedene Artilleriegeschosse.
Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges stellte die Wehrmacht in Arys mit seinen über 100 Kasernen rund um den Truppenübungsplatz mehrere große Frontverbände für den Einsatz im Osten auf, darunter die 383. Infanterie-Division unter Generalleutnant Johannes Haarde und auch die 9. Luftwaffen-Feld-Division unter Generalmajor Hans Erdmann.
Ebenso erfolgte in Arys die harte Ausbildung von Waffen-SS-Einheiten, in denen zugleich belgische und niederländische Freiwillige dienten. Parallel dazu war der Truppenübungsplatz ein geeignetes Erprobungsgebiet für neue Waffen. Am 20. Oktober 1943 wohnte Hitler hier der Vorführung des Sturmtiger bei. Dabei handelte es sich um eine gepanzerte Selbstfahrlafette mit Mörser zum Verschießen von 38-Zentimeter-Granaten zwecks „Bekämpfung befestigter Stellungen“. Darüber hinaus sollen in Arys Hallen für den Bau der „Vergeltungswaffen“ V1 und V2 errichtet worden sein. Zu einer Fertigung des Marschflugkörpers beziehungsweise der Rakete kam es jedoch offenbar nicht.
Seit 1945 polnisch verwaltet
Am 23. Januar 1945 fiel der Truppenübungsplatz schließlich in die Hände der Roten Armee. Anschließend richtete die sowjetische Geheimpolizei NKWD, der auch die Hauptverwaltung der Besserungsarbeitslager und -kolonien (Gulag) und sowie Hauptverwaltung für Angelegenheiten von Kriegsgefangenen und Internierten (Gupwi) unterstanden, hier ein Internierungslager ein. Dem folgte im August 1945 die Übernahme durch die polnische Armee.
Wechselhaftes Dasein
Ab dem 1. Januar 1946 firmierte das Gelände als Artillerieübungsplatz Nr. 3. Danach wechselte es mehrmals den Namen, bis es 1970 die noch heute gültige Bezeichnung „Ausbildungszentrum der Landstreitkräfte“ (OSPWL) erhielt. Dabei unterstand der Truppenübungsplatz zunächst dem Warschauer Militärbezirk (WOW) und später dann dem Pommerschen Militärbezirk (POW), bis letztendlich die volle Verantwortlichkeit über das Areal im Jahr 1970 auf das Kommando der polnischen Landstreitkräfte (DWL) komplett überging. Doch wie sich die Zeiten ändern können, wenn man auf das heutige Dasein des Platzes blickt.
Ort für NATO-Manöver
Auf dem weitläufigen, flachen Areal können heute bis zu 1500 Soldaten gleichzeitig trainieren, darunter mit Raketenartillerie, Kampfpanzern und Hubschraubern. Ab Ende 2000 übten unweit der ostpreußischen Stadt Arys nämlich auch Soldaten der Bundeswehr den Kampf unter winterlichen Bedingungen. Darüber hinaus gehörte das OSPWL im Mai des vergangenen Jahres zu den Schauplätzen des großen NATO-Manövers „Anakonda 23“, an dem 12.500 Militärangehörige aus Polen, Tschechien, Rumänien, Slowenien, Estland, Litauen, Lettland, Schweden, den Niederlanden, Großbritannien, Kanada, den USA und der Türkei teilnahmen. Des Weiteren ist Arys seit 2017 das Hauptquartier der NATO Battlegroup Poland unter Führung der Vereinigten Staaten, welche der Abschreckung gegenüber Russland dient.