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Luftverkehrswirtschaft

Einbruch durch zweiten Lockdown

Trotz Corona-Hilfen dürfte sich die Branche erst nachhaltig erholen, wenn wirksame Impfstoffe gegen Covid-19 zur Verfügung stehen

Friedrich List
03.12.2020

Deutschlands Luftfahrtbranche war bis zum Ausbruch der Corona-Pandemie von konstantem Wachstum verwöhnt. Jetzt, im zweiten Lockdown, muss die gesamte Industrie jedoch weitere Einbußen hinnehmen. Dazu hat speziell die Entscheidung von Bund und Ländern beigetragen, das etablierte Testkonzept an den Flughäfen aufzugeben und eine Quarantäneregelung einzuführen.

Nach einem jüngst vorgelegten Lagebild des Bundesverbandes der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) sank das Passagieraufkommen an deutschen Flughäfen in den ersten drei Quartalen dieses Jahres um 71 Prozent. Besonders stark war der Einbruch unmittelbar nach Einführung der Quarantäneregeln. So bestiegen im September 2020 81 Prozent weniger Passagiere ein Flugzeug als im September des Vorjahres. Die Verkehrsleistung der deutschen Fluggesellschaften ging in den ersten drei Quartalen um 73 Prozent zurück. Im Sommer hatten sich die Passagierzahlen kurzfristig erhöht, waren dann aber wieder stark zurückgegangen.

Deprimierender Lagebericht des BDL

Etwas besser steht die Luftfracht da. Während sie weltweit in den ersten drei Quartalen um 13 Prozent zurückging, liegt der Verlust in Deutschland nur bei etwa acht Prozent. Im September lag der Frachtumschlag erstmals etwas über dem Wert des Vorjahres.

Auch die Flughäfen haben zu leiden. „Unsere Befürchtungen bewahrheiten sich. Die negative Entwicklung der Passagierzahlen nimmt dramatische Züge an. Alle Verkehrskennzahlen sind rückläufig“, so Ralph Beisel, Hauptgeschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen (ADV), „das betrifft die Sitzplatzangebote, die Auslastung in den wenigen noch fliegenden Flugzeugen sowie die Luftverkehrsnachfrage und Buchungszahlen insgesamt.“

Zurzeit verlieren Deutschlands Flughäfen jeden Tag zehn Millionen Euro. Die ADV rechnet in diesem und im nächsten Jahr mit etwa drei Milliarden Euro Verlust.

Das System Luftfahrt nimmt so gut wie kein Geld mehr ein. Die Krise betrifft alle in der Branche, also nicht nur die Flughafenbetreiber und die Fluggesellschaften, sondern auch alle, die Geschäfte am Flughafen betreiben oder einen der vielen Dienstleistungsbetriebe sowie die Deutsche Flugsicherung (DFS), die den Luftverkehr über Deutschland koordiniert. Vielen Akteuren laufen die Vorhaltekosten weg. Bislang haben Kredite und öffentliche Stützungsleistungen viele Insolvenzen verhindern können, aber die Zeit drängt.

Anfang November schlug auch der Arbeitgeberverband der Bodenabfertigungsdienstleister im Luftverkehr (ABL) Alarm. Dessen Vorsitzender Thomas Richter machte sich im Vorfeld des Luftfahrtgipfels im November dafür stark, die Unternehmen seines Verbandes stärker zu berücksichtigen. Immerhin hat der Bund bereits große Unternehmen der Luftfahrtbranche mit beachtlichen Summen unterstützt. Auch bei den Bodenverkehrsdienstleistern würden Vorhaltekosten wie der Unterhalt spezieller Ausrüstung, Mieten und Versicherungen anfallen. Die Unternehmen müssten ständig Betriebsmittel bereitstehen haben, um arbeiten zu können, sollte der Flugbetrieb wieder auf sein gewohntes Niveau zurückkehren. „Deshalb ist hierzu eine finanzielle Unterstützung notwendig, wie sie auch für Flughäfen und Airlines vorgesehen ist“, sagte Richter vor Pressevertretern.

Am 6. November hatte Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) einen Luftfahrtgipfel mit Verantwortlichen aus der Branche einberufen. Ziel war die Beratung und Abstimmung von weiteren Fördermaßnahmen für die angeschlagene Luftverkehrswirtschaft. Konkrete Zusagen konnte Scheuer jedoch nicht machen. Dafür versprach er, zumindest einigen Akteuren zu helfen. Zu denen gehört die Deutsche Flugsicherung. Scheuer will so verhindern, dass die Gebühren, welche die DFS erhebt, steigen und so Flugreisen teurer machen.

Hilfspaket von einer Milliarde Euro

Auch den Flughäfen, die rund eine Milliarde Euro Soforthilfe erwartet hatten, sagte er Hilfen zu, machte deren Höhe aber von weiteren Gesprächen mit Finanzminister Olaf Scholz (SPD) abhängig. Insbesondere sollen die kleineren Flughäfen weiter gestützt werden.

Nach dem Gipfel gab es sofort Kritik. Die Arbeitgeber und die Flughäfen zeigten sich zufrieden, aber Arbeitnehmervertreter wie die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit monierten, dass es keine klaren Zusagen für den umfassenden Erhalt von Arbeitsplätzen in der Luftfahrt gegeben habe. Vertreter der Grünen und des ökologischen Verkehrsclubs Deutschland (VCD) sprachen sich gegen Hilfen gerade für die vielerorts nicht rentablen Regionalflughäfen aus.

Mittlerweile haben sich die Minister Scheuer und Scholz auf Finanzhilfen geeinigt. So sollen auf jeden Fall die Flughäfen mit Bundesbeteiligung wie etwa Berlin-Brandenburg unterstützt werden. Bei der DFS soll das Stammkapital um 300 Millionen Euro erhöht werden. Insgesamt soll das Hilfspaket eine Milliarde Euro schwer sein. Es wird zurzeit im Finanzausschuss des Bundestages beraten. In diesem Monat soll das Parlament darüber abstimmen. Allerdings dürfte sich die Luftfahrtbranche erst nachhaltig erholen, wenn wirksame Impfstoffe gegen Covid-19 zur Verfügung stehen.


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Kommentare

Siegfried Hermann am 03.12.20, 12:38 Uhr

.....wenn wirksame Impfstoffe gegen Covid-19 zur Verfügung stehen.......

Herr List,
das ist ein Trugschluss!
Unter normalen politischen Bedienungen, mit normalen Verantwortlichen, mögen Sie recht haben.
Aber:
Die Spottdrossel Dorsten hat ja die Tage vom nächsten Virus fabuliert, der "außer Kontrolle" gerät. Die PAZ hat MERS sogar einen Artikel gewidmet!
Irgendein merkelgläubiger Hinterbänkler, Namen vergessen, hat schon lauthals geschrien: Covid bis zum "Endsiech"!
Und Laschets Abkömmlinge kassieren "ehrenamtlich" mit "Ehrenwort". (link Barschel)
Ja, nee is kla!?!?
Nein! Nein! Herr List.
Dieser Wahn wird bis zum Endsiech fortgesetzt, komme was da wolle.
Die Lufthansa hingegen wird weiter alimentiert, weil eben diese (Zitat Weidel) Idioten und Psychopathen nebst Brut auf First Class Fly nicht verzichten wollen, komme was soll, kosten was es will.
Für die Aktionäre heißt das hold, durchhalten und shorten was das Zeug hält. Wenn diese Merkel Kaspertruppe über die Wupper geht, dann wird nach Revision richtig Zaster gemacht. Im diesen Sinne gilt das auch für Airbus.
Ich freu mich schon! ;-)

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